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Wie ein Orkan bricht die 14-jährige in die verschlafene Kleinstadt ein. Wo Sibylla mit ihrer strubbeligen Mähne auftaucht, stiftet sie Unruhe und weckt lange verborgene Wünsche: Alexander, der begehrteste Mann der Stadt, führt plötzlich ein unkoordiniertes Sex-Leben mit diversen Damen. Sogar sein Sohn Pjotr verkanllt sich in Sibylla und darf sie auch schon mal nackt bewundern. Die Ballerina Veronika, die mit ihrem eifersüchtigen Gatten Liebe nach Plan macht und Seitensprünge genießt, oder ihr potenter Lover, der seine Männlichkeit fast unter einer Stahlpresse verliert - sie alle kehren…mehr

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Produktbeschreibung
Wie ein Orkan bricht die 14-jährige in die verschlafene Kleinstadt ein. Wo Sibylla mit ihrer strubbeligen Mähne auftaucht, stiftet sie Unruhe und weckt lange verborgene Wünsche: Alexander, der begehrteste Mann der Stadt, führt plötzlich ein unkoordiniertes Sex-Leben mit diversen Damen. Sogar sein Sohn Pjotr verkanllt sich in Sibylla und darf sie auch schon mal nackt bewundern. Die Ballerina Veronika, die mit ihrem eifersüchtigen Gatten Liebe nach Plan macht und Seitensprünge genießt, oder ihr potenter Lover, der seine Männlichkeit fast unter einer Stahlpresse verliert - sie alle kehren plötzlich ihr Innerstes nach außen. Während Sibylla dem liebestaumelnden Pjotr 100 Küsse verspricht, hat sie es sich in den Kopf gesetzt, dessen Vater zu verführen.

Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - Making Of - Animiertes DVD-Menü - Interviews
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.06.2001

Tiefer Fall des georgischen Kinos: Nana Djordjadzes "27 Missing Kisses"

Es war einmal ein Filmland, das hieß Georgien. In der Finsternis des späten Stalinismus kamen von dort einige der aufregendsten Lichtzeichen: Spielfilme von Otar Iosseliani, Sergej Paradschanow oder Tengis Abuladse, in denen man dem Kino bei der schönen und mühevollen Arbeit zuschauen konnte, die betonierten Lügen der Ideologie zu zersetzen. Inzwischen ist der Stalinismus tot - und mit ihm viele derjenigen, die ihn mit der Kamera bekämpft haben -, andere, ältere Gespenster verschatten den Weg ins Freie, Bürgerkriege zerreißen das Land, doch die ästhetischen Mittel, die Motive, die Bilderwelten von damals sind noch da; nur weiß niemand mehr, wie man sie gebraucht. Wohin das führen kann, sieht man in "27 Missing Kisses", einem Film, der aus den allegorischen Zauberpülverchen, mit denen einst die Tyrannen beschworen und zugleich ihre Zensoren betäubt wurden, einen Quark ganz eigener Art zusammenrührt.

Sommer in einem georgischen Städtchen: Die Kleider werden kürzer, die Hitze steigt den Bürgern, die nicht mehr Genossen heißen wollen, zu Kopf. Als nacheinander eine junge Nymphe (Nuza Kuchianidze) aus der Hauptstadt und eine alte Filmkopie aus dem Westen eintreffen, gibt es kein Halten mehr. Die Nymphe heißt Sibylla, der Film "Emmanuelle", den Rest kann man sich zusammenreimen. Der sittenstrenge Schuldirektor fällt mit der Französischlehrerin ins Bett, die ortsübliche Ballerina treibt es mit dem Nachtwächter der Stahlfabrik, indes ihr impotenter Ehemann, ein Artillerieleutnant, seine Geschütze vom Berg herabdonnern läßt, der Astronom Alexander, ein Prachtkerl wie aus klassischen sowjetischen Erntedank-Epen, steigt beim Schäferstündchen mit der Nachbarin auf Marxens "Kapital" - und so fort.

Damit die Geschichte auch ein bißchen philosophisch wirkt, hat die Regisseurin Nana Djordjadze den französischen Schauspieler Pierre Richard engagiert, der als pensionierter Aralsee-Kapitän mit aufgebocktem Kutter durch die Landschaft fährt (unser Bild, mit Amalia Mordwinowa) und allen Menschenkindern verkündet, sein früheres Meer sei ausgetrocknet und habe ihn auf Wanderschaft geschickt, neue, bessere Wasser zu suchen. Man spürt einen kleinen Stich von Wehmut, wenn man den Franzosen auf einem Traktor mit seinem Schiff im Schlepptau durch die nächtlichen Straßen fahren sieht, ein Zucken der Erinnerung an Filme von Fellini oder Angelopoulos, in denen das Allegorische noch im Gleichgewicht mit der Wirklichkeit war, die es kommentierte. Doch das geht vorbei, wie alles in diesem Film, der seinen Darstellern auch deshalb so penetrant unter Hemd und Rock schaut, damit wir nicht sehen, wie dünn das dramaturgische Mäntelchen ist, das ihm der Drehbuchautor Irakli Kvirikadze ("Luna Papa") geschneidert hat.

Daß die Nymphe Sibylla dem Knaben Mickey, dem Erzähler der Geschichte, einhundert Küsse versprochen hat, von denen sie umständehalber nur dreiundsiebzig einlösen kann, verleiht "27 Missing Kisses" einen Titel, aber keinen Sinn. Der Film sei "kein Kusturica-Verschnitt", betonen die deutschen Produzenten, als hätte Nana Djordjadze den Hauch eines Anspruchs darauf, mit Kusturica oder Manchevski oder irgendeinem anderen nennenswerten Regisseur des europäischen Ostens verglichen zu werden. Nein, sie bleibt auch mit diesem Schmarren dort, wo sie schon mit "1001 Rezepte eines verliebten Kochs" (1996) war: im Zwielicht zwischen Untergang und Anfang, in dem das alte Kino schon vorbei und das neue noch nicht sichtbar ist.

ANDREAS KILB

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