Diplomarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Soziologie - Arbeit, Beruf, Ausbildung, Organisation, Note: 1, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Sprache: Deutsch, Abstract: Der Diskurs über die Wissensgesellschaft ist kein Produkt der politischen Debatte der 90er Jahre. Auch wenn es den Anschein haben mag, dass die Debatte über den Stellenwert von Wissen für die kapitalistische Produktionsweise erst mit der Popularisierung von Computer und Internet ein Thema für die Politiken der gebildeten Klasse geworden sei, so ist die Problematisierung der Zusammenhänge zwischen Wissen und Gesellschaft, ihrer sozialen und ökonomischen Strukturierung, dennoch deutlich älteren Datums. Ein zentraler Markstein bei der Erfindung der Wissensgesellschaft ist die im Jahr 1973 veröffentlichte Schrift von Daniel Bell über "Die nachindustrielle Gesellschaft". Ausgehend von der Frage nach der Zukunft der modernen Industriegesellschaft problematisiert Bell den Vermittlungszusammenhang von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen und diagnostiziert das Heraufdämmern einer postindustriellen Gesellschaft durch einen soziotechnischen Strukturwandel. Dieser Struktur-wandel gründet sich vor allem auf die zunehmende Bedeutung des theoretischen Wissens, welches bei Bell die Stellung eines axialen Regulationsprinzips beim Wandel von einer güterproduzierenden zu einer Dienstleistungsgesellschaft einnimmt. Andre Gorz lässt den "langen Weg zur Wissensgesellschaft" sogar bei Karl Marx beginnen. 1 Schon Marx habe in den Grundrissen zur politischen Ökonomie die Auffassung vertreten, dass Wissen nicht eine Produktivkraft unter anderen sei, sondern dahin tendiere, sich zur führenden Produktivkraft des Kapitalismus zu entwickeln. Nicht das quantitative Maß der abstrakten Arbeitszeit, sondern die qualitativen Formen des Stands der technischen Entwicklung und des wissenschaftlichen Fortschritts sollten das Prinzip der unternehmerischen Produktion darstellen und den Profit der Unternehmer bestimmen. Die zunehmende Einsparung von Arbeitszeit durch den technischen Fortschritt sollte mit der Vermehrung der freien Zeit zusammenfallen. Am Horizont der Marxschen Theorie konturiert sich das Bild einer Gesellschaft, in der die Menschen sich in Muße befangen den schönen Künsten und hehren Wissenschaften hingeben. Die für die materielle Reproduktion der Gesellschaft notwendige Arbeit steht durch die fortgeschrittene Entwicklung der wissensbasierten Produktivkräfte nicht mehr im Widerspruch mit der allseitigen Entfaltung der Individuen und befreit die Menschen zum Ende dieser Entwicklung aus den Zwängen des kapitalistischen Produktionsverhältnisses.
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