Studienarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Germanistisches Seminar), Veranstaltung: Geschichtslyrik, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Zahl der wissenschaftlichen Arbeiten, die sich mit den Fragen von Brechts lesenden Arbeiters beschäftigten, ist Legion. [...] Geschichte und Politik sind die beiden Aspekte an Brechts Gedicht, die hier im Fokus des wissenschaftlichen Interesses stehen und näher beleuchtet werden sollen. Die vorliegende Arbeit will anhand einer ausführlichen formalen und inhaltlichen Analyse zeigen, dass Brechts Gedicht der Geschichtslyrik im Allgemeinen und der reflektierenden Geschichtslyrik im Speziellen zuzuordnen ist. Darüber hinaus soll auch belegt werden, dass es sich bei dem behandelten Thema um den Ideen- und mentalitätsgeschichtlichen Umbruch von einer bürgerlichen, auf dem Historismus fußenden Ereignis- und Personengeschichte hin zu einem historisch-materialistischen Verständnis von Geschichte als Antagonismus von herrschenden und beherrschten Klassen handelt. Einer Geschichtsauffassung, deren Überlegenheit nicht philosophisch oder geschichtswissenschaftlich begründet wird, sondern dadurch, dass sie aus der Übertragung der Weltsicht der Arbeiter durch sie selbst auf die Vergangenheit notwendigerweise entsteht und daher das einzige Geschichtsbild der Arbeiterklasse sein kann. Um die Unterschiede beider Geschichtstheorien besser verständlich zu machen, werden diese in einem Exkurs näher erläutert, bevor durch eine Beschäftigung mit dem Kontext der ersten – der Entstehung des Gedichts zeitlich am nächsten stehenden – Publikationen desselben gezeigt werden soll, dass es sich bei der von Brecht propagierten Form des Historischen Materialismus nicht um eine sozialistisch-sozialdemokratische Ausprägung desselben handelt, sondern um eine – im Sinne Lenins und des entstehenden Marxismus-Leninismus – kommunistische ausgelegte Variante, und daher keinesfalls von einer unabhängigen Rezeption Marx`schen Gedankenguts oder gar nur von einer allgemein gehaltenen Forderung nach sozialer Gerechtigkeit o.ä. die Rede sein kann.