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Svenja Flaßpöhler und Florian Werner kennen einander seit fünfzehn Jahren, vor zehn Jahren kam ihre Tochter zur Welt, vor drei Jahren ihr Sohn. Eine Philosophin und ein Literaturwissenschaftler: Natürlich wurden da am Frühstückstisch nicht nur Lätzchen gewechselt und Bananenbrei vom Boden gewischt. Es wurde auch über die philosophischen Dimensionen der Elternschaft diskutiert. Bereichert ein Kind die Liebe oder ersetzt es sie? Wie verändert das Elternsein die Wahrnehmung der Zeit? Und warum fühlt man sich als Vater beim Babyschwimmen geschlechtslos? Die Kinder wurden größer, die Berge mit…mehr

Produktbeschreibung
Svenja Flaßpöhler und Florian Werner kennen einander seit fünfzehn Jahren, vor zehn Jahren kam ihre Tochter zur Welt, vor drei Jahren ihr Sohn. Eine Philosophin und ein Literaturwissenschaftler: Natürlich wurden da am Frühstückstisch nicht nur Lätzchen gewechselt und Bananenbrei vom Boden gewischt. Es wurde auch über die philosophischen Dimensionen der Elternschaft diskutiert. Bereichert ein Kind die Liebe oder ersetzt es sie? Wie verändert das Elternsein die Wahrnehmung der Zeit? Und warum fühlt man sich als Vater beim Babyschwimmen geschlechtslos? Die Kinder wurden größer, die Berge mit Gesprächsnotizen auch: So entstand dieses Buch.

Mit »Zur Welt kommen« legen Flaßpöhler und Werner keinen Ratgeber vor, der das Stillen, Wickeln und Füttern optimieren will. Sondern eine Philosophie für Mütter und Väter, die jene existenzielle Dimension ausleuchtet, die in dem einfachen Satz steckt: Ein Mensch kommt zur Welt. Ein ebenso persönliches wie tiefsinniges, kurzweiliges wie erhellendes Buch für Menschen, die, indem sie Kinder bekommen, ebenfalls neu geboren werden.

Autorenporträt
Svenja Flaßpöhler ist promovierte Philosophin und Chefredakteurin des 'Philosophie Magazin'. Seit 2013 ist sie Mitglied der Programmleitung des Philosophiefestivals phil.COLOGNE und seit 2017 Jurorin des 'Bayerischen Buchpreises'. Ihr Buch 'Mein Wille geschehe. Sterben in Zeiten der Freitodhilfe' (2007) wurde mit dem Arthur-Koestler-Preis ausgezeichnet, ihre Streitschrift 'Die potente Frau' wurde ein Bestseller. Svenja Flaßpöhler lebt mit ihrem Mann und den beiden gemeinsamen Kindern in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.03.2019

Was soll ich machen? Lass es! Tu es!
Svenja Flaßpöhler erlebt Elternschaft als philosophisches Abenteuer. Sheila Heti nicht

Seit einiger Zeit hat die Mutter, Mutterschaft, das Elternwerden, alles, was mit Babys und der Veränderung des Lebens zu tun hat, den Buchmarkt erobert. Man könnte sogar sagen, die Mutter ist die neue Pariserin, also der beste Weg, ein Buch möglichst zielstrebig an den Mann, also die Frau zu bringen. Nur geht es bei diesem neuen Genre nicht darum, den Frauen zu erklären, warum andere Frauen, also Pariserinnen, das mit dem Dünn-, Verführerisch-, Schön-, Erfolgreich- und Dreifach-Mutter-Sein so viel besser hinbekommen als sie. Sondern ganz im Gegenteil darum, werdenden Müttern einen halbwegs realistischen Einblick in das zu geben, was das Mutter-Sein für eine Frau von heute tatsächlich bedeuten kann. Viel Verwirrung, Angst und auch ein bisschen Leid.

Die amerikanische Essayistin Lauren Elkin schrieb vor ein paar Monaten in der "Paris Review" über diese Welle von Mutterbüchern, sie sei ein "neuer Kanon". Eine Alternative zu den zur Verfügung stehenden Ratgebern, die den Perfektionsdrang der meisten Mütter wahrscheinlich nur förderten. Elkin sieht das als feministische Entwicklung des Schreibens über ein ja immerhin exklusiv weibliches Erlebnis. Und wahrscheinlich hat sie damit auch recht. Für Nicht-Mütter und Frauen, die auch nicht vorhaben, an diesem Status demnächst etwas zu ändern, sind solche Bücher trotzdem unlesbar, weil die Ambition, den Druck, den die Gesellschaft auf eine werdende Mutter ausübt, zu entlarven, in den meisten Fällen in persönlichen Befindlichkeiten verpufft. Vielleicht auch, weil man, wie Rachel Cusk es in ihrem phantastischen Buch "A Life's Work" schrieb, als Nicht-Mutter aus einer Art Selbstschutz für Muttergeschichten taub bleibt: Würde man die Wahrheit kennen, keiner würde mehr Kinder machen. Eine Ausnahme ist das im vergangenen Jahr erschienene "Mothers. An Essay on Love and Cruelty" von Jacqueline Rose. Sie durchleuchtet die Figur der Mutter, den Druck, den patriarchale Gesellschaften über die Mutterschaft ausüben, kulturgeschichtlich, und damit für alle interessant.

In Deutschland sind gerade zwei Bücher erschienen, die sich mit der Mutterschaft und dem Elternwerden beschäftigen: Svenja Flaßpöhlers und Florian Werners Buch "Zur Welt kommen" und Sheila Hetis "Mutterschaft". Anders als Hetis Memoir ist "Zur Welt kommen" nicht die Selbsterkundung einer Frau, sondern die eines Paares, das einem die Elternschaft, wie der Untertitel verrät, als "philosophisches Abenteuer" verkaufen will. Dazu stellen die beiden eine Art Elternwerden-Register auf: 44 Begriffe von "Anfangen" über "Muttermund", "Penis", "Stammbaum", "Schmerz" bis zu "Aufhören", unterteilt in die Blöcke "Die Tochter" - "Der Sohn". Manche werden von Svenja Flaßpöhler, Chefredakteurin des "Philosophie Magazins", bearbeitet, manche von Florian Werner. Gekennzeichnet werden sie durch ein Männlichkeits- und Weiblichkeitssymbol. Ab und zu, vielleicht um den Eindruck eines philosophischen Disputs zu unterstreichen, reden, beziehungsweise schreiben, sie sich auch dazwischen, was sie irgendwie süß oder lustig zu finden scheinen, einen beim Lesen aber eher peinlich berührt.

Viel schlimmer ist aber ihre Wortwahl: Da "tigert" sie, als die Wehen einsetzen, "durch den Raum wie ein Raubtier", will eine "Löwenmutter" sein, er planscht im "pullerwarmen Wasser", sie schreibt von "Männlein" und "einem Paar, das aufbricht in die Zukunft der Fruchtbarkeit". Das klingt, auch wenn es auf den Philosophen Levinas verweist, gruselig. An vielen Stellen wird man, allein wegen der Sprache, von leichtem Ekel überfallen. Manchmal ist es auch einfach der Inhalt, der befremdet: Werners pornographische Assoziationen beim Babyschwimmen oder Flaßpöhlers Gedanke, der Vater könne, indem er seinen Nachnamen weitergibt, die symbiotische Verbindung von Mutter und Kind "öffnen", eine Frau, die ihm das verweigere, hänge zu sehr an ihrer "weiblichen Allmacht". Toll ist auch, wenn die Autorin von "Die potente Frau", die während der #MeToo-Debatte erklärte, die Frauen würden es sich in ihrem Opferstatus viel zu bequem machen, meint, die ganze "Regretting Motherhood"-Debatte sei "typisch weiblich". Sie würde mal wieder beweisen, dass Frauen sich das Leben gern unnötig schwermachen: Sie bereuen Dinge, die nun mal nicht zu ändern seien. Männer täten das nicht.

Hier und da gibt es ein paar ganz lustige Gedanken: Etwa, dass der Körper der Mutter für den Sohn das erste Fahrzeug ist und kleine Jungs deshalb, offenbar trotz Gendertheorie, oft Autos mögen. Oder Werners Beschreibung des schwangeren Körpers, den er nicht, wie die meisten freundlich behaupten würden, wunderschön, sondern eher "grotesk", ja nahezu zum Totlachen findet. Sonst liest sich dieser mit philosophischem Puderzucker überstreute Dialog der Ehepartner Flaßpöhler-Werner aber einfach zu selbstsicher, man möchte fast sagen zu "potent", sich selbst zu ernst nehmend und, zumindest für Nicht-Fans, zu intim.

Intim wird es bei Sheila Heti, das muss man der Fairness halber sagen, auch. Die kanadische Schriftstellerin schreibt von Streitereien und Anal-Sex-Versöhnungen mit ihrem Freund Miles, darüber, wie sie verhütet, nämlich durch Rausziehen, von ihren Träumen, ihrer Periode, ihrem Eisprung, der Spirale, die sie sich gleich wieder entfernen lässt, und so weiter. Sie dreht sich von Anfang bis Ende des Buches nur um sich selbst, oft auch einfach viele Seiten lang im Kreis. Sie zwingt einen, ihr in ihrer Unentschlossenheit und Unsicherheit, ihrer existentiell-philosophischen Selbstbefragung auf Schritt und Tritt zu folgen, und geht einem damit natürlich über weite Teile ganz furchtbar auf die Nerven. Nur greift Heti in "Mutterschaft" auch das Thema auf, ob man überhaupt ein Kind haben will. In unseren westlichen Gesellschaften hat ja, zumindest bis auf weiteres, jede Frau die Wahl. Sie kann sich für oder auch gegen die Mutterschaft entscheiden. Nur scheinen die wenigsten der Mutterbuch-Autorinnen diese, von Frauen immerhin hart erkämpfte Option, überhaupt je in Betracht gezogen zu haben. Wenn man Hetis qualvolles Grübeln liest, versteht man auch ganz gut, warum: Wahrscheinlich ist es schwieriger, sich gegen etwas zu entscheiden, das als natürliche Entwicklung eines Frauenlebens gilt, als sich dieser Norm einfach zu unterwerfen und zu hoffen, dass das mit dem Mutterglück am Ende doch irgendwie stimmt. Oder wie sie schreibt: "Es liegt eine Art Traurigkeit darin, etwas nicht zu wollen, was dem Leben so vieler anderer Bedeutung verleiht."

Ob sie ein Kind will oder nicht, das weiß sie das ganze Buch über nicht. Tatsächlich tendiert sie aber von Beginn an zu "nein". Aufgetaucht ist die Frage an ihrem 37. Geburtstag. Um sie herum bekommen all ihre Freundinnen Kinder, und drängen sie dazu, das Gleiche zu tun. "Weil sie wollen, dass du das gleiche Handikap hast wie sie", sagt ihr Freund, der schon eine Tochter hat und kein weiteres Kind will. Sie glaubt: Eine Frau, die Kinder bekommen kann, sich aber bewusst dagegen entscheidet, sei für andere nicht ganz normal, ja sogar bedrohlich. Die Mutterschaft sei in gewisser Weise ein Weg, Frauen in ihren Dreißigern, also wenn sie gerade anfangen, ihr Leben halbwegs im Griff zu haben, aus dem Verkehr zu ziehen. Wer weiß schon, welchen Ärger sie anstellen würden, wären sie ganz frei, schreibt sie. "Als Frau kannst du nicht einfach sagen, du willst kein Kind", heißt es an einer anderen Stelle. "Du musst schon einen ausführlichen Plan oder eine Vorstellung davon haben, was du stattdessen machen willst. Und das sollte lieber was Großartiges sein."

Sheila Heti hat so einen Plan. Sie will weiter Bücher schreiben, etwas in die Welt bringen, das nicht sterben kann: "Ein Buch lebt in dem Menschen fort, der es liest, es kann nicht ausgelöscht werden." Flaßpöhler sagt, sie habe immer gedacht, zum Schaffen müsse man einsam leben, aber festgestellt, dass beides zusammen funktionieren kann. In "Mutterschaft" behauptet Hetis Freund Miles, eins von beiden müsste zwangsläufig leiden, da sowohl Kunst als auch Kinder maximale Aufmerksamkeit fordern. Heti zumindest entscheidet sich für die Kunst und gegen das Kind und schreibt nach Jahren des Hin und Her, wie erleichtert sie sei, dass sie es durch diese "fruchtbaren" Jahre geschafft hat, sich zu ihrer eigenen Freiheit durchzukämpfen, ohne einzuknicken.

Das Schönste an Sheila Hetis Buch sind aber gar nicht die Überlegungen zur Mutterschaft. Es sind jene Passagen, in denen die Autorin das Verhältnis zu ihrer Mutter, dieses schwierig-schöne Band, befragt. Hetis Mutter war eine von Depressionen geplagte Frau, die ihr Leben, so schreibt es die Autorin, dem ihrer eigenen Mutter gewidmet hat. Sie wollte, dass das Leben ihrer Mutter durch das ihre Sinn macht. Und in etwa das will Heti durch ihr Schreiben auch erreichen: "Wir richten unsere Liebe rückwärts, um das Leben unserer Mutter mit Schönheit und Bedeutung zu erfüllen. Vielleicht bedeutet Mutterschaft, dass man seine Mutter würdigt." Hetis Mutterschaft wäre demnach mit "Mutterschaft" erreicht. Auf eine für Mütter, Nicht-Mütter, potentielle Mütter und sogar für Männer lesenswerte Art.

ANNABELLE HIRSCH.

Svenja Flaßpöhler, Florian Werner: "Zur Welt kommen. Elternschaft als philosophisches Abenteuer". Blessing, 224 Seiten 18,50 Euro.

Sheila Heti: "Mutterschaft". Übersetzt von Thomas Überhoff. Rowohlt, 320 Seiten, 22 Euro. Die Autorin liest am 20. März in Zürich, am 21. März in Berlin und am 22. März in Köln.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.05.2019

Bananenbrei
aufwischen
Wenn Elternschaft zum
philosophischen Abenteuer wird
Svenja Flaßpöhler und Florian Werner sind Publizisten und promovierte Geisteswissenschaftler in Berlin und haben sich miteinander fortgepflanzt. Ihre Kinder sind laut dem Buch, das sie darüber geschrieben haben, zehn und drei Jahre alt und haben ihren Eltern die Gelegenheit verschafft zu beweisen, dass auch im Jahr 2019 zwar jedes Kind ein Geschenk an die Welt sein mag, man dies aber keinesfalls von jedem Buch behaupten kann.
Aber genug von den Kindern, sie scheinen in „Zur Welt kommen. Elternschaft als philosophisches Abenteuer“ höchstens drittrangig. Das Buch, das abwechselnd aus zwei Perspektiven geschrieben ist – Mutter und Vater – stellt eine aus historischer Perspektive gewagte These auf: „Ein Paar, das sich für ein Kind entscheidet (…) wagt das radikal Neue – körperlich, intellektuell, sozial, politisch.“ Das Autorenpaar möchte die „existenzielle Dimension“ ausleuchten: „Ein Kind kommt zur Welt. Was heißt das?“
In zahlreichen kleinen Texten („Transparenzgesellschaft“, „Muttermund“, „Kugelmensch“, „Penis“) schildern die beiden verschiedene Situationen und Gedankengänge aus den Höhen und Niederungen der Elternseins. Die Partnerschaft steht dabei im Fokus, und der Bildungsgrad der Autoren. Andere Menschen, auch die Kinder, tauchen höchstens als Stichwortgeber auf. Dafür ziehen Flaßpöhler und Werner in jedem Kapitel einen wichtigen Denker oder Autoren zurate (neben Hannah Arendt, Judith Butler und einem Klecks Simone de Beauvoir findet man hier so gut wie keine Denkerinnen).
Beiden gelingen dabei immer wieder unterhaltsame und interessante kleine Texte. Svenja Flaßpöhler schreibt etwa frei und befreiend über das Geschenk, seine Kinder zwischendurch vergessen zu dürfen, weil man sie sicher weiß und weil man weiß, dass man sie wiederkriegt. Florian Werner bringt interessante wissenschaftsgeschichtliche Exkurse mit ehrlicher Selbstbeobachtung in Sachen moderner Elternneurose zusammen.
Aber diese Texte gehen im Buch leider etwas unter. Es dominieren sehr viele und sehr detaillierte Beschreibungen toller Schwangerschaft und schlimmer Geburt. Zur Sprache kommt vor allem die ganze Palette herkömmlicher Befindlichkeiten, wie man sie aus Kantinengesprächen und Rückbildungskursen kennt und doch nie kennen wollte: „Jetzt wächst ein Penis in mir“, „Immer wenn ich Stuhlbeschwerden habe, muss ich an den Geburtsvorgang denken“.
Und dann geht es noch sehr viel darum, wie schwer die Gleichberechtigung auf einmal fällt, wie hart die Nächte mit Neugeborenen sind, aber wie „entzückend“ (das Adjektiv fällt mehrfach) das eigene Kind trotzdem ist.
All das ist zunächst kein Vorwurf, den man an eine Publikation zum Thema Elternsein richten darf. So ist das eben, wenn aufgeklärte Leute darüber reden. Dieses Buch ist ein langes, selbstgewisses und mit sich völlig einverstandenes Duett zweier Leute, die offenbar gern von sich erzählen und der Ansicht sind, dass ihre Erfahrungen es wert sind, erzählt zu werden.
Einiges gibt es dem Buch aber doch vorzuwerfen. Da wäre der analytische Haken, dass Kinderkriegen und Elternwerden zwar subjektiv ein gewaltiger Umwälzungsprozess, objektiv aber eben kein bisschen radikal neu sind, schon gar nicht körperlich oder politisch. Bei all ihrem Gerede über existenzielle Dimensionen und ihrem Anspruch („ich übe einen intellektuellen Beruf aus“, „natürlich haben wir nicht nur Bananenbrei vom Boden gewischt, sondern auch über die philosophische Dimension von Elternschaft diskutiert“) blenden die Autoren alles aus, was nicht ihre persönliche Erfahrung ist oder eine Anekdote aus der Geistesgeschichte des Abendlandes. Aus Erfahrungen, die zugleich supersubjektiv und überaus verbreitet sind, werden immer wieder neue, interessante Erkenntnisse gewonnen. Aber wenn man sie nur mit Belesenheitslack überpinselt, wie das Flaßpöhler und Werner tun, bleiben sie leider meist ziemlich banal. Flaßpöhler etwa schildert sich als glückliche Schwangere, deren Bauch „eine Kugel wie die Erde“ ist und nimmt das zum Anlass, den „Kugelmenschen“-Mythos von Aristophanes zusammenzufassen. Sie schreibt über ihr Dilemma, als intellektuelle Frau jetzt so ein Körper zu sein, der Babys macht und zitiert dazu den bösen alten Ober-Misogynen Nietzsche. Sie schreibt über die Freiheit, die in der Verantwortung liegt und macht das, logo, mit Kierkegaard.
Ein paar feinere Werkzeuge hätten gutgetan. So gewinnt man aus der Lektüre wenig von dem Licht und der Hoffnung, die das Kinderhaben im besten Fall spendet, und man gewinnt auch recht wenige Erkenntnisse. Was entsteht, ist vor allem ein unangenehmer Eindruck. Hier müssen sich zwei ausgiebig vergewissern, dass Elternschaft bei ihnen nicht einfach nun der Fall ist wie bei vielen anderen auch, sondern, dass der Zustand ausdrücklich nicht unter ihrem intellektuellen Niveau liegt. Und das wiederum hat der Zustand so nicht verdient.
MEREDITH HAAF
Svenja Flaßpöhler, Florian Werner: Zur Welt kommen. Elternschaft als philosophisches Abenteuer. Blessing Verlag, München 2019. 224 S., 18 Euro.
„Immer wenn ich
Stuhlbeschwerden habe, muss ich
an den Geburtsvorgang denken“
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Perlentaucher-Notiz zur FAS-Rezension

Nun gut, einige "ganz lustige Gedanken" hat Rezensentin Annabelle Hirsch in diesem Buch entdeckt, in dem die Philosophin Svenja Flaßpöhler und ihr Partner Florian Werner Elternschaft als philosophisches Abenteuer diskutieren und in 44 Begriffen Probleme wie "Anfangen", "Muttermund", "Penis" oder "Stammbaum" erkunden. Doch für Hirsch ist die Grenze zur Peinlichkeit bald überschritten. Sprachlich, wenn die Autoren im "pullerwarmen Wasser" plantschen, inhaltlich, wenn Werner beim Babyschwimmen pornografische Assoziationen überkommen. Und auch wenn Hirsch philosophische Anklänge etwa an Levinas erkennt, findet sie es gruselig, wie sich das Paar eine "Zukunft der Fruchtbarkeit" ausmalt.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Sie wagen sich ins Ungewisse. Svenja Flaßpöhler und Florian Werner haben als Paar ein Buch über ihre Elternschaft geschrieben: selbstironisch, klug und nachdenklich.« Elisabeth von Thadden, DIE ZEIT