Der Schriftsteller Urs Widmer (1938-2014) war seit seinem avantgardistischen Erstling, der Erzählung „Alois“ (1968), nicht mehr aus der Schweizer Literaturszene wegzudenken. Mit seinen beiden Romanen „Der Geliebte der Mutter“ (2000) und „Das Buch des Vaters“ (2004) gewann er auch internationale
Anerkennung, die sich in zahlreichen Auszeichnungen und Preisen ausdrückte.
Zu seinem 10. Todestag…mehrDer Schriftsteller Urs Widmer (1938-2014) war seit seinem avantgardistischen Erstling, der Erzählung „Alois“ (1968), nicht mehr aus der Schweizer Literaturszene wegzudenken. Mit seinen beiden Romanen „Der Geliebte der Mutter“ (2000) und „Das Buch des Vaters“ (2004) gewann er auch internationale Anerkennung, die sich in zahlreichen Auszeichnungen und Preisen ausdrückte.
Zu seinem 10. Todestag hat der Diogenes Verlag, wo Widmers Werke vorrangig erschienen, nun einen Band mit frühen Erzählungen vorgelegt, die zumeist in den 1970er Jahren entstanden. In „Alois“ hatte sich Widmer den trivialen Sprach- und Denkklischees des Fernsehzeitalters gewidmet. Auch in seiner späteren Prosa, vor allem in seinen Erzählungen, schlug er immer wieder burleske Töne an. So in der Detektivgeschichte „Die Abenteuer Jim Strongs in Arizona“, in der er das Genre karikiert. Surrealistisch auch das „Gespräch mit einem Kind über das Treiben der Nazis im Wald“ oder die Geschichte „Die schreckliche Verwirrung des Giuseppe Verdi“, in der Widmer von einem zeitgenössischen Komponisten erzählt, der aufgrund seiner fortschreitenden Schizophrenie, zunehmend mit geistlicher Entfremdung seiner Umwelt begegnet.
In der letzten und längsten Geschichte der Auswahl „Liebesnacht“ bekommt der Ich-Erzähler einen seltenen, aber durchaus willkommenen Besuch aus dem südamerikanischen Urwald. In einer durchzechten Nacht werden diverse Liebesabenteuer erzählt, was irgendwie an Boccaccios Decamerone erinnert. In der Auftaktgeschichte „Das Normale und die Sehnsucht“ dagegen kann man Widmer gewissermaßen bei der Suche nach dem Skurrilen und Utopischen über die Schulter schauen. Fazit: Eine humorvolle, aber auch nachdenkliche Lektüre.