Wir leben im Überfluss und der materielle Konsum wird immer fragwürdiger. Nur kurz, wenn überhaupt, bewirkt er heute eine anhaltende Befriedigung. So oft wir in teure Restaurants essen gehen, so oft wir ein neues Smartphone kaufen oder so oft wir den letzten neuen Modeschrei mitmachen. Es werden nicht mehr Bedürfnisse, sondern nur noch Triebe bedient und so suchen wir unbewusst nach mehr. Doch kann das "Mehr" durch noch mehr Konsum gedeckt werden? Der Trend zum Minimalismus kann einerseits durchaus verstanden werden, als der Versuch aus diesem Teufelskreislauf auszubrechen, doch es gibt auch andere Möglichkeiten dieses "Mehr" zu erfahren. Es ist der Jakobsweg, auch Sternenweg genannt, ein Schicksalsweg für Millionen von Menschen, die ihn schon gegangen sind und noch gehen werden. Der Trend der letzten Jahre zeigt, dass hier mehr als nur das Verlangen nach Wandern als Motiv gesehen werden kann. 2017 sind mehr als 301000 Pilger in Santiago de Compostela angekommen, so viel wie noch nie, ein absoluter Rekord. Doch schon im März 2018, als ich dieses Buch schreibe, sind die Vergleichszahlen schon wieder höher Was also sucht der Mensch auf dem Jakobsweg? Die einfachste Antwort darauf mag der Begriff "Sinn" sein, doch in Wahrheit ist es der Ausbruch aus dem System der Konsumgesellschaft, in früheren Zeiten auch Alltag genannt, dem Sprengen der tonnenschweren Ketten, welche wir uns fremdbestimmt anlegen ließen. Wer den Jakobsweg geht, tauscht die starren Regeln seines Verstandes gegen den mystischen Glauben einer Erkenntnis, die tief in ihm wohnt und auf dessen Grund er das Wunder zu entdecken vermag, nach dem er sucht.
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