An jedem Tag seines Lebens schuf Picasso neue Kunstwerke: Zeichnungen, Skulpturen, Radierungen, Gemälde. Sein Oeuvre lässt sich darum auch als überdimensionales Tagebuch lesen, in dem sich Leben und Geschichte vermischen: zwei Weltkriege, der spanische Bürgerkrieg, Amouren und Freundschaften, seine Ateliers, das Mittelmeer, Zirkus und Stierkampf, Lebensfreude und Verzweiflung, die Leidenschaft für die Kunst...
Die DVD dokumentiert 13 Tage, die zu Wendepunkten in Picassos Leben wurden. Jedes Kapitel folgt einem eigenen Rhythmus und erzählt eine in sich abgeschlossene Geschichte anhand von Skizzenbüchern, berühmten oder weniger berühmten Kunstwerken, Gesprächen, Filmausschnitten und Fotos. Das Archivmaterial und bislang unveröffentlichte Dokumente lassen dabei den Menschen und Künstler vor dem Hintergrund seiner Epoche lebendig werden.
Die detaillierte Kapitelsetzung macht diese DVD zu einer interaktiven Biografie von Pablo Picasso.
Die DVD dokumentiert 13 Tage, die zu Wendepunkten in Picassos Leben wurden. Jedes Kapitel folgt einem eigenen Rhythmus und erzählt eine in sich abgeschlossene Geschichte anhand von Skizzenbüchern, berühmten oder weniger berühmten Kunstwerken, Gesprächen, Filmausschnitten und Fotos. Das Archivmaterial und bislang unveröffentlichte Dokumente lassen dabei den Menschen und Künstler vor dem Hintergrund seiner Epoche lebendig werden.
Die detaillierte Kapitelsetzung macht diese DVD zu einer interaktiven Biografie von Pablo Picasso.
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / SzenenanwahlFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.05.2009Der Montagsmaler
Ein Zeichenfilm ohne Trick: "Picasso" von Henri-Georges Clouzot
Henri-Georges Clouzot: "Picasso".
AT Medien. 75 Minuten. Französisch, deutsche Untertitel. Extras: Einstündige Doku über "Picassos Friseur".
Man würde viel dafür geben, sagt Henri-Georges Clouzot noch vor dem Vorspann, zu wissen, was in Rimbauds Kopf vorging, als er "Le bateau ivre" schrieb, oder in dem von Mozart, als er die Jupiter-Symphonie komponierte. Um allerdings zu wissen, was im Kopf eines Malers vor sich gehe, genüge es, seiner Hand zu folgen. Da traf es sich, dass der Regisseur mit dem größten aller Maler befreundet war, seit er Pablo Picasso 1952 in Nîmes bei einem Stierkampf kennengelernt hatte.
Sie hatten wohl schon gelegentlich über ein gemeinsames Projekt gesprochen, aber konkrete Formen nahm es erst an, als Picasso aus Amerika Filzstifte geschickt bekam, deren Farbfluss so ergiebig war, dass der Maler nach seinen ersten Skizzen feststellte, dass die Tinte nicht nur auf die Rückseite, sondern auch auf die folgenden Seiten seines Blocks durchgeschlagen war. Dass Picasso aus diesem Umstand sogleich die richtigen Schlüsse darüber zog, wie das dem Filmprojekt helfen könnte, nennt Clouzot ein Bespiel für die "diabolische Imagination" des Spaniers. Die Lösung für das Problem, wie sich der reine Akt der Schöpfung zeigen ließe, bestand darin, das Papier in einen Holzrahmen zu spannen, auf dessen einer Seite der Maler sitzt, während die Kamera auf der Rückseite aufnimmt, wie die Zeichnung durch das Papier schlägt. Denn es ging Clouzot nicht darum, dem Künstler bei der Arbeit über die Schulter zu schauen; er wollte das freie Spiel seiner schöpferischen Kräfte beobachten, ohne dass sich seine physische Präsenz - die bei Picasso geradezu legendär war - dazwischenschob. Ein Maler vor einem weißen Blatt ergibt gleich eine ganz andere Art von kinematographischer Erzählung als die Sorte Zeichentrick, bei der der Betrachter einen unverstellten Blick auf die Leinwand hat. Das Einzige, was an die körperliche Anwesenheit des Künstlers erinnert, ist das Schaben und Quietschen der Filzstifte, wenn sie über die Fläche tasten oder sausen.
In der ersten Hälfte des Films sieht man auf diese Weise ein ums andere Bild wie von Zauberhand entstehen, Akte, Tiere, Stierkämpfe - und tatsächlich ergibt sich einige Spannung aus der Frage, wozu die Punkte, Striche oder Farbflächen sich am Ende fügen werden. "Le Mystère Picasso" heißt der Film im Original, aber merkwürdigerweise erzeugt er weniger den Eindruck, man könne hier dem heiligen Geheimnis schöpferischer Kraft auf die Spur kommen, als jene Art Neugier, mit der man auch Pflastermalern dabei zusieht, wie sie mit ihren Kreiden alte Meister kopieren. Auch wenn es paradox ist, beschleicht einen doch das Gefühl, einem Maler zuzuschauen, der mit traumwandlerischer Sicherheit Picasso nachäffen kann. Als würde das Kino zwangsläufig selbst das Original in eine gelungene Kopie verwandeln.
Als der Film 1956 in Cannes Premiere hatte, gewann er den Spezialpreis der Jury; selbst André Bazin sprach von einem "bergsonianischen Film". Trotzdem muss man heute unwillkürlich an Bob Ross denken, den kuriosen Late-Night-Propheten der Hobbymaler, der in seinen Videos den Leuten vormachte, wie sie im Handumdrehen stimmungsvolle Naturszenen oder Sonnenuntergänge in Öl malen können. Dieser Montagsmaler-Effekt ist aber nur eine anfängliche Irritation, denn Clouzot verzichtet ja gerade auf jede didaktische Hilfestellung, lässt zur Veranschaulichung Picasso jedoch einmal fragen, wie lange das jetzt gedauert habe - und die Antwort "Fünf Stunden" macht plötzlich bewusst, dass das Kino hier der Malerei gelegentlich auch auf die Sprünge hilft.
Nur einmal kann sich der Regisseur von "Lohn der Angst" nicht zurückhalten und erzeugt so etwas wie Suspense. Es sei nur noch Material für fünf Minuten in der Kamera, sagt der Regisseur: Ob er die Rolle wechseln solle? Aber Picasso winkt ab: Das reiche schon. Und dann sieht man ihn mit der größten Gelassenheit gegen das ratternde Laufwerk anmalen. Als würde die Kunst das Kino zum Duell herausfordern.
MICHAEL ALTHEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Zeichenfilm ohne Trick: "Picasso" von Henri-Georges Clouzot
Henri-Georges Clouzot: "Picasso".
AT Medien. 75 Minuten. Französisch, deutsche Untertitel. Extras: Einstündige Doku über "Picassos Friseur".
Man würde viel dafür geben, sagt Henri-Georges Clouzot noch vor dem Vorspann, zu wissen, was in Rimbauds Kopf vorging, als er "Le bateau ivre" schrieb, oder in dem von Mozart, als er die Jupiter-Symphonie komponierte. Um allerdings zu wissen, was im Kopf eines Malers vor sich gehe, genüge es, seiner Hand zu folgen. Da traf es sich, dass der Regisseur mit dem größten aller Maler befreundet war, seit er Pablo Picasso 1952 in Nîmes bei einem Stierkampf kennengelernt hatte.
Sie hatten wohl schon gelegentlich über ein gemeinsames Projekt gesprochen, aber konkrete Formen nahm es erst an, als Picasso aus Amerika Filzstifte geschickt bekam, deren Farbfluss so ergiebig war, dass der Maler nach seinen ersten Skizzen feststellte, dass die Tinte nicht nur auf die Rückseite, sondern auch auf die folgenden Seiten seines Blocks durchgeschlagen war. Dass Picasso aus diesem Umstand sogleich die richtigen Schlüsse darüber zog, wie das dem Filmprojekt helfen könnte, nennt Clouzot ein Bespiel für die "diabolische Imagination" des Spaniers. Die Lösung für das Problem, wie sich der reine Akt der Schöpfung zeigen ließe, bestand darin, das Papier in einen Holzrahmen zu spannen, auf dessen einer Seite der Maler sitzt, während die Kamera auf der Rückseite aufnimmt, wie die Zeichnung durch das Papier schlägt. Denn es ging Clouzot nicht darum, dem Künstler bei der Arbeit über die Schulter zu schauen; er wollte das freie Spiel seiner schöpferischen Kräfte beobachten, ohne dass sich seine physische Präsenz - die bei Picasso geradezu legendär war - dazwischenschob. Ein Maler vor einem weißen Blatt ergibt gleich eine ganz andere Art von kinematographischer Erzählung als die Sorte Zeichentrick, bei der der Betrachter einen unverstellten Blick auf die Leinwand hat. Das Einzige, was an die körperliche Anwesenheit des Künstlers erinnert, ist das Schaben und Quietschen der Filzstifte, wenn sie über die Fläche tasten oder sausen.
In der ersten Hälfte des Films sieht man auf diese Weise ein ums andere Bild wie von Zauberhand entstehen, Akte, Tiere, Stierkämpfe - und tatsächlich ergibt sich einige Spannung aus der Frage, wozu die Punkte, Striche oder Farbflächen sich am Ende fügen werden. "Le Mystère Picasso" heißt der Film im Original, aber merkwürdigerweise erzeugt er weniger den Eindruck, man könne hier dem heiligen Geheimnis schöpferischer Kraft auf die Spur kommen, als jene Art Neugier, mit der man auch Pflastermalern dabei zusieht, wie sie mit ihren Kreiden alte Meister kopieren. Auch wenn es paradox ist, beschleicht einen doch das Gefühl, einem Maler zuzuschauen, der mit traumwandlerischer Sicherheit Picasso nachäffen kann. Als würde das Kino zwangsläufig selbst das Original in eine gelungene Kopie verwandeln.
Als der Film 1956 in Cannes Premiere hatte, gewann er den Spezialpreis der Jury; selbst André Bazin sprach von einem "bergsonianischen Film". Trotzdem muss man heute unwillkürlich an Bob Ross denken, den kuriosen Late-Night-Propheten der Hobbymaler, der in seinen Videos den Leuten vormachte, wie sie im Handumdrehen stimmungsvolle Naturszenen oder Sonnenuntergänge in Öl malen können. Dieser Montagsmaler-Effekt ist aber nur eine anfängliche Irritation, denn Clouzot verzichtet ja gerade auf jede didaktische Hilfestellung, lässt zur Veranschaulichung Picasso jedoch einmal fragen, wie lange das jetzt gedauert habe - und die Antwort "Fünf Stunden" macht plötzlich bewusst, dass das Kino hier der Malerei gelegentlich auch auf die Sprünge hilft.
Nur einmal kann sich der Regisseur von "Lohn der Angst" nicht zurückhalten und erzeugt so etwas wie Suspense. Es sei nur noch Material für fünf Minuten in der Kamera, sagt der Regisseur: Ob er die Rolle wechseln solle? Aber Picasso winkt ab: Das reiche schon. Und dann sieht man ihn mit der größten Gelassenheit gegen das ratternde Laufwerk anmalen. Als würde die Kunst das Kino zum Duell herausfordern.
MICHAEL ALTHEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main