Um 3000 v. Chr. kommt es im alten Ägypten zu einer epochalen Zäsur in der Geistesgeschichte. Sie lässt den Menschen schlagartig aus seinen archaischen Bindungen heraustreten und stellt ihn als personale Entität an den Anfang und ins Zentrum aller Welterfahrung. Die fundamentale Bedeutung dieser ursprünglichen Entdeckung des Ich als absoluter Bezugsgröße kann weder altertumswissenschaftlich noch kulturhistorisch adäquat erklärt werden; sie bedarf der philosophischen Auslegung. Die Studie von Lars Jacob konfrontiert die Frühphase der Formation von Ich-Gedanken, wie sie im Alten Reich sowohl in der Plastik als auch in textlichen Zeugnissen hervortreten, mit einer elaborierten Theorie von Selbstbewusstsein, wie sie Johann Gottlieb Fichte 1794 in seiner Grundlage der gesammten Wissenschaftslehre vorgelegt hat. Aus dieser konstruierten Perspektive ergibt sich ein neuer und ungewöhnlicher Blick auf das Menschenbild im Alten Reich und ebenso auf die fichtesche Konzeption eines >absoluten Ich<: Wie hat sich dieses Ich dort in seiner Geburtsstunde gezeigt? Was hat es bereits von sich gewusst? Welche Grenzerfahrungen hat es gemacht und welche Folgerungen daraus für sein Selbstsein gezogen? Die fragende Rückwendung ist zugleich eine Selbstzuwendung, insofern wir uns im Spiegel des Beginns wiedererkennen: Wir Ägypter!
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