In seinem berühmten Buch "Das wilde Denken" beschrieb der französische Ethnologe Claude Lévi-Strauss die ganzheitliche, bildhafte und mit der Natur verbundene Weltsicht indigener Kulturen. Dieses "wilde Denken" sieht – anders als das dualistische Weltbild westlicher Tradition – eher fließende Übergänge zwischen Mensch und Natur, Realität und Geisterwelt, Leben und Tod, was Rüdiger Sünner an ausgewählten Beispielen aus Amerika, Afrika, Asien und Ozeanien eindrucksvoll veranschaulicht. Indigene Kulturen halten die Natur für durchgängig beseelt und glauben an ein Fortleben der Seele nach dem Tode, egal ob in Form von Wiedergeburt, Seelenwanderung oder Ahnenkult. Solche Auffassungen werden in unserem wissenschaftlich bestimmten Weltbild schnell als "esoterisch" abgetan, obwohl Europa über Jahrtausende selbst Ausprägungen eines "wilden Denkens" kannte. Rüdiger Sünner, seit Jahrzehnten auf der Suche nach spirituellen Traditionen, zeigt anschaulich, welche Formen dieses Denken in verschiedenen Kulturen angenommen hat und welche Inspirationen wir gerade im Zeitalter von Naturzerstörung, Klimawandel und ökonomischem "Steigerungszwang" daraus ziehen können. "Wildes Denken" kann zu einer neuen Identität Europas beitragen, zu der auch die Mythen, spirituelle Traditionen und Weisheitslehren gehören.