Der Autor der Indianergeschichten war des jungen Josef Winkler Lektüregott. Als der älter und selber Autor (und 2008 Georg-Büchner-Preisträger) Gewordene ein halbes Jahrhundert nach seiner ersten Begegnung die drei »Winnetou«-Bände sowie »Weihnacht« wiederlas und die Bilder Sascha Schneiders betrachtete, entstanden vier Nacherzählungen der wichtigsten Szenen. Eingeleitet werden sie von der Titelgeschichte »Winnetou, Abel und ich«, die noch einmal in Winklers Kärntner Indianerkindheit zurückführt. »Mutter und Vater beäugten mich beim Lesen mit misstrauischen Blicken, denn die Nachbarin sagte einmal zu meiner ahnungslosen Mutter, die ihr ganzes Leben kein Buch gelesen hatte: >Karl May verdirbt ihn!< Erlöst wurde ich erst vom Tierarzt, dem vornehmen Dr. Weber, der nach einer Operation im Stall, als er in der Küche mit einer Terpentinseife seine Hände wusch und dabei fragte, was ich denn da lese, in Anwesenheit meiner Eltern ein Lob spendete: >Sehr gut! Sehr gut!<«
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Jan Koneffke liest Karl May, und zwar in der Nacherzählung durch Josef Winkler. Das bringt dem Rezensenten neben erkenntnisreichen Unterschieden zwischen den Versionen ein Wiedersehen mit Winklers Kindheit und Jugend unter der Fuchtel der Familie und des Katholizismus. So obsessiv Winkler von dieser Hölle berichtet, so überrascht zeigt sich Koneffke von der in diesem Band erkennbaren Wehrhaftigkeit (er stiehlt sogar den Karl May) und Produktivität des Bauernbuben, dessen Genese zum Schriftsteller der Rezensent hier beiwohnt. Beeindruckt hat ihn beim Lesen aber auch das frühe Bewusstsein des Autors von der Auflösung der Kindheitswelt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Eine spröde Liebeserklärung, aber gerade daraus gewlnnt sie ihre Vehemenz.« Judith von Sternburg Frankfurter Rundschau 20150115