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Wirtschaftskrisen gehören zum Kapitalismus wie Gewitter zu einem heißen Sommertag. Sie sind die Kehrseite seiner enormen Wachstumsdynamik. Das Buch gibt einen historischen Überblick von den frühmodernen Krisen des »type ancien« über die Konjunkturzyklen des Industriekapitalismus und die Verwerfungen der Zwischenkriegszeit bis zu den Krisen der Gegenwart. Dabei zeigt sich, dass die Wahrnehmung der heutigen Situation durch unzutreffende historische Analogien verzerrt ist. Unsere Erwartungen werden durch Ausnahmesituationen bestimmt: im Positiven durch die Boom-Phase der Nachkriegszeit, im…mehr

Produktbeschreibung
Wirtschaftskrisen gehören zum Kapitalismus wie Gewitter zu einem heißen Sommertag. Sie sind die Kehrseite seiner enormen Wachstumsdynamik. Das Buch gibt einen historischen Überblick von den frühmodernen Krisen des »type ancien« über die Konjunkturzyklen des Industriekapitalismus und die Verwerfungen der Zwischenkriegszeit bis zu den Krisen der Gegenwart. Dabei zeigt sich, dass die Wahrnehmung der heutigen Situation durch unzutreffende historische Analogien verzerrt ist. Unsere Erwartungen werden durch Ausnahmesituationen bestimmt: im Positiven durch die Boom-Phase der Nachkriegszeit, im Negativen durch die Weltwirtschaftskrise von 1929 mit ihren apokalyptischen Folgen. Tatsächlich, so macht Werner Plumpe deutlich, sind die Krisen des letzten Jahrzehnts jedoch durch Bedingungen geprägt, wie sie in der vergleichsweise liberalen Weltwirtschaft vor 1914 herrschten – eine Beobachtung, vor deren Hintergrund die jüngste Verschuldungsoffensive der Industrienationen als Überreaktion erscheint.

Autorenporträt
Werner Plumpe ist Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und Vorsitzender des Verbands der Historiker und Historikerinnen Deutschlands.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.10.2010

Wohlstand dank Spekulation
Jede Wirtschaftskrise widerlegt Marx und Engels

Als Bundeskanzlerin Angela Merkel davon sprach, aus der Krise "stärker hinauszukommen, als wir hineingegangen sind", wirkte das auf manchen etwas unbedarft - zumal sie dabei ruhig und gelassen blieb. Kritiker warfen ihr später mangelhafte Aktivitäten vor. Ein Blick in die Geschichte der Wirtschaftskrisen zeigt jedoch: Vermutlich hat sie richtig gehandelt.

"Man scheint zu glauben, dass Krisen, bekämpft man sie nicht angemessen, dazu tendieren, das Geschehen während der Weltwirtschaftskrise von 1929 zu kopieren", warnt Werner Plumpe, Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte in Frankfurt am Main: "Deshalb ist ein eigentümlicher Handlungszwang entstanden, der einen gelassenen Umgang mit Wirtschaftskrisen und auch mit Spekulation kaum mehr zulässt." Plumpe empfiehlt, jede Krise zunächst einmal nüchtern zu betrachten. Die wirtschaftliche Welt der kapitalistischen Moderne sei gewissermaßen paradox: "Sie nutzt Mittel zur Steigerung der Produktivität, die sie selbst krisenanfällig machen."

Entscheidend ist: Krisen gehören zu einem wirtschaftlichen Konzept, das langfristig steigenden Wohlstand für die breiten Massen ermöglicht. Karl Marx und Friedrich Engels hatten noch geglaubt, dass sich die Entwicklungsspirale durch jede Krise nach unten drehen würde. Auch diese These der beiden Philosophen hat die Geschichte widerlegt. Denn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nimmt trotz - oder gerade wegen - der Krisen zu: "Die Konjunkturschwankungen waren offensichtlich die Form, in der sich die wirtschaftliche Dynamik des Kapitalismus realisierte und nicht irgendetwas, das man vermeiden sollte oder konnte."

Der Hinweis auf die Weltwirtschaftskrise der zwanziger und dreißiger Jahre tauge keinesfalls als Gegenargument. Die Krisen der Zwischenkriegszeit waren Ausnahmephänomene, die - so Plumpe - sehr viel mit der politisch und militärisch bedingten Zerstörung der Weltwirtschaft und der ökonomisch unseligen Staatenkonkurrenz jener Jahre zu tun hatten.

"Der Ausnahmecharakter trifft allerdings auch auf den großen Boom des Wiederaufbaus zu, dessen hohe Wachstumsraten, Vollbeschäftigung und Krisenlosigkeit uns heute völlig zu Unrecht als erreichbarer Normalfall erscheinen", schreibt der Wirtschaftshistoriker.

Plumpe führt in dem kleinen Bändchen versiert durch die verschiedenen Krisen seit der Vormoderne, beschreibt die Auswirkungen auf Menschen und Staaten, zeigt Parallelen auf und zieht spannende Schlüsse aus den Beobachtungen. Er räumt auch mit einigen Vorurteilen auf. So erläutert er, warum Spekulation kein Übel, sondern ein notwendiges Moment allen wirtschaftlichen Handelns ist.

Fazit: Ohne Krise und ohne Spekulation kein Aufschwung, kein Wohlstand der breiten Massen, keine drei Mahlzeiten am Tag und keine Fernreisen. Aus der Josephs-Geschichte sind die sieben mageren und die sieben fetten Jahre überliefert. Nur fette Jahre gibt es nicht. Doch nach den mageren Jahren werden die besseren Zeiten üppiger als je zuvor. Darauf gründet sich die Hoffnung der Bundeskanzlerin. Sie hat ihren Plumpe gelesen.

JOCHEN ZENTHÖFER

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Jochen Zenthöfer schätzt diesen schmalen Band über Geschichte und Gegenwart von Wirtschaftkrisen, den Werner Plumpe vorgelegt hat, Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Das Buch bietet in seinen Augen einen kundigen Überblick über die diversen Krisen seit der Vormoderne und ihre Auswirkungen auf Menschen und Staaten. Erhellend findet er die Parallelen, die Plumpe aufzeigt, und die Schlüsse, die er zieht. Zenthöfer hebt Plumpes Einschätzung hervor, Krisen gehörten zu einem wirtschaftlichen Konzept, das langfristig steigenden Wohlstand für die breiten Massen ermögliche.

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