„Dada ist eine neue Kunstrichtung“, erklärte Hugo Ball gleich im ersten Satz des Eröffnungs-Manifests zum Ersten Dada-Abend in Zürich 1916 und setzte hinzu: „Das kann man daran erkennen, dass bisher niemand etwas davon wusste und morgen ganz Zürich davon reden wird.“
Der Dadaismus war die
radikalste Form des Expressionismus. Er verstand sich aber nicht nur als neue Kunstrichtung sondern auch…mehr„Dada ist eine neue Kunstrichtung“, erklärte Hugo Ball gleich im ersten Satz des Eröffnungs-Manifests zum Ersten Dada-Abend in Zürich 1916 und setzte hinzu: „Das kann man daran erkennen, dass bisher niemand etwas davon wusste und morgen ganz Zürich davon reden wird.“
Der Dadaismus war die radikalste Form des Expressionismus. Er verstand sich aber nicht nur als neue Kunstrichtung sondern auch als eine neue Geisteshaltung. Viele dadaistische Werke waren daher von der ablehnenden Haltung gegenüber Krieg, Bürgerlichkeit und traditioneller Kunst geprägt.
Hugo Ball (1886 - 1927) war einer der Urväter dieser Kunstrichtung. Mit der Kabarettistin (und späteren Ehefrau) Emmy Hennings gründete er 1916 in Zürich das legendäre „Cabaret Voltaire“. Mitwirkende waren auch die in Zürich im Exil lebenden Künstler und Schriftsteller Hans Arp, Tristan Tzara und Marcel Janco. Es ging darum, dem Publikum ständig etwas Neues und Überraschendes zu bieten und es gleichzeitig zur Beteiligung einzuladen. Für Hugo Ball war der Dadaismus jedoch nur eine kurze Episode von knapp neun Monaten, dann hatte sich der Rausch erschöpft.
Im Göttinger Wallstein Verlag liegen nun sämtliche Dada-Texte von Hugo Ball in einem schmalen Band vor. Neben den Manifesten und den Lautgedichten lernt der Leser auch ein bruitistisches Krippenspiel und den Dada-Roman „Tenderenda der Phantast“ kennen. Zahlreiche der bisher verstreuten Texte erscheinen hier erstmals gemeinsam in einem Band.
In seinen provozierenden Manifesten artikulierte Ball die programmatischen Festlegungen der neuen Bewegung und die Sinnlosigkeit des alten Kulturbetriebs. Seine vieldeutigen Lautgedichte - wie die legendäre „Karawane“ („Zug der Elefanten“) - sind Balls literarisch radikalsten Texte. Er hat sie meist selbst in Kostümen vorgetragen. Das Ausgangsmaterial dafür sind Wörter, die von ihm dekonstruiert und zerstört wurden, bis nur noch einzelne Laute übrig blieben. Der Schwerpunkt der Lautgedichte ist die akustische Wirkung.
Das bruitistische „Krippenspiel“ bezieht seine Wirkung vor allem aus dem Gegensatz zu der jedermann bekannten Geschichte. Obwohl sich der Text weit gehend an die biblische Vorlage hielt, wird die überlieferte Geschichte als parodistische Aufführung gestaltet. Der äußerst anspielungsreiche Roman „Tenderenda der Phantast“ ist ein Schlüsselroman des Dadaismus, in dem Ball seine Erlebnisse im Ersten Weltkrieg verarbeitete. Trotz vieler humorvoller Stellen kommt seine Abscheu gegen über dem Völkermorden immer wieder deutlich zum Ausdruck.
Seit Jahren macht sich der Wallstein Verlag um die Veröffentlichung der Werke von Hugo Ball verdient, so mit der 10bändigen Edition seiner sämtlichen Werke und Briefe. Der vorliegende Band mit seinen Dada-Texten ist eine willkommene Ergänzung, die reges Interesse finden wird.
Manfred Orlick