Alles, was Sie schon immer über Ihr Nachtleben wissen wollten. Ob Flug-, Nackt-, Alb- oder Prüfungstraum, ob erotischer oder prophetischer Traum - Douwe Draaisma kennt sie alle. Und auch die spannenden Geschichten, Analysen und Interpretationen von Traumforschern, Psychologen und Neurologen dazu. Manche Teile unseres Gehirns müssen wachen, während wir schlafen. Sie fangen an, seltsame Geschichten zu spinnen: Eine Prüfung muss wiederholt werden, die man schon vor Jahren bestanden hat. Man trifft Menschen, die nicht mehr leben. Plötzlich steht man nackt zwischen Kollegen, die sich darüber aber überhaupt nicht wundern. Oder man springt von einem steilen Felsen und kann wie ein Adler fliegen.Viele dieser Geschichten lösen sich beim Erwachen in Luft auf und sind schnell vergessen. Oft jedoch werfen sie Fragen auf und beschäftigen einen noch tagelang: Warum muss man im Traum immer durch Examen fallen, die man im wahren Leben längst bestanden hat? Wie kommt es zu der peinlichen Vorstellung, plötzlich irgendwo nackt herumzustehen? Weshalb träumt man, dass man fliegen kann?Douwe Draaisma durchquerte entschlossen alle möglichen Traumlandschaften. Auch ihn beschäftigte die Frage, was Träume bedeuten, ob sie etwas über den Träumenden aussagen, ja ob man sie vielleicht sogar steuern kann. Er durchstöberte ganze Bibliotheken von Schlaf- und Traumforschern, von Psychologen und Neurologen. Und stieß dabei auf immer noch spannendere Themen: Wie träumen eigentlich Blinde? Träumen wir in Farbe oder in Schwarz-Weiß? Wie kommt es, dass man im Traum manchmal genau weiß, dass man träumt?In Wie wir träumen liefert Douwe Draaisma eine äußerst spannend zu lesende, umfassende, anekdoten- und faktenreiche Darstellung aller Aspekte unseres träumerischen Nachtlebens und was man heute darüber weiß.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Ein bisschen enttäuscht ist Rezensent Andreas Mayer schon, dass ein so raffinierter Autor wie Douwe Draaisma, der sich zudem glänzend auf dem Gebiet der Gedächtnisforschung auskennt, der Traumforschung in seinem neuen Buch "Wie wir träumen" so wenig Mühe angedeihen lässt. Zwar ist der Kritiker erfreut, dass überhaupt ein populäres Sachbuch zu dem Thema erscheint; auch Draaismas "ironische Skepsis" hat dem Rezensenten gefallen. Leider muss Mayer aber während der Lektüre feststellen, dass sich der niederländische Autor nicht nur viel zu oberflächlich mit der Freud'schen "Traumdeutung" beschäftigt hat und ihn zudem oft falsch zitiert, sondern auch immer wieder in einen zwar sympathischen, aber wenig tiefgehenden Plauderton verfällt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.11.2015Schlafes Luder
Douwe Draaisma will wissen, was Träume bedeuten
Träume werden seit unvordenklicher Zeit auf ihren verborgenen Sinn hin gedeutet. Das wissenschaftliche Projekt der Erforschung, wie und weshalb wir träumen, ist aber erst jüngeren Datums. Die ersten Ansätze der neurologischen und physiologischen Schlafforschung liegen im neunzehnten Jahrhundert, und von einem eigentlichen Boom dieses Forschungszweiges kann erst in den letzten fünfzig Jahren gesprochen werden. Ungeachtet der Schwierigkeiten, in den Schlaflaboren die Vorgänge des Träumens mit Hilfe verschiedener Strategien zu objektivieren, erfreuen sich die Resultate dieser Studien dennoch großer und anhaltender Popularität.
Denn schiebt man die Diskussion mühseliger erkenntnistheoretischer Kritik beherzt beiseite, dann lassen sich aus den zahlreichen und einander nicht selten widersprechenden wissenschaftlichen Arbeiten beliebig jene Ergebnisse auswählen, mit denen die eine oder andere Theorie vertreten werden kann. Angesichts dieser Lage mag ein populäres Sachbuch, das uns darüber aufklärt, "Wie wir träumen", gerade recht kommen, noch dazu von einem so gewieften Autor wie Douwe Draaisma, der in den letzten Jahren dieses Genre für die Gedächtnisforschung wie kaum ein anderer bedient hat.
In wohltuendem Gegensatz zu vielen Wissenschaftsjournalisten wahrt er eine gewisse ironische Skepsis gegenüber der Traumforschung; auch möchte er seinen Lesern nicht die Traumtheorie seiner Wahl ans Herz legen. Allerdings wirkt sein Buch, das die Forschungsergebnisse zu verschiedenen Traumtypen (vom Nackttraum über den Albtraum bis zum erwartbaren erotischen Traum) zusammenstellt, halbherzig, was vermutlich die lustlose Einstellung des Autors zu seinem Thema widerspiegelt. Nicht nur habe er sich nie besonders für Bücher über Träume interessiert, sondern auch nicht für sein eigenes Traumleben, von dem er uns mit entwaffnender Offenheit berichtet, es sei "so gut wie nicht vorhanden".
Nur einen eigenen Traum teilt der Autor mit: Er handelt von seinen Ängsten, bei einem literarischen Abend in den Schatten einer anderen Autorin zu treten und so vor dem Publikum zu versagen. Derartige Träume hätten allerdings nichts mit sexuellen Wünschen zu tun, sondern mit der Leistungsgesellschaft, die uns vom "Seepferdchen im Kindergarten" bis zu Bewerbungsgesprächen und zur wissenschaftlichen Evaluierung im Griff habe.
Trotz seiner eher ablehnenden Haltung gegenüber der Freudschen Methode, den Traum auf einen latenten Sinn zu deuten, bricht Draaissma dennoch gelegentlich eine Lanze für die Psychoanalyse. So sympathisch man das finden mag, ist es allzu offensichtlich, dass er sich mit Text und Geschichte der "Traumdeutung" nicht beschäftigt hat. Wem bekannt ist, wie entschieden Freud den Ausdruck "Unterbewusstes" zugunsten des "Unbewussten" abgelehnt hat, wird zumindest erstaunt sein, wie oft man Freud hier falsch zitiert findet ("Die Traumdeutung aber ist die ,Via regia' zur Kenntnis des Unterbewussten im Seelenleben."), ebenso wie über den Umstand, dass der französische Philosoph Gaston Bachelard als "eigenwilliger Psychoanalytiker" vorgestellt wird.
Allzu rasch und routiniert ziehen verschiedene Episoden der Traumdeutung und -forschung im manchmal angestrengt wirkenden Plauderton am Leser vorüber. Nur einem anderen Autor hat Draaisma ebenso viel Raum eingeräumt wie Freud, nämlich dessen Zeitgenossen, dem niederländischen Mediziner und Schriftsteller Frederik van Eeden, der den Ausdruck "Klartraum" als Erster verwendet haben soll. Wie viele Mediziner und Psychologen seiner Zeit übte sich van Eeden in der Selbstbeobachtung und notierte seine Träume in einem Tagebuch, dachte aber nicht daran, eine Theorie zu formulieren. Gestützt auf die postum veröffentlichte Traumsammlung seines Landsmannes, sucht Draaissma diesen als bisher verkannten, nobelpreisverdächtigen Pionier aufzubauen. Sollte sich hier ein nationales Motiv eingeschlichen haben? Freud nannte das den "Narzissmus der kleinen Differenzen".
ANDREAS MAYER.
Douwe Draaisma: "Wie wir träumen".
Aus dem Niederländischen von Verena Kiefer. Galiani Verlag, Berlin 2015. 320 S., geb., 22,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Douwe Draaisma will wissen, was Träume bedeuten
Träume werden seit unvordenklicher Zeit auf ihren verborgenen Sinn hin gedeutet. Das wissenschaftliche Projekt der Erforschung, wie und weshalb wir träumen, ist aber erst jüngeren Datums. Die ersten Ansätze der neurologischen und physiologischen Schlafforschung liegen im neunzehnten Jahrhundert, und von einem eigentlichen Boom dieses Forschungszweiges kann erst in den letzten fünfzig Jahren gesprochen werden. Ungeachtet der Schwierigkeiten, in den Schlaflaboren die Vorgänge des Träumens mit Hilfe verschiedener Strategien zu objektivieren, erfreuen sich die Resultate dieser Studien dennoch großer und anhaltender Popularität.
Denn schiebt man die Diskussion mühseliger erkenntnistheoretischer Kritik beherzt beiseite, dann lassen sich aus den zahlreichen und einander nicht selten widersprechenden wissenschaftlichen Arbeiten beliebig jene Ergebnisse auswählen, mit denen die eine oder andere Theorie vertreten werden kann. Angesichts dieser Lage mag ein populäres Sachbuch, das uns darüber aufklärt, "Wie wir träumen", gerade recht kommen, noch dazu von einem so gewieften Autor wie Douwe Draaisma, der in den letzten Jahren dieses Genre für die Gedächtnisforschung wie kaum ein anderer bedient hat.
In wohltuendem Gegensatz zu vielen Wissenschaftsjournalisten wahrt er eine gewisse ironische Skepsis gegenüber der Traumforschung; auch möchte er seinen Lesern nicht die Traumtheorie seiner Wahl ans Herz legen. Allerdings wirkt sein Buch, das die Forschungsergebnisse zu verschiedenen Traumtypen (vom Nackttraum über den Albtraum bis zum erwartbaren erotischen Traum) zusammenstellt, halbherzig, was vermutlich die lustlose Einstellung des Autors zu seinem Thema widerspiegelt. Nicht nur habe er sich nie besonders für Bücher über Träume interessiert, sondern auch nicht für sein eigenes Traumleben, von dem er uns mit entwaffnender Offenheit berichtet, es sei "so gut wie nicht vorhanden".
Nur einen eigenen Traum teilt der Autor mit: Er handelt von seinen Ängsten, bei einem literarischen Abend in den Schatten einer anderen Autorin zu treten und so vor dem Publikum zu versagen. Derartige Träume hätten allerdings nichts mit sexuellen Wünschen zu tun, sondern mit der Leistungsgesellschaft, die uns vom "Seepferdchen im Kindergarten" bis zu Bewerbungsgesprächen und zur wissenschaftlichen Evaluierung im Griff habe.
Trotz seiner eher ablehnenden Haltung gegenüber der Freudschen Methode, den Traum auf einen latenten Sinn zu deuten, bricht Draaissma dennoch gelegentlich eine Lanze für die Psychoanalyse. So sympathisch man das finden mag, ist es allzu offensichtlich, dass er sich mit Text und Geschichte der "Traumdeutung" nicht beschäftigt hat. Wem bekannt ist, wie entschieden Freud den Ausdruck "Unterbewusstes" zugunsten des "Unbewussten" abgelehnt hat, wird zumindest erstaunt sein, wie oft man Freud hier falsch zitiert findet ("Die Traumdeutung aber ist die ,Via regia' zur Kenntnis des Unterbewussten im Seelenleben."), ebenso wie über den Umstand, dass der französische Philosoph Gaston Bachelard als "eigenwilliger Psychoanalytiker" vorgestellt wird.
Allzu rasch und routiniert ziehen verschiedene Episoden der Traumdeutung und -forschung im manchmal angestrengt wirkenden Plauderton am Leser vorüber. Nur einem anderen Autor hat Draaisma ebenso viel Raum eingeräumt wie Freud, nämlich dessen Zeitgenossen, dem niederländischen Mediziner und Schriftsteller Frederik van Eeden, der den Ausdruck "Klartraum" als Erster verwendet haben soll. Wie viele Mediziner und Psychologen seiner Zeit übte sich van Eeden in der Selbstbeobachtung und notierte seine Träume in einem Tagebuch, dachte aber nicht daran, eine Theorie zu formulieren. Gestützt auf die postum veröffentlichte Traumsammlung seines Landsmannes, sucht Draaissma diesen als bisher verkannten, nobelpreisverdächtigen Pionier aufzubauen. Sollte sich hier ein nationales Motiv eingeschlichen haben? Freud nannte das den "Narzissmus der kleinen Differenzen".
ANDREAS MAYER.
Douwe Draaisma: "Wie wir träumen".
Aus dem Niederländischen von Verena Kiefer. Galiani Verlag, Berlin 2015. 320 S., geb., 22,99 [Euro].
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