Studienarbeit aus dem Jahr 2001 im Fachbereich Romanistik - Französisch - Literatur, Note: 1,7, Universität Mannheim (Romanisches Seminar), Veranstaltung: PS: Das Fremde, der Fremde, die Fremde, Sprache: Deutsch, Abstract: Reisen – die Versetzung des Körpers aus dem heimlichen Raum des Ich in den unheimlichen Raum des Anderen – wird buchstäblich bildend, wenn die Reise auf eigenem Territorium stattfindet, wenn das fremde Land im eigenen Ich liegt. 1 Anhand seiner Erzählung Voyage autour de ma chambre, die der Gattung der Reiseliteratur angehört, stellt Xavier de Maistre ein Gegenmodell zum traditionellen «récit de voyage» auf: Während eines 42-tägigen Arrests in seinem Zimmer in Turin, zu dem er wegen Teilnehme an einem Duell verurteilt wurde, bereist der Erzähler dieses und lässt währenddessen seiner Phantasie freien Lauf. Mit dieser Reise in sein Inneres, die aus psychologischer Sicht einer Introspektion2 entspricht, verfolgt er das Ziel sein eigenes Ich besser kennenzulernen. Im Folgenden möchte ich – nach einer kurzen Biographie des Autors – im zweiten Punkt zunächst auf die Tradition des exzentrischen Schreibens3 eingehen, in die sich de Maistre eingliedert, um danach anhand einiger Elemente zu belegen, dass es sich bei dem vorliegenden Werk tatsächlich um eine Parodie4 der Gattung der Reiseliteratur handelt. Im Anschluss daran, werde ich de Maistres Gegenmodell, das er mithilfe dieser subversieven Gattungsmerkmale konstruiert, unter inhaltlichen und formalen Aspekten beleuchten und es den Charakteristika traditioneller Reiseliteratur gegenüberstellen. Abschließend möchte ich die Frage diskutieren, inwieweit der vorliegende parodierte «récit de voyage» Parallelen zum Romantypus des Bildungsromans aufweist. [...] 1 Leahy 1995: 100 2 Definition Introspektion: die bewusst auf seelische Vorgänge und Zustände gerichtete Aufmerksamkeit, um die verschiedenen Phasen des Ablaufs persönlicher Vorgänge und die Mannigfaltigkeit der Inhalte festzustellen und zu beschreiben. (Dorsch 1998: Selbstbeobachtung) 3 Definition exzentrisches Schreiben: bestimmte Form des Schreibens; ständig Autoreflexion des Schreibens, der exzentrische Autor untergräbt den Erwartungshorizont des Lesers und schreibt über Themen, die „außerhalb des Mittelpunkts liegen“ (Klappenbach/ Steinitz 1967: exzentrisch) 4 Definition Parodie: verspottende, verzerrende oder übertreibende Nachahmung eines schon vorhandenen ernstgemeinten Werkes oder einzelner Teile daraus unter Beibehaltung der äußeren Form, doch mit anderem, nicht dazu passenden Inhalt (Wilpert 1969: Parodie)