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Ein Akteur der deutschen Einheit erinnert sich Markus Meckel ist bekannt als langjähriger SPD-Bundestagsabgeordneter und ein Außenpolitiker, der sich bis heute aktiv um eine europäisch orientierte Erinnerungskultur und die Aufarbeitung der Diktaturen des 20. Jahrhunderts bemüht. In besonderer Weise ist sein Name jedoch in der Öffentlichkeit mit der Oppositionsbewegung in der DDR verbunden, mit der Friedlichen Revolution von 1989 und dem Prozess der Deutschen Einheit. Mit Martin Gutzeit initiierte er die Gründung der Sozialdemokratischen Partei in der DDR und saß als ihr Vertreter am Runden…mehr

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Produktbeschreibung
Ein Akteur der deutschen Einheit erinnert sich Markus Meckel ist bekannt als langjähriger SPD-Bundestagsabgeordneter und ein Außenpolitiker, der sich bis heute aktiv um eine europäisch orientierte Erinnerungskultur und die Aufarbeitung der Diktaturen des 20. Jahrhunderts bemüht. In besonderer Weise ist sein Name jedoch in der Öffentlichkeit mit der Oppositionsbewegung in der DDR verbunden, mit der Friedlichen Revolution von 1989 und dem Prozess der Deutschen Einheit. Mit Martin Gutzeit initiierte er die Gründung der Sozialdemokratischen Partei in der DDR und saß als ihr Vertreter am Runden Tisch. Nach der freien Wahl in der DDR führte er zeitweise die Ost-SPD und verhandelte als Außenminister die deutsche Einheit. In seinen Erinnerungen beschreibt er seinen besonderen Weg in der DDR, der ihn, den Pfarrerssohn, zum Politiker werden ließ. Markus Meckel - Akteur und Beobachter des großen Zeitenwandels - legt mit seinen "Erinnerungen" ein unersetzliches Stück Zeitgeschichtsbertrachtung vor.

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Autorenporträt
Markus Meckel, Jahrgang 1952, studierte Theologie in Naumburg und Berlin. Schon während seines Studiums war er konspirativ politisch. Nach dem Vikariat in Vipperow/Müritz übernahm er das dortige Pfarramt und bemühte sich fortan, die verschiedenen oppositionellen Gruppen zu vernetzen. 1989 initiierte er zusammen mit Martin Gutzeit die Gründung der Sozialdemokratischen Partei in der DDR (SDP). Nach den freien Wahlen 1990 verhandelte er als DDR-Außenminister die Deutsche Einheit mit. Von 1990 bis 2009 gehörte er dem Deutschen Bundestag an. Er ist vielfältig ehrenamtlich aktiv, darunter als Ko-Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit und als Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung Aufarbeitung. Von 2013 bis 2016 war er Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.06.2020

Der die Machtfrage stellte
Nach 30 Jahren - Erinnerungen des ehemaligen DDR-Außenministers Markus Meckel

Markus Meckel fiel auf im Kreis der Außenminister der Staaten, die die Bedingungen der deutschen Einheit aushandelten. Zwar hatte er Jeans und Pullover gegen einen Anzug ausgetauscht, aber er blieb ein bekennender Friedensaktivist unter seinen Kollegen aus Ost und West. Keiner von diesen wies eine ähnliche Lebensgeschichte auf wie Meckel, der nun, 30 Jahre nach der Wiedervereinigung, seine Erinnerungen vorgelegt hat.

Geboren 1952, wurde der Pfarrerssohn im kirchlichen Milieu der DDR sozialisiert. Auch er strebte das Pfarramt an, studierte Theologie am Katechetischen Seminar in Naumburg und im Sprachenkonvikt in Ost-Berlin und verrichtete von 1980 an zuerst als Vikar, dann als Pastor im mecklenburgischen Vipperow seinen Dienst. Mitte der 1970er Jahre kam er mit unorthodoxen Theologen zusammen; auf die Ausbürgerung Wolf Biermanns folgten Auseinandersetzungen mit Marx und die Verteilung systemkritischer Texte. Nach Beendigung seines Studiums galt er als aufrührerisch und unmoralisch - letzteres, weil er bereits damals Kinder von zwei Frauen hatte und unverheiratet mit seiner Freundin zusammenlebte.

Politische Arbeit verstand er als wichtige Dimension seines kirchlichen Auftrags. Angestoßen durch den Nato-Doppelbeschluss, engagierte er sich seit 1982 gegen weitere Rüstungen in Ost und West. Bei der Gründung von Friedenskreisen, der Organisation von "mobilen Friedensseminaren" und der Knüpfung von Kontakten stieß er auf Verständnis bei der Kirchenleitung in Schwerin, so dass er kirchliche Strukturen für seine politische Arbeit nutzen konnte. Bei aller Aktivität empfanden er und sein langjähriger Freund und Pfarrerskollege Martin Gutzeit Mitte der 1980er Jahre Enttäuschung über die Zersplitterung und Konzeptionslosigkeit vieler Gruppen. Initiativen zu weiteren Treffen mit anderen blieben ergebnislos: Zwar war man sich einig über die Ablehnung des politischen Systems, fand aber bei der Formulierung positiver Ziele keinen Konsens.

Das änderte sich mit Gorbatschow, dessen "Neues Denken" Meckel und Gutzeit Hoffnung auf Änderungen in der DDR schöpfen ließ. Da die SED die DDR aber in eine Sackgasse führte, kamen beide 1988 zu der Überzeugung, dass neue Formen und Strukturen oppositionellen Handelns nötig waren. Es war die Absage an die Breschnew-Doktrin durch Gorbatschow vor den Vereinten Nationen, die beide im Februar 1989 den Entschluss fassen ließ, eine sozialdemokratische Partei in der DDR zu gründen, da sie nun ein Eingreifen sowjetischer Truppen nicht mehr befürchteten. Damit stellten sie "die Machtfrage und strebten einen Systemwechsel an" - eine mutige, angesichts der Machtverhältnisse geradezu utopische Zielsetzung. Jedoch kamen sie aufgrund des Machtverfalls der SED und der wachsenden Unzufriedenheit voran, gewannen Gleichgesinnte - vor allem aus dem kirchlichen Raum - und konnten am 40. Jahrestag der DDR, am 7. Oktober 1989, im brandenburgischen Schwante mit 45 Personen die SDP gründen: für Meckel "ein Paukenschlag des Umbruchs".

Zwar gehörten er und seine Mitstreiter zu den vorwärtsdrängenden Elementen, die, anders als die Kirchen, nicht vermitteln, sondern "den Druck erhöhen" wollten. Gleichwohl ging auch ihm die Entwicklung nun zu schnell: Mit der Maueröffnung sah er die Möglichkeit schwinden, zunächst die DDR zu demokratisieren und anschließend das Verhältnis zur Bundesrepublik zu klären. Daher sprach er sich auch gegen das Zehn-Punkte-Programm Helmut Kohls aus: Eine schnelle Wiedervereinigung bezeichnete er als "friedenshindernd und -gefährdend für Europa". In Kohl sah er vor allem einen Parteipolitiker, der ausschließlich darauf bedacht war, von dem Vereinigungsprozess bei den bevorstehenden Bundestagswahlen zu profitieren. Unterstützung erhielt Meckel von Teilen der West-SPD, insbesondere von dem von ihm verehrten Willy Brandt und Hans-Jochen Vogel. Egon Bahr und Oskar Lafontaine, die sich in der Zweistaatlichkeit eingerichtet hatten und auf die SED setzten, sah er hingegen kritisch. Sein damaliges Engagement galt dem Runden Tisch in Ost-Berlin, der die DDR-Regierung unter Hans Modrow kontrollierte und Neuwahlen vorbereitete.

Bei diesen Wahlen am 18. März 1990 erlitt die inzwischen in SPD umbenannte Partei zwar eine Niederlage; aber sie war mit ihren 21,8 Prozent die "einzige Kraft der Opposition mit einem nennenswerten Ergebnis". Die Niederlage verhinderte indes, dass Ibrahim Böhme, der Meckel schon vorher suspekt gewesen war, Ministerpräsident wurde. Da dieser nach seiner Enttarnung als Stasi-Agent alle Ämter niederlegte, übernahm Meckel den Parteivorsitz und in der neuen Koalitionsregierung das Außenministerium.

Wie er zutreffend schreibt, waren die Grenzen der Außenpolitik der demokratischen DDR eng gesteckt. Die wenigen Monate ihrer Existenz bildeten zudem seine "Lehrlingszeit" als Außenminister. Dennoch hatte er sich Großes vorgenommen: "Mit Selbstbewusstsein" wollte er nicht nur die deutsche Einheit, sondern auch "die europäische Zukunft" mitgestalten. Dabei sollte Sicherheit "nicht mehr durch gegeneinanderstehende Bündnisse, sondern durch die Stärkung des internationalen Rechts und ein System kollektiver Sicherheit gewährleistet werden". Mit demselben Eigensinn, mit dem er an die Gründung der SDP herangegangen war, wollte er auch in der internationalen Politik agieren. Dabei ignorierten er und seine Berater aus der ostdeutschen kirchlichen Friedensbewegung und aus der westdeutschen akademischen Friedensforschung jedoch die Schwäche der DDR. Vieles war im internationalen Rahmen abgesprochen, bevor er sein Amt antrat; außerdem wurden die entscheidenden Fragen nicht im Zwei-plus-Vier-Rahmen, sondern im Dreieck Washington-Bonn-Moskau geklärt. Hinzu kamen handwerkliche Fehler, etwa als er seine Idee einer militärisch ausgedünnten Sicherheitszone, bestehend aus Polen, der Tschechoslowakei und der ehemaligen DDR, ohne vorherige Absprachen in seine Gespräche mit den anderen Außenministern einbrachte. Auf diese Weise isolierte er sich bei den Außenministertreffen selbst. Zusätzliche Frustration kam hinzu, als er von der endgültigen Klärung der Bündniszugehörigkeit Deutschlands in Moskau und im Kaukasus aus den Medien erfuhr.

Meckels heutiger Blick auf seine Zeit als Außenminister verweist zwar auf manche aus seiner Sicht verpasste Gelegenheiten; er ist aber nicht larmoyant und teilweise sogar selbstkritisch. Auch wenn er eine Wiedervereinigung in anderer Gestalt bevorzugt hätte, bezeichnet er diese heute als "Glücksstunde der Deutschen im 20. Jahrhundert". Und er hat, insbesondere als SDP-Gründer, durchaus dazu beigetragen.

HERMANN WENTKER

Markus Meckel: Zu wandeln die Zeiten. Erinnerungen.

Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2020.

512 S., 29,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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