Eine Bankerin wird entführt: Lisa Locust, eine Ikone des maroden Kapitalismus, hochbezahlte Managerin des Glücks. Zu den Tätern, einer Gruppe junger Aktivisten, gehört auch der fünfzigjährige Maximilian Klein, der in Lisa schnell seine alte Freundin aus Kindertagen erkennt. Max hat in seinem Leben vieles aufgegeben, nur eins nicht: seine leidenschaftliche, Jahrzehnte überdauernde Liebe zu Lisa, die er einst in den Sommerferien am Meer traf. Seither hat er sie immer wieder aus den Augen verloren, doch nie aus dem Sinn. Während Lisa Karriere machte und eine Familie gründete, ist Max seinen Idealen gefolgt und der dunklen Romantik seiner Träume und Sehnsüchte. Er ist sich und Lisa treu geblieben - aber hat er darüber nicht zugleich das eigene Glück verpasst? Ist ihm wirklich ein Leben gelungen, oder ist er einfach nur älter geworden? Nun sehen sie sich nach zehn Jahren wieder, in einem heruntergekommenen Bungalow am Rand einer deutschen Großstadt, und blicken beide auf die vergangene Zeit zurück. In der langen Nacht, in der Max bei der Entführten Wache hält, berühren sich ihre Leben noch einmal, ein letztes Mal. Wie haben wir gelebt? Wen haben wir geliebt? Wo warst du - und wo wirst du sein?
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.07.2010Liebe Krise
Zu den zwiespältigen Folgen der Finanzkrise zählt neben der Abwrackprämie vor allem der Finanzkrisenroman. Während jene dafür gesorgt hat, dass manch nostalgieträchtiges Modell auf Nimmerwiedersehen verschwunden ist, ermöglicht dieser die Wiederkunft von allerlei verkrachten Existenzen, namentlich von politischen Romantikern um die fünfzig. Maximilian Klein ist so ein ewiger Stenz der Rebellion, der trotz des Gefühls, "etwas im Leben falsch zu machen, genauer: alles", in "leicht verquasten Reden" überall und unverdrossen gegen oder für etwas eintritt, notfalls "für seltene Schreibweisen oder den ungewöhnlichen Gebrauch der deutschen Sprache". Die Finanzkrise ist für ihn ein "Geschenk des Himmels". Nicht ganz ohne Bewusstsein der eigenen Lächerlichkeit tut er sich mit jungen Infoterroristen zusammen, um Elisabeth Locust zu entführen, Bankerin und Publizistin, bekannt als "die schwarze Ikone des marodierenden Kapitalismus". Die Geisel aber stellt sich als Maximilians Jugendliebe Lisa Pauly heraus, die er nicht vergessen konnte. Während er sie im Bungalow am Stadtrand bewacht, zieht er im Bann ihrer Nähe die Bilanz seines widerborstigen Lebens. Lukas Hammerstein (Jahrgang 1958) beherrscht die Mittel des intelligenten Unterhaltungsromans, aber er vertraut seinem Thema nicht. Die Finanzkrise dient ihm als bloßer Anlass für systemkritisches Larifari, dass auch durch Ironie nicht erträglicher wird. Überzeugender sind die sentimentalen Rückblenden, die freilich zu häufig allerlei Gefühlsplunder aus der Mottenkiste jener Songs zutage fördern, die einst "von der Liebe und der Krise und der Zukunft erzählten". (Lukas Hammerstein: "Wo wirst du sein". Roman. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2010. 256 S., geb., 18,95 [Euro].) fap
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zu den zwiespältigen Folgen der Finanzkrise zählt neben der Abwrackprämie vor allem der Finanzkrisenroman. Während jene dafür gesorgt hat, dass manch nostalgieträchtiges Modell auf Nimmerwiedersehen verschwunden ist, ermöglicht dieser die Wiederkunft von allerlei verkrachten Existenzen, namentlich von politischen Romantikern um die fünfzig. Maximilian Klein ist so ein ewiger Stenz der Rebellion, der trotz des Gefühls, "etwas im Leben falsch zu machen, genauer: alles", in "leicht verquasten Reden" überall und unverdrossen gegen oder für etwas eintritt, notfalls "für seltene Schreibweisen oder den ungewöhnlichen Gebrauch der deutschen Sprache". Die Finanzkrise ist für ihn ein "Geschenk des Himmels". Nicht ganz ohne Bewusstsein der eigenen Lächerlichkeit tut er sich mit jungen Infoterroristen zusammen, um Elisabeth Locust zu entführen, Bankerin und Publizistin, bekannt als "die schwarze Ikone des marodierenden Kapitalismus". Die Geisel aber stellt sich als Maximilians Jugendliebe Lisa Pauly heraus, die er nicht vergessen konnte. Während er sie im Bungalow am Stadtrand bewacht, zieht er im Bann ihrer Nähe die Bilanz seines widerborstigen Lebens. Lukas Hammerstein (Jahrgang 1958) beherrscht die Mittel des intelligenten Unterhaltungsromans, aber er vertraut seinem Thema nicht. Die Finanzkrise dient ihm als bloßer Anlass für systemkritisches Larifari, dass auch durch Ironie nicht erträglicher wird. Überzeugender sind die sentimentalen Rückblenden, die freilich zu häufig allerlei Gefühlsplunder aus der Mottenkiste jener Songs zutage fördern, die einst "von der Liebe und der Krise und der Zukunft erzählten". (Lukas Hammerstein: "Wo wirst du sein". Roman. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2010. 256 S., geb., 18,95 [Euro].) fap
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Der Spagat gelingt, freut sich Christoph Schröder und meint damit das von Lukas Hammerstein in diesem Roman vollbrachte Kunststück, gesellschaftlich Relevantes (Nachfinanzkrisenzeit) darzustellen, und dabei doch ganz und gar literarisch zu bleiben. Entstanden ist so laut Rezensent einerseits ein fein gezeichnetes apokalyptisches Panorama, das von den Grenzen politischen Engagements in Zeiten allgemeiner Machtlosigkeit erzählt, andererseits ist Raum für eine sehnsuchtsvolle Liebesgeschichte, die Schröder, obgleich von Hammerstein unsentimental zu Papier gebracht, ganz schön zu Herzen geht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Der Spagat gelingt, freut sich Christoph Schröder und meint damit das von Lukas Hammerstein in diesem Roman vollbrachte Kunststück, gesellschaftlich Relevantes (Nachfinanzkrisenzeit) darzustellen, und dabei doch ganz und gar literarisch zu bleiben. Entstanden ist so laut Rezensent einerseits ein fein gezeichnetes apokalyptisches Panorama, das von den Grenzen politischen Engagements in Zeiten allgemeiner Machtlosigkeit erzählt, andererseits ist Raum für eine sehnsuchtsvolle Liebesgeschichte, die Schröder, obgleich von Hammerstein unsentimental zu Papier gebracht, ganz schön zu Herzen geht.
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