Mit ihrem diabolischen Anführer Adam (Rufus Sewell) wollen blutrünstige Vampire ihre eigene Nation errichten - die Vereinigten Staaten. In einer epischen Schlacht muss Abraham Lincoln (Benjamin Walker) alles riskieren, um Amerika von den untoten Blutsaugern zu befreien. Dabei ist er auf die Menschen angewiesen, die ihm am nächsten sind - auch wenn er nicht weiß, wem er in diesem nervenaufreibenden Kampf wirklich trauen kann...
Bonusmaterial
Audiokommentar von Autor Seth Grahame-Smith Das große Unheil Die Entstehung von Abraham Lincoln VampirjägerFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.01.2013Die Geschäfte des Herrn Abraham
Mit historischen Stoffen hat sich Steven Spielberg immer schwergetan. Das ist vorbei: Mit "Lincoln" erweist er sich als Meister des parlamentarischen Kostümfilms.
Eigentlich ist alles ganz einfach. Wenn zwei Dinge einem dritten gleichen, dann sind sie auch einander gleich - so hat es Euklid erklärt, der alte Grieche, und so wiederholt es der alte, müde, unter einer Wolldecke fröstelnde Abraham Lincoln vor seinen Adjutanten, die mit ihm in der Nachrichtenzentrale des Weißen Hauses sitzen und darauf warten, dass er ihnen ein nächtliches Telegramm diktiert. Es geht darum, was mit der Friedensdelegation aus den Südstaaten passieren soll. Der Amerikanische Bürgerkrieg geht in sein fünftes Jahr, die Konföderierten sind erschöpft, und auch der siegreiche Norden hat von Pulverdampf und Blut genug. Das Angebot aus Richmond würde in Washington auf offene Ohren stoßen, Lincoln muss die Delegierten, die eine Tagesreise entfernt auf einem Flussdampfer warten, nur noch empfangen. Aber er zögert.
Und dann fällt ihm Euklid ein, ein Lehrsatz in einem Schulbuch, und seine Anwendung in der Wirklichkeit: Schwarze sind Menschen, Weiße sind Menschen, also müssen beide einander gleichgestellt sein. Alles ganz einfach und doch so ungeheuer schwierig, ja unmöglich. Vier Jahre lang haben Nord- und Südstaaten, Union und Konföderierte deshalb gegeneinander gekämpft, und noch immer ist die Sklaverei nicht abgeschafft. Hunderte sterben täglich in den Schützengräben vor Wilmington und Petersburg, aber das, was sie dazu treibt, einander mit Bleikugeln und Bajonetten zu ermorden, existiert noch immer, und es wird weiterexistieren, falls der Frieden allzu früh zustande kommt. Und darum diktiert der sechzehnte Präsident der Vereinigten Staaten in dieser Nacht des 29. Januar 1865 ein Telegramm, das den Lauf der Geschichte ändert, indem es einen Schaufelraddampfer ohne Angabe von Gründen an seinem Ankerplatz am James River in City Point, Virginia, festhält.
Es geht um Politik in diesem Film, um das, was einer tun muss, um ein Ziel zu erreichen, das mit anderen, schwächeren Mitteln nicht erreicht werden kann. Und es geht um das Gewissen eines Mannes. Das eine ist in "Lincoln" ohne das andere nicht denkbar, und doch sind es zwei völlig verschiedene Dinge. Denn die innere Bewegung des Mannes, der Abraham Lincoln war, lässt sich schauspielerisch ausdrücken, und so, wie Daniel Day-Lewis ihn spielt, mit marionettenhaften Bewegungen, wurmstichiger Stentorstimme und linkischem Lächeln im Kolkrabengesicht, scheint er mit Lincoln selbst im Jenseits über seine Rolle konferiert zu haben, so restlos ist dessen Statur und Physiognomie in ihn übergegangen. Aber das, was in den vier Januarwochen des Jahres 1865 geschieht, in denen Lincoln den dreizehnten Verfassungszusatz zur Abschaffung der Sklaverei durch den amerikanischen Kongress zu bringen versucht, ist auch durch virtuoseste Ausdruckskunst nicht gänzlich darstellbar, denn es gehört zu jener Sphäre der Intrigen, Kuhhandel, Maskeraden, Spiegelfechtereien und Schattenkämpfe, in der die eigentlich historischen Entscheidungen reifen.
Und in dieser Welt der sogenannten hohen und in Wahrheit oft vor Niedrigkeit strotzenden Politik bewegt sich Steven Spielberg, nach seinen bisherigen Filmen zu urteilen, mit derselben eckigen Unbeholfenheit, mit der sein Titelheld über das knarrende Parkett des Weißen Hauses schlurft. In "Munich", in "Amistad", in "Die Farbe Lila" und im "Reich der Sonne" hat man gesehen, was mit Spielbergs Kino passiert, wenn es Geschichte, Realgeschichte schreiben will - es stolpert, hechelt, schwitzt, gerät aus dem Tritt.
Umso größer ist die Überraschung von "Lincoln". Keine Liebesgeschichte diesmal, kein Gral, kein Ufo, kein Hai. Stattdessen ein parlamentarisches Verfahren, so knochentrocken und zäh wie alle Dramen der Demokratie. Mehrheiten, Minderheiten, Männer mit Vollbärten, Zöpfen und Stehkragen, die sich gegenseitig als "Holzkopf", "Gezücht", "Abraham Africanus" oder "Verräter" beschimpfen und dabei qualmende Zigarren zerkauen. Eine dahinsiechende Präsidentenehe, erstarrt in wortlosem, von gelegentlichen Brüll-Duetten unterbrochenem Waffenstillstand. Bittsteller, Handlanger, Betonköpfe im Samtanzug, Kriecher, Hetzer, Bauernfänger. Und doch ist alles groß und leuchtet. Und doch ist alles an seinem Platz.
Dabei beginnt "Lincoln" wie ein typischer Spielberg-Film. Wir sind gleich mittendrin im Gemetzel, schwarze und weiße Soldaten gehen einander an die Gurgel, erstechen, ertränken, erwürgen sich. Dann der Bahnsteig eines Armeedepots, wo der gerade wiedergewählte Präsident von schwarzen und weißen Unionsrekruten umdrängt wird, die seine berühmte Rede auf die Gefallenen von Gettysburg auswendig hersagen können. Und schließlich der Blick ins Schlafzimmer der Lincolns, in dem sich Ehefrau Mary, genannt Molly (Sally Field), als Traumdeuterin für ihren Gatten betätigt, der im Schlaf ein großes Schiff gesehen hat und sich selbst vorn am Bug. Es ist die klassische spielbergsche Erzählkurve, der Schwenk vom Weltraum (oder der Dinosaurier-Insel) zum Kinderbett - übersetzt in die Welt des Sezessionskriegs. Nur dass sie diesmal in einer Gegenbewegung gleich wiederaufgehoben wird. Denn Spielberg und sein Drehbuchautor Tony Kushner drehen in "Lincoln" die gewohnte Hierarchie der filmischen Sphären um: Sie machen das Private zum Nebenschauplatz des Politischen. Ihr Boudoir ist nur ein Vorzimmer zum Kabinettsraum. Ohne den Verfassungszusatz, das wird bei einer Krisensitzung klar, wäre Lincolns berühmte Proklamation zur Sklavenemanzipation bei Kriegsende hinfällig und ein Friedensschluss nur der Anfang neuer innerer Kämpfe. Die Wahlen im Herbst des Vorjahres, bei denen Lincoln triumphal bestätigt wurde, haben seinen Republikanern auch eine Zweidrittelmehrheit im Kongress gebracht, der im Frühjahr zusammentritt. Aber bis dahin könnten die Südstaaten aufgegeben haben. Um die Saat der Sezession zu tilgen, muss die Verfassungsänderung noch in Kriegszeiten verabschiedet werden. Der Senat hat sie bereits gebilligt, im Kongress fehlen den Republikanern zwanzig Stimmen.
Das ist die Ausgangslage. Um sie zu verbessern, engagiert Lincolns Außenminister und enger Freund Seward (David Strathairn) eine Art Drückerkolonne, die sich an abgewählte demokratische Abgeordnete heranmacht, um mit lukrativen Posten im Staatsapparat ihre Stimmen zu kaufen. Vor diesem Gezerre und Gefeilsche im Hintergrund hebt sich Lincolns Ringen mit seinem innerparteilichen Gegner Thaddeus Stevens umso heller ab. Die Besetzung dieser Rolle mit Tommy Lee Jones ist Spielbergs Meisterstück. Denn genauso, wie der Taktiker Lincoln und der Eiferer Stevens zwei politische Grundtemperamente darstellen, verkörpern Day-Lewis und Jones zwei grundverschiedene Arten der Schauspielerei, der eine das method acting, der andere die klassische Hollywood-Schule. Ihre Begegnung im Keller des Weißen Hauses ist der stille Höhepunkt des Films. Und während Lincoln das ganze Finten-Arsenal eines Provinzanwalts aufbieten muss, um den Verfassungszusatz durchzubringen, erntet sein Widersacher die Früchte seiner demokratischen Klugheit. Mit der Urschrift des amendments humpelt Stevens am Ende nach Hause, legt sich zu seiner schwarzen Haushälterin ins Bett und drückt ihr das Papier in die Hand. Spielbergs Film hat nicht nur Pathos, er hat auch Witz.
Mehr als zehn Jahre hat Steven Spielberg an "Lincoln" gearbeitet, so lange wie an keinem anderen Film seit "Schindlers Liste". Dazu passt, dass Liam Neeson, der Darsteller des Schindler, auch die Rolle des großen Abraham spielen sollte, ehe er vor drei Jahren aus dem Projekt ausstieg. Es sind eben nicht allein die Taten großer Männer, die Spielberg interessieren - es sind Charaktere, die sich an ihrer historischen Situation die Finger schmutzig machen und dennoch sauber bleiben, die mit krummen Mitteln das Gute erreichen und dem Verhängnis in die Speichen fallen.
Dass er eine solche Figur in Abraham Lincoln gefunden hat, ist ein Glücksfall für das Kino. Denn jeder andere Moment, jede andere Konstellation aus Lincolns Leben hätte ihn entweder ins Monumentale entrückt oder ins Gewöhnliche verzerrt. Bei Spielberg aber erscheint er als der lebendige Widerspruch, der er war und der jeder große Politiker sein muss, eine Mischung aus Prinzipienfestigkeit und der Bereitschaft, fast alle moralischen Prinzipien für ein höheres Ziel außer Kraft zu setzen, die nicht aufgeht wie eine mathematische Gleichung. Aber sie stimmt.
ANDREAS KILB
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Mit historischen Stoffen hat sich Steven Spielberg immer schwergetan. Das ist vorbei: Mit "Lincoln" erweist er sich als Meister des parlamentarischen Kostümfilms.
Eigentlich ist alles ganz einfach. Wenn zwei Dinge einem dritten gleichen, dann sind sie auch einander gleich - so hat es Euklid erklärt, der alte Grieche, und so wiederholt es der alte, müde, unter einer Wolldecke fröstelnde Abraham Lincoln vor seinen Adjutanten, die mit ihm in der Nachrichtenzentrale des Weißen Hauses sitzen und darauf warten, dass er ihnen ein nächtliches Telegramm diktiert. Es geht darum, was mit der Friedensdelegation aus den Südstaaten passieren soll. Der Amerikanische Bürgerkrieg geht in sein fünftes Jahr, die Konföderierten sind erschöpft, und auch der siegreiche Norden hat von Pulverdampf und Blut genug. Das Angebot aus Richmond würde in Washington auf offene Ohren stoßen, Lincoln muss die Delegierten, die eine Tagesreise entfernt auf einem Flussdampfer warten, nur noch empfangen. Aber er zögert.
Und dann fällt ihm Euklid ein, ein Lehrsatz in einem Schulbuch, und seine Anwendung in der Wirklichkeit: Schwarze sind Menschen, Weiße sind Menschen, also müssen beide einander gleichgestellt sein. Alles ganz einfach und doch so ungeheuer schwierig, ja unmöglich. Vier Jahre lang haben Nord- und Südstaaten, Union und Konföderierte deshalb gegeneinander gekämpft, und noch immer ist die Sklaverei nicht abgeschafft. Hunderte sterben täglich in den Schützengräben vor Wilmington und Petersburg, aber das, was sie dazu treibt, einander mit Bleikugeln und Bajonetten zu ermorden, existiert noch immer, und es wird weiterexistieren, falls der Frieden allzu früh zustande kommt. Und darum diktiert der sechzehnte Präsident der Vereinigten Staaten in dieser Nacht des 29. Januar 1865 ein Telegramm, das den Lauf der Geschichte ändert, indem es einen Schaufelraddampfer ohne Angabe von Gründen an seinem Ankerplatz am James River in City Point, Virginia, festhält.
Es geht um Politik in diesem Film, um das, was einer tun muss, um ein Ziel zu erreichen, das mit anderen, schwächeren Mitteln nicht erreicht werden kann. Und es geht um das Gewissen eines Mannes. Das eine ist in "Lincoln" ohne das andere nicht denkbar, und doch sind es zwei völlig verschiedene Dinge. Denn die innere Bewegung des Mannes, der Abraham Lincoln war, lässt sich schauspielerisch ausdrücken, und so, wie Daniel Day-Lewis ihn spielt, mit marionettenhaften Bewegungen, wurmstichiger Stentorstimme und linkischem Lächeln im Kolkrabengesicht, scheint er mit Lincoln selbst im Jenseits über seine Rolle konferiert zu haben, so restlos ist dessen Statur und Physiognomie in ihn übergegangen. Aber das, was in den vier Januarwochen des Jahres 1865 geschieht, in denen Lincoln den dreizehnten Verfassungszusatz zur Abschaffung der Sklaverei durch den amerikanischen Kongress zu bringen versucht, ist auch durch virtuoseste Ausdruckskunst nicht gänzlich darstellbar, denn es gehört zu jener Sphäre der Intrigen, Kuhhandel, Maskeraden, Spiegelfechtereien und Schattenkämpfe, in der die eigentlich historischen Entscheidungen reifen.
Und in dieser Welt der sogenannten hohen und in Wahrheit oft vor Niedrigkeit strotzenden Politik bewegt sich Steven Spielberg, nach seinen bisherigen Filmen zu urteilen, mit derselben eckigen Unbeholfenheit, mit der sein Titelheld über das knarrende Parkett des Weißen Hauses schlurft. In "Munich", in "Amistad", in "Die Farbe Lila" und im "Reich der Sonne" hat man gesehen, was mit Spielbergs Kino passiert, wenn es Geschichte, Realgeschichte schreiben will - es stolpert, hechelt, schwitzt, gerät aus dem Tritt.
Umso größer ist die Überraschung von "Lincoln". Keine Liebesgeschichte diesmal, kein Gral, kein Ufo, kein Hai. Stattdessen ein parlamentarisches Verfahren, so knochentrocken und zäh wie alle Dramen der Demokratie. Mehrheiten, Minderheiten, Männer mit Vollbärten, Zöpfen und Stehkragen, die sich gegenseitig als "Holzkopf", "Gezücht", "Abraham Africanus" oder "Verräter" beschimpfen und dabei qualmende Zigarren zerkauen. Eine dahinsiechende Präsidentenehe, erstarrt in wortlosem, von gelegentlichen Brüll-Duetten unterbrochenem Waffenstillstand. Bittsteller, Handlanger, Betonköpfe im Samtanzug, Kriecher, Hetzer, Bauernfänger. Und doch ist alles groß und leuchtet. Und doch ist alles an seinem Platz.
Dabei beginnt "Lincoln" wie ein typischer Spielberg-Film. Wir sind gleich mittendrin im Gemetzel, schwarze und weiße Soldaten gehen einander an die Gurgel, erstechen, ertränken, erwürgen sich. Dann der Bahnsteig eines Armeedepots, wo der gerade wiedergewählte Präsident von schwarzen und weißen Unionsrekruten umdrängt wird, die seine berühmte Rede auf die Gefallenen von Gettysburg auswendig hersagen können. Und schließlich der Blick ins Schlafzimmer der Lincolns, in dem sich Ehefrau Mary, genannt Molly (Sally Field), als Traumdeuterin für ihren Gatten betätigt, der im Schlaf ein großes Schiff gesehen hat und sich selbst vorn am Bug. Es ist die klassische spielbergsche Erzählkurve, der Schwenk vom Weltraum (oder der Dinosaurier-Insel) zum Kinderbett - übersetzt in die Welt des Sezessionskriegs. Nur dass sie diesmal in einer Gegenbewegung gleich wiederaufgehoben wird. Denn Spielberg und sein Drehbuchautor Tony Kushner drehen in "Lincoln" die gewohnte Hierarchie der filmischen Sphären um: Sie machen das Private zum Nebenschauplatz des Politischen. Ihr Boudoir ist nur ein Vorzimmer zum Kabinettsraum. Ohne den Verfassungszusatz, das wird bei einer Krisensitzung klar, wäre Lincolns berühmte Proklamation zur Sklavenemanzipation bei Kriegsende hinfällig und ein Friedensschluss nur der Anfang neuer innerer Kämpfe. Die Wahlen im Herbst des Vorjahres, bei denen Lincoln triumphal bestätigt wurde, haben seinen Republikanern auch eine Zweidrittelmehrheit im Kongress gebracht, der im Frühjahr zusammentritt. Aber bis dahin könnten die Südstaaten aufgegeben haben. Um die Saat der Sezession zu tilgen, muss die Verfassungsänderung noch in Kriegszeiten verabschiedet werden. Der Senat hat sie bereits gebilligt, im Kongress fehlen den Republikanern zwanzig Stimmen.
Das ist die Ausgangslage. Um sie zu verbessern, engagiert Lincolns Außenminister und enger Freund Seward (David Strathairn) eine Art Drückerkolonne, die sich an abgewählte demokratische Abgeordnete heranmacht, um mit lukrativen Posten im Staatsapparat ihre Stimmen zu kaufen. Vor diesem Gezerre und Gefeilsche im Hintergrund hebt sich Lincolns Ringen mit seinem innerparteilichen Gegner Thaddeus Stevens umso heller ab. Die Besetzung dieser Rolle mit Tommy Lee Jones ist Spielbergs Meisterstück. Denn genauso, wie der Taktiker Lincoln und der Eiferer Stevens zwei politische Grundtemperamente darstellen, verkörpern Day-Lewis und Jones zwei grundverschiedene Arten der Schauspielerei, der eine das method acting, der andere die klassische Hollywood-Schule. Ihre Begegnung im Keller des Weißen Hauses ist der stille Höhepunkt des Films. Und während Lincoln das ganze Finten-Arsenal eines Provinzanwalts aufbieten muss, um den Verfassungszusatz durchzubringen, erntet sein Widersacher die Früchte seiner demokratischen Klugheit. Mit der Urschrift des amendments humpelt Stevens am Ende nach Hause, legt sich zu seiner schwarzen Haushälterin ins Bett und drückt ihr das Papier in die Hand. Spielbergs Film hat nicht nur Pathos, er hat auch Witz.
Mehr als zehn Jahre hat Steven Spielberg an "Lincoln" gearbeitet, so lange wie an keinem anderen Film seit "Schindlers Liste". Dazu passt, dass Liam Neeson, der Darsteller des Schindler, auch die Rolle des großen Abraham spielen sollte, ehe er vor drei Jahren aus dem Projekt ausstieg. Es sind eben nicht allein die Taten großer Männer, die Spielberg interessieren - es sind Charaktere, die sich an ihrer historischen Situation die Finger schmutzig machen und dennoch sauber bleiben, die mit krummen Mitteln das Gute erreichen und dem Verhängnis in die Speichen fallen.
Dass er eine solche Figur in Abraham Lincoln gefunden hat, ist ein Glücksfall für das Kino. Denn jeder andere Moment, jede andere Konstellation aus Lincolns Leben hätte ihn entweder ins Monumentale entrückt oder ins Gewöhnliche verzerrt. Bei Spielberg aber erscheint er als der lebendige Widerspruch, der er war und der jeder große Politiker sein muss, eine Mischung aus Prinzipienfestigkeit und der Bereitschaft, fast alle moralischen Prinzipien für ein höheres Ziel außer Kraft zu setzen, die nicht aufgeht wie eine mathematische Gleichung. Aber sie stimmt.
ANDREAS KILB
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main