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Saratoga/New York, Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Afro-Amerikaner Solomon Northup lebt ein einfaches aber glückliches Leben als freier Mann. Als zwei Fremde den virtuosen Geigenspieler für einen Auftritt engagieren und danach noch auf einen Drink einladen, schöpft Solomon keinerlei Verdacht. Umso größer ist sein Entsetzen, als er sich am nächsten Morgen in Ketten gelegt auf einem Sklavenschiff Richtung Louisiana wiederfindet! Jeder Hinweis auf seine verbrieften Freiheitsrechte verhallt ungehört: Solomon wird verkauft und muss unter schlimmsten Bedingungen Fronarbeit leisten. Zwölf lange Jahre…mehr

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Produktbeschreibung
Saratoga/New York, Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Afro-Amerikaner Solomon Northup lebt ein einfaches aber glückliches Leben als freier Mann. Als zwei Fremde den virtuosen Geigenspieler für einen Auftritt engagieren und danach noch auf einen Drink einladen, schöpft Solomon keinerlei Verdacht. Umso größer ist sein Entsetzen, als er sich am nächsten Morgen in Ketten gelegt auf einem Sklavenschiff Richtung Louisiana wiederfindet! Jeder Hinweis auf seine verbrieften Freiheitsrechte verhallt ungehört: Solomon wird verkauft und muss unter schlimmsten Bedingungen Fronarbeit leisten. Zwölf lange Jahre sucht er nach einem Weg, sich aus der Gefangenschaft zu befreien und dabei zu überleben... Wird er seine geliebte Familie jemals wiedersehen?

Bonusmaterial

- Vom Buch zum Film - Featurettes: Chiwetel Ejiofor wird Solomon Northup • Die Vision des Regisseurs • Ein Portrait über Solomon Northup - Deutscher Trailer - Original Trailer
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.01.2014

Die Klischeebildkette brechen

Wie kann das Kino von der Sklaverei erzählen, ohne in den Standardsituationen, die "Roots" gesetzt hat, festzusitzen? Steve McQueen zeigt in seinem Film "12 Years a Slave" eine Möglichkeit.

Anweisungen, wie Zuckerrohr zu schneiden sei, gebrüllt aus dem Off, dazu das Bild einer Gruppe von Sklaven, die uns anschauen, dort dann einer, der heraussticht, der Mann, dessen Geschichte wir gleich sehen werden, Solomon Northup (Chiwetel Ejiofor). Mit diesem Bild eröffnet einer der aufsehenerregendsten Filme des vergangenen Jahres: "12 Years a Slave". Der Sklaverei mit den Mitteln des Kinos ins Auge zu blicken, das ist sein Ziel. Ein Menschheitsverbrechen, das nie genügend Aufmerksamkeit erhielt, auf die große Leinwand zu bringen sein Anliegen. In dieser Woche, die mit einem Golden Globe als "Bester Film" für den mit Preisen bereits überhäuften Film beginnt, kommt er endlich am Donnerstag auch in unsere Kinos.

Steve McQueen, der britische Künstler aus Amsterdam, hat zuvor fürs Kino "Hunger" gedreht und "Shame", zwei formal radikale Filme, die in ihrer reduzierten Ästhetik gleichsam als Versuchsanordnung mit einem Körper (jeweils Michael Fassbender) inszeniert waren. Jetzt legt er mit "12 Years a Slave" zum ersten Mal einen Film vor, der den Regeln des Erzählkinos in größerem historischen Rahmen folgt, indem er seine wahre, unfassliche Geschichte vor uns ausbreitet - die Geschichte eben von Solomon Northup, einem freien schwarzen Mann aus Saratoga im Staat New York (wo die Sklaverei bereits verboten war), der im Jahr 1841 in Washington D.C. (der Schauplatz schenkt uns einen leichten Schwenk hin zum Kapitol) gekidnappt und nach einer langen Überfahrt als Sklave nach Louisiana verkauft wird. Sein erster Besitzer, William Ford (Benedict Cumberbatch), versucht eine Weile, ihn zu beschützen, muss ihn dann als Schuldendienst aber weitergeben an Edwin Epps (Michael Fassbender), auf dessen Plantage ein Klima von Willkür und Sadismus herrscht.

Deren Opfer ist vor allem Patsey (Lupita Nyong'o), eine Schönheit von einiger Intelligenz und Widerstandskraft, die von Epps, dieser angetrieben von Lust und Alkohol, in unkontrollierbarer Weise begehrt wird, wofür er sie bestraft und misstrauisch verfolgt, während seine Frau (Sarah Paulson) ihrerseits Patsey immer wieder besonders erniedrigt.

Zwei Schlüsselszenen: In der ersten erwacht Solomon, nachdem er in der Nacht zuvor betrunken gemacht worden war, ohne Kleider in einem kahlen kalten Raum und wird dort zu dem Mann, der alles verloren hat, zuallererst seine Familie, die nicht weiß, wo er geblieben ist, und seine Freiheit; und er wird zu einem, der seine Fähigkeiten als gebildeter Mann der Mittelklasse verstecken muss, um zu überleben. Der vorgeben muss, ungebildet und affektgetrieben zu sein. Es ist eine Pointe gerade der Geschichte von Solomon Northup, dass sein Besitzer Epps derjenige ist, der seine Triebe nicht zügeln kann, der eine schwarze Frau vergewaltigt und nachhaltig begehrt, es aber nicht wagen würde, wie sein Nachbar es tat, sie auch zur Frau zu nehmen, wäre er nicht verheiratet. Wie Patsey und Pat (so Solomons Sklavenname) ist Epps ebenfalls ein Gefangener der Institution Sklaverei, die Opfer und Ungeheuer hervorbringt.

Wenn wir an "Django Unchained" zurückdenken, an den Spaß an dieser schwarzen Rachephantasie, die sich ein Weißer ausgedacht hat, ist dies im Rückblick dann doch problematisch - dass dort ein Schwarzer all seinen Affekten, seiner Grausamkeit, seiner Lust am Töten nachgeben soll, gerade so, wie es die schrecklichsten Ängste der Weißen immer phantasierten: Die Schwarzen kämen über sie wie die wilden Tiere. Solomon Northup hat sich nicht gerächt. Er hat ein Buch geschrieben! Sublimiert. Und damit den unwiderlegbaren Beweis der Kulturfähigkeit jener Menschen geliefert, die kulturfähig auf keinen Fall sein sollten.

Solomon wurde damals von einem Mann befreit, den Brad Pitt in einer seiner weniger überzeugenden Rollen spielt (er ist einer der Produzenten) - wie überhaupt die Rollen, die sich etwas vom Zentrum um Solomon und Epps entfernt bewegen, ein wenig mehr Aufmerksamkeit von Drehbuchautor (John Ridley) und Regisseur verdient hätten.

Brad Pitt also ist der weiße Retter, eine Figur, die in "Django Unchained" eine so herausragende Rolle spielt. Hier bleibt er Randfigur, nur skizziert, vielleicht gerade weil "der weiße Retter" ein solches Klischee ist.

Damals ist es tatsächlich so geschehen, das erzählt jedenfalls Solomon Northup in seinem Buch. Darin hat er seine Geschichte und auch, darauf wies gerade wieder die Historikerin Natalie Zemon Davis hin, die Geschichte zweier Frauen festgehalten - die von Eliza (Adepero Oduye) nämlich, die auf dem Sklavenmarkt von ihren Kindern getrennt wird, und von Patsey.

McQueen rückt diese Geschichten als eigene fast aus dem Blickfeld. Er bleibt bei Solomon, möglicherweise ist das, wie auch die saftige Musik von Hans Zimmer, ein Kompromiss mit den Konventionen des Erzählens im Kino.

Immer wieder hat McQueen in Gesprächen auf den Umstand hingewiesen, wie wenig (er sagte oft auch: keine) Filme es über die Sklaverei gebe, und das ist so. "Amistad" (1997, Regie Steven Spielberg) und "Menschenkind" (1998, Regie Jonathan Demme) fallen einem ein, und als jüngster Quentin Tarantinos "Django Unchained". Außerdem kommt die Sklaverei am Rande und in sentimentaler Verklärung natürlich auch in "Vom Winde verweht" und anderen Südstaatenepen vor und als großes, unsichtbares Hintergrundpanorama in Steven Spielbergs "Lincoln". Aber "12 Years a Slave" ist all diesen Filmen überlegen. Sein Held ist ein freier Mann. Und als solcher macht er die Erfahrung, versklavt zu werden. Das macht ihn außergewöhnlich. Das erlaubt ihm den aufgeklärten Blick auf eine Institution, deren Perfidie kaum bis ins Letzte ausgeleuchtet ist.

Die zweite Schlüsselszene: Epps verlangt von Solomon, Patsey auszupeitschen. Eine grausame Variation der an sich schon grausamen Standardsituation, wenn es um Sklaverei geht. In einer qualvollen Plansequenz, die ewig lang zu dauern scheint, fängt die Handkamera (Sean Bobbitt) die dreißig Peitschenhiebe auf den nackten Rücken von Patsey ein, die an einen Baum gefesselt ist, erst aus der Sicht von Solomon, der schlägt, dann aus der Perspektive der Umstehenden, schließlich mit dem neugierigen Blick des Voyeurs auf das zerfetzte Fleisch.

"12 Years a Slave" öffnet sich mit diesem Blick, der McQueen nicht einfach unterlaufen sein kann, der Frage, die er für sich selbst zuvor längst beantwortet hat: Müssen wir im Zusammenhang der Sklaverei nicht dieselbe Diskussion führen, die nach Claude Lanzmanns "Shoah" immer wieder im Hinblick auf die filmische Darstellung des Holocaust geführt worden ist? Ob nämlich die nachgestellten Bilder, die dramaturgischen Notwendigkeiten unterworfene Inszenierung, die gestellten Reaktionen in den Gesichtern von Schauspielern, die wir aus ganz anderen Kontexten kennen, ob all dies überhaupt eine angemessene Darstellungsform eines historischen Menschheitsverbrechens sein kann. Oder ob andere Formen, andere Bilder, andere Darstellungsweisen den Opfern gegenüber respektvoller wären.

Seit der Fernsehserie "Roots" (1977) gibt es im Kino einen Fundus an Bildern, die zum Thema gehören - die Auspeitschung gehört dazu, aber doch nicht so grausam. Das solidarische Zusammensein der Sklaven gehört dazu, das auch Northup beschreibt, vielleicht hat McQueen das deshalb großenteils weggelassen. Eine Liebe gehört dazu, die McQueen hier nur als physische Notlage inszeniert. Er wollte einen Film mit neuen Bildern. Und er hat ihn gedreht.

VERENA LUEKEN

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