Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Anglistik - Sonstiges, Note: sehr gut (1), Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover, Sprache: Deutsch, Abstract: In der Kurzgeschichte „Eveline“ aus seinem Kurzprosazyklus „Dubliners“ erzählt James Joyce die Geschichte einer jungen Frau, die aus ihrer trostlosen Lebenssituation im Arbeitermilieu Dublins ausbrechen und ein glücklicheres Leben führen will, doch schlussendlich scheitert. Die Erinnerungen der 19-jährigen Eveline an ihre Kindheit sind nicht unglücklich, sie denkt an die Spiele mit Geschwistern und Nachbarskindern auf dem Feld in einem der Arbeiterviertel der Stadt, „little brown houses“ (l. 9) prägen das Bild der Wohngegend. Doch mit den Jahren verändert sich Evelines Welt, das Altbekannte um sie herum zerfällt: Der Spielplatz muss neuen, schöneren Häusern weichen, viele der ehemaligen Freunde sind entweder tot oder haben die Stadt verlassen, auch die Mutter ist gestorben. Das Mädchen bleibt zurück: einsam, isoliert und unverstanden. Sie versorgt den Haushalt, ihren cholerischen und gewaltbereiten Vater, der vor dem Tod der Mutter „not so bad“ (Z.15) war, und die zwei jüngeren Geschwister. Zusätzlich arbeitet sie im Geschäft Miss Gavens, die sie schikaniert und bloßstellt. Eveline träumt davon, dieses Leben hinter sich zu lassen und wie schon so viele andere vor ihr die perspektivlose Heimat zu verlassen. Dabei steht für sie nicht die Verbesserung ihrer finanziellen Situation im Mittelpunkt, sondern eine menschenwürdigere Behandlung durch ihr Umfeld: „People would treat her with respect then. She would not be treated as her mother had been.” Gerade die Mutter erscheint dem Mädchen als abschreckendes Beispiel. Eveline hat erlebt, wie der Vater seine Frau mit verbaler und physischer Gewalt unterjocht hat; die zunehmend schlechte Behandlung ihr selbst gegenüber macht ihr Angst, denn „she had nobody to protect her“ (Z.48). Den Traum dieses Leben zu verlassen wird durch den Seemann Frank repräsentiert, zu dem Eveline eine Liebesbeziehung eingeht - gegen den Willen ihres Vaters, der zwar die Sorge um die Tochter als Grund für seine Ablehnung angibt, aber vermutlich auch den Verlust der gehorsam Haushälterin und Kinderhüterin fürchtet (Z.83-87). Evelines Entschluss steht fest: Mit Frank will sie Dublin verlassen, ihn heiraten und in Buenos Aires ein neues Leben beginnen. Der Seemann bringt das in Evelines Leben, was sie bislang nicht oder nur kaum kannte: Er wirbt um sie, ist aufmerksam, erzählt Geschichten, singt Lieder und führt sie ins Theater aus.