Bachelorarbeit aus dem Jahr 2016 im Fachbereich Russistik / Slavistik, Note: 1,5, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald (Institut für Slawistik), Veranstaltung: Slawische Sprachwissenschaft, Sprache: Deutsch, Abstract: Sprache schafft nicht Realität, sondern geht von den universellen Erfahrungen der Menschen aus und formuliert Realität sowohl ideell als auch materiell auf einzelsprachlich eigene Weise. Dass die über Jahrhunderte hinweg entstandenen Begriffe und Strukturen sich dabei von Sprache zu Sprache unterscheiden, führt zu einer einzelsprachlich spezifischen Weltansicht. Die Idee der einzelsprachlichen Weltansicht wird auf Wilhelm von Humboldt zurückgeführt, dessen sprachphilosophisches Denken gerade im Kontext neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse wiederentdeckt wird. Man spricht von einer „Humboldt-Renaissance“ in den letzten zehn Jahren, was Anlass dazu gibt, das Prinzip der sprachlichen Relativität neu zu überdenken. In der vorliegenden Arbeit soll eine sprachphilosophische Neubetrachtung angestellt werden, auf das, was vor dem Hintergrund des Chomsky’schen Universalismus für absurd erklärt wurde, nämlich, dass einzelsprachliche Strukturen in direkter Weise auf Denkprozesse des Menschen Einfluss nehmen. Hierzu soll insbesondere die Betrachtung der Zweisprachigkeit unter sprachphilosophischen Gesichtspunkten neue Erkenntnisse beitragen. Wenn es stimmt, dass wir die Welt stets durch die strukturierende Brille einer Muttersprache wahrnehmen, was passiert dann, wenn ein Mensch zwei Muttersprachen hat? Denkt eine bilinguale Person in ihren jeweiligen Sprachen auf unterschiedliche Art und Weise und wechselt mit der Sprache ihre Weltansicht gleich mit? Aktuelle Erkenntnisse aus der Bilingualismusforschung können die Debatte um die sprachliche Relativitätstheorie erneut anregen, jahrhundertealtes Sprachdenken in ein neues Licht rücken und darüber hinaus die Zweisprachigkeit als individuellen und gesellschaftlichen Gewinn herausstellen.