Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: 1,0, Humboldt-Universität zu Berlin (Institut für deutsche Literatur), Veranstaltung: Hauptseminar Wolfram von Eschenbach: Willehalm, Sprache: Deutsch, Abstract: "Der Willehalm Wolframs von Eschenbach ist ohne Zweifel das für Toleranzfragen interessanteste Werk der mittelhochdeutschen Literatur." Barbara Sabel, deren Dissertation über Toleranzdenken in mittelhochdeutscher Literatur die aktuellste und umfassendste Forschungspublikation zur Frage des Toleranzgehaltes in dem Roman Willehalm von Wolfram von Eschenbach darstellt, trifft mit dieser Äußerung den Kern der problematischen Rezeption dieses Werkes. Einerseits wird es vermieden explizit von Toleranz im Willehalm zu sprechen, indem die Existenz einer Toleranzidee im Mittelalter und damit auch im Willehalm negiert wird. Andererseits gibt es in der Forschung eine Mehrheit, die ausgehend von der Prämisse eines mittelalterlichen Toleranzbegriffes tolerante Gedanken im Willehalm konstatiert. Für viele Autoren zeigt sich in Wolframs Roman sogar eher Humanität als Toleranz. Ausgehend von diesem Humanitätsgedanken wird der Willehalm zuweilen zu einem "der großen Dokumente der Menschlichkeit" emporstilisiert. Solche unzulässigen Aktualisierungen und weitreichenden Interpretationen zeigen das breite Spektrum auf, in dem sich die Willehalm-Forschung bewegt. Zentrales Problem dieser wissenschaftlichen Auseinandersetzung ist die Unsicherheit im Umgang mit dem Toleranzbegriff. Für jede Arbeit, die sich mit Toleranz im Willehalm auseinandersetzt, ist es demnach unabdingbar zu klären, von welchem Toleranzbegriff die Untersuchung ausgeht. Die bisherige Forschung hat sich vor allem auf die Rede Gyburcs konzentriert. Sabel dagegen fragt, ob "man die Haltung des Erzählers [...] als Toleranzhaltung bezeichnen [kann]." Dieser Ansatz hat mich zu der Fragestellung inspiriert, inwiefern die Erzähl- und Darstellungsweise Wolframs im Willehalm mit der Frage der Toleranz gegenüber Heiden zusammenhängt. In der folgenden Arbeit werde ich die These vertreten, dass es sich im Willehalm um eine Erzähl- und Darstellungstechnik handelt, die durch distanziertes, kritisches Erzählen, Perspektivenwechsel und die Technik der Widersprüche einen Raum eröffnet, in dem Gegensätzliches ausgehalten werden muss und damit eine Reflexion von Toleranz möglich wird. Es wird zunächst kurz auf den mittelalterlichen Toleranzbegriff eingegangen und dann anhand ausgewählter Aspekte der Narrations- und Darstellungstechnik im Willehalm untersucht, inwiefern diese auf die Infragestellung und Problematisierung des Umgangs mit Andersgläubigen konzipiert ist und damit ein Nachdenken über Toleranz nach sich zieht.
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