Dass Zeit und Erzählen untrennbar miteinander verschränkt sind, gehört zu den immer wieder beschworenen Topoi der Erzähltheorie: Ohne Zeit gibt es kein Erzählen und ohne Erzählen keine Zeit. Die erzählte Geschichte vollzieht sich in der Zeit; der Akt des Erzählens hat einen Zeitpunkt, an dem er stattfindet; und der Erzählakt sowie der Rezeptionsprozess nehmen Zeit in Anspruch. Die Verschränkung von Zeit und Erzählen ist dabei nicht allein auf dieses systemische Bedingungsverhältnis beschränkt, auf das sich die Erzähltheorie konzentriert. Sie bringt darüber hinaus ein breites Spektrum ästhetischer Phänomene hervor: Zeit kann für den Roman kompositorische Relevanz besitzen, sie kann als Aspekt der Wahrnehmung thematisiert sein oder auch in ihrem Zusammenspiel mit Figurenkonzeptionen bedeutsam werden. Die eine Zeit - so die These, die die Beiträge des Sammelbandes verbindet - gibt es nicht. Nimmt man die Vielfalt der temporalen Phänomene in den Blick, so wird man schnell den Singular zugunsten des Plurals aufgeben müssen. Der Band beleuchtet aus methodischer, medialer, generischer und historischer Perspektive die Pluralität von Zeitformen. Erzählt wird nicht die Zeit - es werden Zeiten erzählt.
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