Antiken Zeugnissen zufolge haben sich am Ende des 5. Jahrhunderts v.Chr. verschiedene griechische Intellektuelle beim politisch weitsichtigen König Archelaos von Makedonien (413-399 v.Chr.) aufgehalten. Zu diesen zählen die namhaften Tragiker Euripides und Agathon, der Dithyramben- und Nomendichter Timotheos von Milet, der Epiker Choirilos von Samos und der Maler Zeuxis. Ob es sich bei den Berichten über diese Makedonienaufenthalte um tatsächliche Begebenheiten oder um ein in der antiken Tradition entstandenes fiktives Konstrukt handelt, kann nicht immer eindeutig entschieden werden. Christine Hecht widmet sich in ihrer Untersuchung erstmals den poetischen bzw. - im Falle des Malers Zeuxis - künstlerischen Werken dieser Intellektuellen, um die Frage nach der Fiktionalität der Makedonienzeugnisse zu erörtern. Ein wichtiges Ergebnis ihrer ausführlichen philologisch-stilistischen sowie musikalisch-akustischen Analysen ist, dass die Dichter und Künstler bei Archelaos poetische Gestaltungsformen und strukturelle Phänomene verwendet haben, die auf den ca. 100 Jahre später nachfolgenden Hellenismus vorausweisen. Die Gelehrten werden von der antiken Tradition also entweder fiktiv dem König Archelaos zugeordnet, um das "hellenistische" Modell von Personen, die im Umfeld eines Herrschers arbeiten und produzieren, auf diesen wichtigen Vorgänger Philipps II. und Alexanders d.Gr. rückzuprojizieren. Oder es lässt sich hier - sollten die berichteten Makedonienaufenthalte Historizität beanspruchen können - ein frühes Beispiel der Patronage Intellektueller aus Athen erkennen, wie sie vor allem für das ptolemäische Alexandria prominent wurde.
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