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Konsequenzen für die Personalarbeit in Netzwerken
Thomas Sattelberger: Wissenskapitalisten oder Söldner? Personalarbeit in Unternehmensnetzwerken des 21. Jahrhunderts. Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler, Wiesbaden 2000, 359 Seiten, 89 DM.
Es ist immer dasselbe Strickmuster: Alles ändert sich, und das immer rascher; die Mehrzahl der Unternehmen verhält sich träge oder ist mit Blindheit geschlagen; Untergangsstimmung wird verbreitet. Zum Glück für den unsicher gewordenen Leser gibt es den Autor oder (noch heilbringender) das Autorenteam. Die Autoren haben es eigentlich immer schon gewußt und lassen sich nun herab, Auswege aus der Malaise zu zeigen. Jack Welsh und einige amerikanische Professoren werden zitiert. Das beweist Nähe zur absoluten Weisheit. Kräftige Hiebe gegen die Kontinentaleuropäer, vor allem gegen die drögen Deutschen, sind Pflicht. In krudem Denglisch wird gebenchmarkt, reengineered und outgesourced, was das Zeug hält. Geheimnisvolle Wortblüten entstehen, die den Leser vor Denksportaufgaben stellen: Was zum Teufel steckt hinter den "Blue-cheese-Initiativen", einem "Heimatsystem on the job" oder "Liftstyle-Karrieren"?
Das Buch "Wissenskapitalisten oder Söldner?" von Thomas Sattelberger schließt nahtlos an dieses Muster an. Daß es dennoch einer Besprechung wert ist, dafür gibt es einige Gründe. Zunächst schreibt hier einmal kein Berater. Sattelberger, seit dem vergangenen Jahr Bereichsvorstand "Produkt und Service" der Lufthansa Passage Airline, ist ein gestandener Personal-Fachmann, der sich seit Jahren Gedanken über den Zustand seiner Zunft macht und diese ohne viel Federlesens auch zu Papier bringt. Man spürt seine Begeisterung für den "Neuen Kranich", der ihm sowohl als Quelle wie als Projektionsfläche seiner Überlegungen dient.
Der Autor hütet sich jedoch vor einer Glorifizierung und gewinnt dadurch an Glaubhaftigkeit. Die Lufthansa von heute ist ein Netzwerkunternehmen mit vielen Verflechtungen und schwer zu übertreffender Komplexität. Merkmale der Hierarchie verschränken sich mit Attributen des Marktes. Solchen "hybriden" Strukturen gehört die Zukunft, meinen nicht nur Management-Propheten. Über die Konsequenzen dieser Strukturen für die Personalarbeit zu spekulieren, das macht den Reiz dieses Buches aus. Denn viele Unternehmen sind schon jetzt mit den Schwierigkeiten verschwimmender Unternehmensgrenzen konfrontiert.
Netzwerke stellen die Unternehmensführung vor neue Aufgaben. Autorität ("Wer schafft an?"), Arbeitsteilung ("Wer tut was?"), Wissenszugang ("Wie soll Wissen fließen?"), Identität ("Wer gehört dazu?") und Loyalität ("Warum, wen und wie binden?") sind voller Widersprüche und müssen neu austariert werden.
Sattelberger widmet sich besonders dem "Nadelöhr der Loyalität". Er fordert einen "Neuen Moralischen Kontrakt" für jenen immer größer werdenden Teil der "Belegschaften", die sich aus den "Neuen Selbständigen", "Mitunternehmern", "Portfolio-Arbeitern" und aus Beschäftigten rekrutieren, die "just in time" zur Verfügung stehen. Das ist die Welt der wechselnden Beziehungen, höchster Flexibilität und Eigenverantwortung für die zukünftige Beschäftigungsfähigkeit ("Employability").
Zur Untermauerung seiner vielen Thesen holte sich Sattelberger Verstärkung ins Boot. Heike Bruch schreibt über Wissensmanagement in virtuellen Strukturen, Michael Heuser stellt die Lufthansa Business School vor, und Falko Leonhardt beschreibt eine integrierte Nachwuchsentwicklung am Beispiel von Lufthansa. Insgesamt ist so genug Stoff zusammengekommen, um Lesern aus unterschiedlichsten Unternehmen Anregungen für die Personalarbeit in Netzwerken zu bieten. An die Adresse des Verlages sei der Appell gerichtet: Bücher dieses Genres, ohnehin mit Fachjargon getränkt und selten frei von Überschneidungen zwischen den Beiträgen, dürfen einfach nicht ohne Stichwortverzeichnis erscheinen.
HEINZ K. STAHL
(Institut für Unternehmensführung der Universität Insbruck)
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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