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Im September 1944 betrat erstmals ein amerikanischer Soldat deutschen Boden, einen Monat später wurde Aachen als erste große Stadt besetzt. Deutschlands Stunde Null hatte begonnen, und von nun an sahen sich die Alliierten völlig neuen Herausforderungen ausgesetzt. Noch während deutsche Truppen in erbitterten Kämpfen niedergeschlagen wurden, mussten die Eroberungen gesichert werden, galt es, der kritischen Situation in den überfüllten Gefangenenlagern Herr zu werden, waren Millionen Flüchtlinge aus Mittel- und Osteuropa aufzunehmen. Und vor allem: Die nationalsozialistische Ideologie sollte so…mehr

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Produktbeschreibung
Im September 1944 betrat erstmals ein amerikanischer Soldat deutschen Boden, einen Monat später wurde Aachen als erste große Stadt besetzt. Deutschlands Stunde Null hatte begonnen, und von nun an sahen sich die Alliierten völlig neuen Herausforderungen ausgesetzt. Noch während deutsche Truppen in erbitterten Kämpfen niedergeschlagen wurden, mussten die Eroberungen gesichert werden, galt es, der kritischen Situation in den überfüllten Gefangenenlagern Herr zu werden, waren Millionen Flüchtlinge aus Mittel- und Osteuropa aufzunehmen.
Und vor allem: Die nationalsozialistische Ideologie sollte so schnell wie möglich aus dem Leben der Deutschen verschwinden. Politische Führer mussten entmachtet und zur Verantwortung gezogen werden, und zugleich war das zivile Leben neu zu organisieren. Für all das gab es keinen Masterplan. Deutschland, so Frederick Taylor, war für die westlichen Besatzungsmächte zunächst wie ein leeres Blatt. Eindringlich zeichnet er nach, wie dann jedoch die Lernprozesse begannen und ein fundamentaler Bewusstseinswandel einsetzte.
Zwischen Krieg und Frieden erzählt diese dramatischen zwei Jahre deutscher Geschichte aus der Perspektive der Besatzer und der Besetzten, aus der Sicht der militärischen und politischen Führer wie der einfachen Menschen. Es ist ein beeindruckend vielstimmiges Bild, das nuancenreiche Panorama einer Umbruchzeit, in der nicht weniger als die Voraussetzungen für eine neue Gesellschaft geschaffen wurden.

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Autorenporträt
Frederick Taylor hat Neue Geschichte und Germanistik studiert und ist Fellow der Royal Historical Society. Seine Bücher Dresden. Dienstag, 13. Februar 1945 und Die Mauer. 13. August 1961 bis 9. November 1989 wurden in mehrere Sprachen übersetzt und waren internationale Bestseller. Er lebt in Cornwall.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.12.2011

Gehversuche der besiegten Deutschen
Frederick Taylor scheitert mit seinem Buch über die Besetzung und Entnazifizierung in den Jahren 1944 bis 1946

Nach Fertigstellung seines Monumental-Werkes über die russische Gesellschaft in Krieg und Frieden Anfang des 19. Jahrhunderts meinte Lew Tolstoi: "Ohne falsche Bescheidenheit - es ist wie die Ilias." Man muss Selbstbewusstsein oder keine rechten Maßstäbe besitzen, um ein Buch über die Besetzung und Entnazifizierung Deutschlands 1944 bis 1946 mit dem Titel "Zwischen Krieg und Frieden" auf den Markt zu schicken. Der tolstoi'sche Anklang macht die abgrundtiefe Kluft zwischen Versprochenem und dem im Buch Gebotenen zur Peinlichkeit. Nach "Dresden" (1945) und "Die Mauer" ist dies innerhalb weniger Jahre der dritte und schwächste 500-Seiter des britischen Autors Frederick Taylor zu Marksteinen der deutschen Zeitgeschichte.

Krieg, Eroberung, Besetzung, Sturz der Hitler-Diktatur, Befreiung, Sieg der Demokratie und die Importierung einer neuen Diktatur waren zweifellos ein geschichtliches Epos und menschliches Drama, die beschrieben sein wollen. 1945 berührten sich zwei Zeitalter, und das Erleben der Menschen erfuhr eine Verdichtung wie selten zuvor und selten danach. Es waren Jahre, in denen Sieger und Besiegte von der ersten Minute an in beständigem Gegen- und Miteinander die Weichen für Jahrzehnte stellten. Diesem unerhört vielschichtigen Geschehen ist mit der Reproduktion zeitgenössischer Klischees nicht beizukommen. Dabei sind diese Schlüsseljahre der deutschen Geschichte, die aufs engste mit der weltgeschichtlichen Konfrontation der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion verwoben sind, mittlerweile gut erforscht. Ein Blick in Taylors Literaturverzeichnis zeigt, dass er das allermeiste davon nicht zur Kenntnis nimmt. Er begnügt sich meist mit der Aneinanderreihung von allerlei bunten, mit dem Knattern des berühmten Mantels der Geschichte unterlegten Geschichten und Geschichtchen. So gut wie nie dringt Taylor, der sich in seinen Urteilen häufig selbst widerspricht, zum Kern der Probleme vor.

Das beginnt damit, dass die Geschichte der Besatzungsjahre ohne ihre Vorgeschichte - die Kriegsjahre - nicht zu begreifen ist: zum Beispiel nicht ohne die Tatsache, dass die deutschen industriellen Kapazitäten eben nicht größtenteils zerstört waren; oder wenigstens ein Wort darüber zu verlieren, dass durch den Endphase-Terror des Regimes gegen die eigene Bevölkerung und die an jedem Ort zu besichtigende erbärmliche persönliche Feigheit der flüchtenden NS-Bonzen bereits eine Trennung vom Nationalsozialismus als einer politisch virulenten Kraft stattgefunden hatte. Die Quintessenz bei der Aufstellung des "Volkssturms" im Herbst 1944, nämlich nun auch noch die nicht in der Wehrmacht dienende männliche Bevölkerung kriegsgerichtlicher Verfolgung zugänglich zu machen, erfährt man ebenfalls nicht.

Dieselbe Fehlanzeige bei dem über Jahrzehnte genüsslich ausgeweideten Thema "Morgenthau": Die amerikanische und britische Besatzungspolitik ließ die besiegten Deutschen gerade nicht "im eigenen Saft" schmoren, sondern rettete sie vor dem Hungertod durch den sofortigen Import von Nahrungsmitteln, deren Wert die späteren Marshallplan-Hilfen weit überstieg. Einmal sind für Taylor die Entbehrungen der deutschen Zivilbevölkerung von den Besatzungsmächten "absichtlich verursacht", zwei Zeilen weiter "unvermeidlich". Der eigentliche Effekt der kurzlebigen Intervention des amerikanischen Finanzministers und Roosevelt-Vertrauten Morgenthau bestand neben einer Verschärfung der Entnazifizierungsbestimmungen vor allem in einer verschärften Reparationsund Demontagepolitik; auch zu diesem Kardinalproblem der Besatzungsjahre nur Oberflächliches. Nicht einmal der Begriff "Industrieniveauplan", ein Hauptstreitpunkt, taucht im Register auf. Dass die vielkritisierte Anweisung JCS 1067 für den amerikanischen Militärgouverneur nie in dem behaupteten destruktiven Sinne wirksam werden konnte, weil sie durch die Vereinbarungen von Potsdam beziehungsweise des Kontrollrats entkräftet wurde, erfährt der Leser ebenfalls nicht.

Die Schilderung der Entnazifizierung (des Öfteren wird auf "jüdische Entnazifizierer" verwiesen), welche den Blick nach vorne richtete, weil es ihr darauf ankam, Belastete künftig von wichtigen Positionen fernzuhalten, verwirrt mehr, als sie klärt, und vermengt die politische Säuberung obendrein mit der justitiellen Aufarbeitung von NS-Verbrechen, die den Blick zurückwandte und der es um die Ahndung persönlicher Schuld ging. Die Behauptung "Deutsche Kollektivschuld und eine alliierte Politik, die letztlich eine Bestrafung zum Ziel hatte, wurden rasch zu unausgesprochenen Leitvorstellungen, die das Handeln der Sieger in der Zeit unmittelbar vor und nach der Kapitulation bestimmten" findet keine Stütze in der Realität. Gerade die Frühzeit der Besetzung war bei aller Konsequenz in Sicherheitsfragen von einem unvermeidlichen Pragmatismus des Durchwurstelns der Militärverwaltungen bestimmt.

Schließlich, um ein weiteres Bespiel herauszugreifen, die mangelnde Kontrastierung der Entwicklung in der Ostzone einerseits und den Westzonen andererseits: Wir haben es 1944/45 nicht nur mit zweierlei Kriegsenden zu tun, die - alles in allem - von einem freundlichen Feind im Westen und einem rächenden Feind im Osten geprägt waren, sondern auch mit einer rasanten politischen Auseinanderentwicklung zwischen Ost und West vom ersten Tage der Besetzung an. Anders als Taylor es nahelegt, verursachte der Kalte Krieg diese Entfremdung nicht, er beschleunigte sie nur. Der Demokratiegründung im Westen stand von Anfang an eine Diktaturdurchsetzung im Osten gegenüber - verstanden als die schrittweise Einschränkung eigenständiger Gestaltungsmöglichkeiten unter Verhinderung, Umgehung oder Vortäuschung demokratisch-rechtsstaatlicher Verfahren im Zusammenspiel zwischen sowjetischer Besatzungsmacht und KPD/SED. Die alliierte Besetzung und die Teilung Deutschlands verschmolzen zu ein und demselben Vorgang. Die deutsche Trennung vom Nationalsozialismus ging mit der Trennung Ostdeutschlands vom Westen Hand in Hand.

Die Geburt der Nachkriegswelt und die ersten Gehversuche des besiegten Deutschlands verlangen in der Beschreibung mehr als einen gefälligen Stil und geschickte Collagen. Gerade ein Buch, das sich an das breite Publikum richtet, müsste den Dingen auf den Grund gehen, erklären und dabei womöglich sogar deutlich machen, dass wir die seinerzeit Handelnden nicht nachträglich moralisch überfordern sollten. Tolstoisches Genie ist dafür nicht erforderlich.

KLAUS-DIETMAR HENKE.

Frederick Taylor: Zwischen Krieg und Frieden. Die Besetzung und Entnazifizierung Deutschlands 1944-1946. Berlin Verlag, Berlin 2011. 560 S., 28,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

So geht?s nicht, findet ein sichtlich verärgerter Klaus-Dietmar Henke angesichts dieses, wie er findet, sehr unbescheiden auftretenden, aber dafür umso schwächeren, stilistisch mehr als gefälligen Buches über die Besetzung und die Entnazifizierung Deutschlands zwischen 1944 und 1946, ein wichtiges Thema gleichwohl. Der Vielschichtigkeit der historischen Ereignisse wird Frederick Taylor seiner Meinung nach ganz und gar nicht gerecht, ein umso schlimmeres Versäumnis, als Henke (offenbar im Gegensatz zum Autor) die Forschung kennt, und die ist gut und umfassend. Taylor begnüge sich hingegen mit Klischeereproduktion und Anekdotischem und erreiche den Kern der Sache fast nie. Als Beispiele nennt Henke die unzulässige Vermengung von politischer Säuberung und justitieller Aufarbeitung von NS-Verbrechen sowie die mangelnde Unterscheidung von Ost- und Westzone. Den Dingen auf den Grund gehen, geht anders, meint Henke.

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