"Zukunfts-Illusionen" ist ein interessantes Fachbuch für Sozialwissenschaftler, die die Diskreditierung ihrer Wissenschaft nicht länger akzeptieren wollen, für Studenten, Eltern, Lehrer, Manager, Politiker, Personalverantwortliche, für alle, die sich verantwortlich mit Zukunftsgestaltung in unserer
Gesellschaft befassen, für alle, die neugierig sind, auf das, was die Zukunft bringt und sie der…mehr"Zukunfts-Illusionen" ist ein interessantes Fachbuch für Sozialwissenschaftler, die die Diskreditierung ihrer Wissenschaft nicht länger akzeptieren wollen, für Studenten, Eltern, Lehrer, Manager, Politiker, Personalverantwortliche, für alle, die sich verantwortlich mit Zukunftsgestaltung in unserer Gesellschaft befassen, für alle, die neugierig sind, auf das, was die Zukunft bringt und sie der Zukunft bringen, für alle, die Interesse an Hintergründen haben, wer, wie, warum und mit welchen Konsequenzen die Zukunft vorhersagt, auch und vor allem für die, die im Fokus der Kritik des Autors stehen: die Trendforscher. Rust bietet eine wissenschaftlich fundierte Expertise, die die Arbeit bekannter Trendforschungsinstitute gnadenlos als unseriös, lückenhaft, teuer und von kommerziellen Interessen getrieben aufdeckt. Neu ist, dass der Autor noch schwereres Geschütz auffährt, als in seinen bisherigen Veröffentlichungen. Zahllose Beispiele und Nachweise aus nationalem und interationalem Kontext belegen anschaulich die Dubiosität der methodischen Vorgehensweise aktueller Trendforschungsinstitute. In der Analyse zeigt Rust die Kompetenz eines professionellen Sozialwissensschaftlers, der die strengen Kriterien wissenschaflticher Forschungsqualität seiner Zunft verteidigt, indem er sie in seiner eigenen Recherche anwendet. "Lernen am Modell" sozusagen als freundliche Empfehlung an seine Kritiker. Darin liegt für mich die Schlagkraft dieser Veröffentlichung: Rust überzeugt ohne "Schnörkel", schlicht durch die Einhaltung der von ihm eingeforderten Regeln professioneller Marktforschung. Seine Sprachgewandheit ist brilliant, aber ohne übliches Feuerwerk, das er gewöhnlich in Richtung der von ihm kritisierten Trendforschung abfeuert (und den amüsierten Leser mitunter von den Inhalten ablenkt). Aus der Gegenüberstellung der Traditionen professioneller Trendforschung (auch hier durch zahlreiche Bsp. unterlegt) mit der boulevardesken gewinne ich das Fazit: seriöse Marktforschung ist Schwerstarbeit und wird seitens der Sozialwissenschaft schon seit Bestehen praktiziert. Jeder hat Zugang zu diesen Ergebnissen. Aktuelle Trendforschung, die sich dieser empirisch gesicherten Ergebnisse lückenhaft bedient, ist überflüssig und teuer. Medien, die ohne Recherche unhinterfragt sogenannte Trends veröffentlichen, unterstützen die zunehmende Diskreditierung professioneller Sozialwissenschaft. Das erklärt die Reaktion des leidenschaftlichen Sozialwissenschaftlers Rust. In seiner Kritik wiederholt er sich: Trivialitäten, Irrtümer, Fehler und blinde Flecken werden in einem weiteren Kapitel akribisch aufgedeckt. Gott sei Dank wiederholt er sich (!) und leistet damit unermüdlich Aufklärungsarbeit wider der unermüdlich lautstärker werdenden pseudowissenschaftlichen Trendforschung und deren Trittbrettfahrer. Das ist ermutigend für alle, die Zukunft gestalten müssen, sollen und wollen: Zukunft auf der Grundlage von Trends vorherzusagen hat meist nichts als Illusionen zu Tage gefördert. Im letzten Kapitel zeigt Rust die Stärke einer pragmatischen Soziologie als Alternative auf zum strategischen Opportunismus der von ihm kritisierten Trendforschung. Manager z.B. bekommen hier noch einmal erhellende Erklärungen, warum sich Unternehmen eher die Ergebnisse der Boulevardforschung zugänglich machen, als kostengünstig auf wissenschaftlich fundierte Quellen zurückzugreifen, wie z.B. Diplomarbeitsstellen. Kurz gesagt: auch in seinen Lösungsansätzen bleibt Rust praxisnah und realistisch.
Zu vorsichtig formuliert der Autor m. E. die Kritik an seiner eigenen wissenschaftlichen Fakultät. Die Kollegen Sozialwissenschaftler verweigern in der Regel jede Kommentierung der boulevardistischen Trendforschung, da nicht empirisch abgesichert. Die Arroganz im Elfenbeinturm ist kein wirksames Mittel gegen die eigene Diskreditierung. Die Rolle des wirksamen aber einsamen Rufers in der Wüste (auch monetären Gewinners mit dem Anti-Trend-Thema selbstverständlich) sollte für Rust vorbei sein.