Studienarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Politik - Region: Naher Osten, Vorderer Orient, Note: 1,7, Freie Universität Berlin, Sprache: Deutsch, Abstract: Einleitung Im Nahostkonflikt stehen sich nicht nur zwei Völker oder Kulturen gegenüber, sondern vor allem zwei kollektive Identitäten. „Kollektive Identität“ stellt keine natürliche Kategorie dar, sondern ein imaginäres Gebilde. Die Konstruktion von kollektiven Identitäten führt zur Herausbildung von bestimmten Denkschemata und Verhaltensmustern, die innerhalb des Kollektivs allgemein akzeptiert sind und als Grundlage für gesellschaftliche Normen und Werte, aber auch Mythen und kollektive Erinnerungen dienen. Sie werden durch Sozialisationsprozesse vom Volk aufgenommen und formen eine massenpsychologische Disposition, deren Heranziehung für das Zurechtkommen mit dem permanenten Konfliktzustand obligatorisch wird. Das jahrzehntelange Festhalten an solche Ressentiments konstituiert kollektive Identität als eine besonders starre Konstruktion. Angesichts einer fehlenden Vertrauensbasis zwischen Palästinenser und Israelis ist ein „Ausbrechen“ aus diesen festen und tief verwurzelten Strukturen infolge des Friedensprozesses nicht möglich. Um der Fragestellung nach den Auswirkungen der Konstruktion von „kollektiven Identitäten“ auf den Friedensprozesses gerecht werden zu können, werde ich mich im ersten Abschnitt dieser Arbeit mit den theoretischen Grundlagen dieses Konzeptes befassen. In diesem Komplex werde ich mich auf die Instrumentalisierung der Vergangenheit und auf Selbst- und Fremdzuschreibungen als zentrale Leitgedanken konzentrieren, um zu einer Arbeitsdefinition für den zweiten Teil dieser Arbeit zu gelangen. Dieser beschäftigt sich dann mit der Analyse der konstituierenden Faktoren zur Konstruktion der „kollektiven Identitäten“ der palästinensischen und israelischen Gesellschaft. Mein Erkenntnisinteresse gilt im dritten Teil dieser Arbeit der Entstehung und Verfestigung von Feindbildern. Dabei werde ich auf die Hauptprämissen der Kognitionspsychologie eingehen, um die psychologischen Aspekte anzuzeichnen, die die Entstehung und Verhärtung von Feindbildern bedingen. Anschließend werde ich die Wahrnehmungsmuster analysieren, die für den israelisch- palästinensischen Konflikt relevant sind. Da ich von der Überzeugung ausgehe, dass es ein dialektisches Verhältnis zwischen kollektiver Identität und Entwicklung des Friedensprozesses besteht, werde ich in einem Schlusskapitel auf die Folgen der Konstruktion von kollektiven Identitäten hinweisen, die das Scheitern des Friedensprozesses begründen