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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
Anton De Koms Buch zur holländischen Kolonialgeschichte
Vielerorts in Europa äußert sich zunehmend Kritik an der unzureichenden Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit. In den Niederlanden hat im Zusammenhang dieser Debatten ein erstmals 1934 publizierter Text neue Aktualität erlangt, der nach seiner Veröffentlichung rasch von der Zensur auferlegten Kürzungen zum Opfer fiel und jahrzehntelang zumeist lediglich in Raubdrucken zugänglich war. Nun liegt Anton de Koms "Wir Sklaven von Suriname" auch auf Deutsch vor, eine Mischung aus politischer Anklageschrift und historischer Darlegung, die ergänzt wird durch autobiographische Elemente und eindringlich die Gewaltgeschichte niederländischer Kolonialherrschaft im an der Nordostküste Südamerikas gelegenen Suriname, Teil des damaligen Niederländisch-Guyana, nachzeichnet.
De Kom, der aus einer Familie ehemaliger Sklaven stammte, wuchs in Surinames Hauptstadt Paramaribo auf, lernte Buchhalter, arbeitete eine Zeit lang in Den Haag, wo er sich im Umfeld kommunistischer und antikolonialer Gruppierungen engagierte. Anfang der Dreißigerjahre kehrte er in seine Heimat zurück und fand rasch zum Thema seines Buches. Denn er wurde sofort mit der auch nach dem offiziellen Ende der Sklaverei 1863 weiter bestehenden massiven Ausbeutung bei der Produktion von Zucker, Tabak, Baumwolle und anderen Exportgütern konfrontiert. Er notiert, dass die Plantagenbesitzer für jeden freigelassenen Sklaven eine Entschädigung von dreihundert Gulden erhalten hatten, die ehemaligen Versklavten sich hingegen für zehn Jahre zu äußerst schlechten Konditionen als Kontraktarbeiter verdingen mussten. Viele wurden später Kleinbauern, die kaum ihre Familien zu ernähren vermochten. Den Arbeitskräftebedarf auf den Plantagen deckte die Kolonialverwaltung vermehrt mit "Vertragskulis" aus China, Indien und Indonesien.
De Kom beschreibt die Grausamkeit des von den Niederländern im siebzehnten Jahrhundert etablierten Sklavereisystems. Zugleich betont er, dass sich die Versklavten keineswegs in ihr Schicksal fügten, sondern wiederholt Widerstand leisteten. Als seine Schrift herauskam, war er bereits wieder in den Niederlanden. Die Kolonialverwaltung hatte ihn wegen seines politischen Engagements aus Suriname verbannt. Sein am Ende des Buches geäußerter Wunsch erfüllte sich nicht: "Sranan, mein Vaterland. Einmal hoffe ich, dich an dem Tag wiederzusehen, an dem alles Elend von dir abgewendet sein wird." De Kom schloss sich während des Zweiten Weltkriegs dem holländischen Widerstand gegen das NS-Regime an, wurde verraten und starb schließlich an Entkräftung und Krankheit nach schwerster Zwangsarbeit in einem deutschen Konzentrationslager. ANDREAS ECKERT
Anton de Kom: "Wir Sklaven von Suriname".
Aus dem Niederländischen von Birgit Erdmann. Transit Buchverlag, Berlin 2021. 224 S., geb., 20 - Euro.
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