„Als Kind sollte man sich doch aussuchen dürfen, woran man denkt, und jedes Wort sagen können, das man will. Für mich galt beides nicht.“ (S.173)
Der Held dieses Buches stottert. Sein Name ist Victor Vollmer und dieses „V“ in seinem Namen stellt ihn nahezu immer vor unüberwindbare Hürden. Denn
gerade das „V“ gehört für ihn für zu jenen schier unaussprechlichen Buchstaben, die einfach nicht aus…mehr„Als Kind sollte man sich doch aussuchen dürfen, woran man denkt, und jedes Wort sagen können, das man will. Für mich galt beides nicht.“ (S.173)
Der Held dieses Buches stottert. Sein Name ist Victor Vollmer und dieses „V“ in seinem Namen stellt ihn nahezu immer vor unüberwindbare Hürden. Denn gerade das „V“ gehört für ihn für zu jenen schier unaussprechlichen Buchstaben, die einfach nicht aus seinem Mund kommen wollen; schon das Denken an das Aussprechen seines Namens bereitet ihm Bauchschmerzen.
Victor neigt daher dazu, lieber gar nichts zu sagen, oder zumindest nicht viel. Nur mit seinen Eltern, seiner Nanny und wenigen Freunden, die ihn kennen, kann er sich unterhalten. An und für sich kommt er damit gut zurecht in seinem Leben. Dann jedoch kommt der Sommer, in dem er den Job seines Freundes Rat als Zeitungsausträger übernehmen soll. Das Austeilen selbst ist nicht das Problem – das Abkassieren des Lohns am Ende der Woche dagegen schon. Denn dort wird er nicht um das Reden herumkommen…
In diesem Sommer macht Victor viele und außergewöhnliche und wichtige Bekanntschaften. Wichtig, weil sie ihm zeigen, dass es so viele andere Dinge gibt, die das Leben ausmachen, und dass das Stottern dabei eigentlich völlig nebensächlich wird. Und dass jeder sein eigenes Päckchen zu tragen hat. Allen neuen Freunden voran ist wohl der sehr belesene Mr. Spiro zu nennen, ein Nachbar, der Victor zuhört, ihn zum Reden ermuntert und ihm dabei hilft, seine Ängste in Bezug auf das Sprechen zu überwinden.
Mir haben vor allem die ruhigen Töne im Buch gefallen. Jede Auseinandersetzung mit den für Victor so unaussprechlichen Buchstaben, die Gedanken, die ihm durch den Kopf gehen, wenn er weiß, er muss gleich ein für ihn unmögliches Wort ausformulieren – diese Schilderungen fand ich ganz wunderbar und sehr schön nachzuvollziehen. Es ist eine eher unaufgeregte Geschichte in den 50er Jahren der USA, die nicht nur die Hürden des Stotterns thematisiert, sondern auch andere Probleme der damaligen Zeit aufgreift, wie beispielsweise die Rassenfeindlichkeit. Sein Kindermädchen Mam ist schwarz, und so muss Victor immer wieder aufs Neue erleben, was Diskriminierung und Benachteiligung einer geliebten Person bedeutet. Diese ganze Thematik stimmt nicht nur Victor, sondern auch den Leser sehr nachdenklich.
Die Geschichte von Victor ist letztlich auch deshalb ganz besonders, weil sie autobiografisch ist. Vince Vawter ist selbsternannter „Stotterexperte“ und meistert sein Leben dennoch. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Buch eine Herzensangelegenheit für ihn war, um anderen Mut zu machen, sich nicht zu verstecken.
Fazit:
„Wörter auf Papier“ hat mich sehr positiv überraschen können. Mit seiner ruhigen, autobiografischen Geschichte gelingt es dem Autoren, die Sorgen und gefühlten Beklemmungen eines Stotterers beim Artikulieren zu vermitteln. Gleichzeitig gelingt es ihm zu zeigen, dass es nicht darauf ankommt, welche Beeinträchtigungen man vielleicht mit sich herumträgt, sondern wie man damit umgeht.