Studienarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Politik - Region: Russland, Note: 1,7, Humboldt-Universität zu Berlin, Veranstaltung: Das politische System Russlands, Sprache: Deutsch, Abstract: In dem Konflikt der Russländischen Föderation (RF) mit der Autonomen Republik Tschetschenien treffen verschiedene Akteure und Faktoren aufeinander. Einen wichtigen Aspekt bilden dabei die russischen Interessen in der Konfliktregion des Kaukasus‘, die mit dem Bestreben der Tschetschenen nach Unabhängigkeit konfligieren. Auf die Wahrung wirtschaftlicher und geopolitischer Interessen pochend, betrachtet die russische Führung Tschetschenien als integralen Bestandteil der RF und besteht darum auf der Wiederherstellung des Status quo ante. Diese Faktoren erklären aber nicht die Tatsache, dass es „erst“ am 11. Dezember 1994 zu einem offenen Krieg kam, drei Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung Tschetscheniens. In diesem Zeitraum, vom Ende der Sowjetunion 1991 bis zum Jahr 1994, hat sich ein entscheidender Wechsel der politischen Machtverhältnisse in der RF vollzogen, der sich, in Bezug auf die tschetschenische Situation als folgenschwer erwies. Diesen Prozess möchte ich in meiner Hausarbeit in den Vordergrund stellen, und dagegen auf eine historische oder ethnische Begründung des Konfliktes verzichten. Historische und ethnische Hintergründe des Konfliktes sind für das Verhältnis von RF und Tschetschenien bedeutsam, aber ich möchte zeigen, dass sich letztendlich die politischen Akteure in Moskau aus verschiedenen Machtinteressen gegen eine politische Lösung des Konfliktes stellten. Dabei möchte ich zunächst kurz auf die Ereignisse in der Sowjetunion bis zum Augustputsch 1991 verweisen und die Situation in Tschetschenien in den Jahren 1990-94 wiedergeben, ehe ich auf die russischen Interessen und die innenpolitischen Hintergründe des Tschetschenienkrieges eingehe. Das Verlangen nach Souveränität konnte, nach den politischen Veränderungen in den Jahren 1988-90, im Staatenverbund der ehemaligen UdSSR nicht mehr unterdrückt werden. Im Laufe des Jahres 1990 erklärten die Unionsrepubliken der UdSSR ihre Souveränität, deren Beispiel die RSFSR am 11. Juni 1990 folgte. Diese Bestrebungen verliefen allerdings nicht nur auf Ebene der Unionsrepubliken. Die Desintegration erfasste auch die einzelnen Gebietskörperschaften der RSFSR. Nach dem Vorbild der Unionsrepubliken entstanden emanzipatorische Bewegungen, die sich zu organisierten Volksfronten entwickelten und zur Gründung von nationalen Volksvertretungen und Volksparlamenten führte.