anspruchsvolle Religionskritik
Gehofft hatte ich auf ein Buch, das gegen Argumente der AFD hilft. Gewundert habe ich mich, dass dieses Buch bereits 1996 erschienen ist. Klar wurde mir, dass dieses Buch mit Fundamentalisten religiöse Fundamentalisten meint, wobei ich gegen Ende Religion an sich in
Zweifel gezogen wird.
Das Buch beginnt mit einer Aufzählung verschiedener Argumentationsarten,…mehranspruchsvolle Religionskritik
Gehofft hatte ich auf ein Buch, das gegen Argumente der AFD hilft. Gewundert habe ich mich, dass dieses Buch bereits 1996 erschienen ist. Klar wurde mir, dass dieses Buch mit Fundamentalisten religiöse Fundamentalisten meint, wobei ich gegen Ende Religion an sich in Zweifel gezogen wird.
Das Buch beginnt mit einer Aufzählung verschiedener Argumentationsarten, mühsam und anstrengend. Es fängt einfach an, wenn es heißt, dass ein Verallgemeinerungsprinzip mit einem Ausnahmeargument widerlegt werden kann. Abstrakter ist schon das Gleichheits- oder Gerechtigkeitsprinzip. Dann gibt es das Dilemma oder die Fallunterscheidung („Wer nicht für mich ist, ist gegen mich“ S.29), die Relativierung, das „Wehret den Anfängen“- Prinzip, das mit Hintergrund des Einzelfalls („Derlei ist kein Zufall“ S.36), das Mißbrauchsargument, Analogien und Gleichnisse, verrückte Gegenbeispiele, das Maß halten („es könnte dir noch viel schlechter gehen S.42), historische Argumente, Quellenargumente („weil der Papst es verkündet S.43), Argumente der Zeit (ich würde sagen Tradition), Erfahrung oder Anzahl, Argumente mit Mitleid, du auch Argumente („Wie können die Amerikaner den Nazis die Judenvernichtung vorwerfen, wo sie doch selber die Indianer ausgerottet haben“ S.47) und Argumente „ad nauseam“ und „ad lapidem“.
Auch das nächste Kapitel ist allgemein gehalten. In Fallgruben wird mit roter Hering ein Beispiel gezeigt, dass von der allgemeinen Diskussion ablenkt. Außerdem kann man mit „ignoratio elenchi“ nicht das Gesuchte sondern etwas anderes beweisen. Gegenbeispiele lassen sich auf die Argumentation des Gegners ein, der sie als leuchtende Ausnahme darstellen kann. Auch das kann übertrieben werden, wie Schillers Ode an die Frau.
Dann gibt es Definition von Idealismus und Fanatismus.
Wer das alles überstanden hat, der findet ab S.69 Argumente für Intoleranz. Von nun an (und das geht aus dem Covertext nicht hervor) spielt Religionskritik die herausragende Rolle. Allerdings habe ich immer wieder interessante Bibelstellen gefunden, auch wenn sie in den Anmerkungen nicht immer fehlerfrei angegeben sind. Schleicherts Lieblingsbeispiel ist Calvin, der in Genf den Spanier Servet aufhängen lässt, weil er an der Dreifaltigkeit zweifelt. Wie damit umgegangen wird, ist ein Beispiel schlechter Vergangenheitsbewältigung. (Calvins einziger Fehler…). Aber natürlich schreibt der Autor such Argument für Toleranz, ebenso mit Bibelstellen.
Interne Kritik heißt, dass man sich auf eine Stufe stellt. So wird bei den Hexenprozessen nicht bezweifelt, dass der Teufel wirken kann, sondern man bezweifelt, dass der Teufel einen Leib annehmen kann. Schöner findet der Autor aber die subversive Kritik, was ich als Satire bezeichnen würde. Hier heißt sein Lieblingsautor Voltaire.
Gegen ihn wird das „Limonaden-Syndrom“ angewandt. Coca-Cola enthielt in seiner Anfangszeit tatsächlich süchtig machende Cocastoffe, aber längst wurde die Rezeptur geändert. So ist das auch mit einigen Dogmen der Kirche beispielsweise „außerhalb der Kirche kein Heil“ und Hölle und Verdammnis. König David wird moralisch kritisiert.
Dann zeigt Schleichert am Beispiel der Judenverfolgung wie unpassend heute noch Theologen über die Inquisition schreiben, in dem er nur ein paar Worte ändert, für mich ein Höhepunkt des Buches.
Wenn man den Gegner nicht ernst nehmen muss, darf man über seine Argumente lachen, indem man z.B. zeigt, wie viele Wunder nötig waren, damit das mit der Arche Noah funktioniert.
Inhaltlich ist das Buch wertvoll, am Anfang aber zu allgemein und schwierig, am Ende zu sehr auf Religion fixiert. 3 Sterne.