Der Drehbuchautor Charlie Kaufman (Nicolas Cage) wird von Selbstzweifeln geplagt. Als er den Auftrag annimmt, den auf Tatsachen basierenden Roman "Der Orchideendieb" zu adaptieren, ist er echt überfordert - und kommt auch mit der Roman-Autorin Susan Orlean (Meryl Streep) nicht klar. Zu allem Übel nistet sich auch noch sein Zwillingsbruder Donald (ebenfalls Nicolas Cage) bei ihm zu Hause ein. Begeistert versucht Donald, seinem Bruder nachzueifern und schüttelt mal eben ein Skript über einen Serienkiller mit multipler Persönlichkeit aus dem Ärmel.
Zudem hat sein Bruder auch noch regelmäßig Sex, während Charlie nicht einmal ein erstes Date gelingt. Eines Tages jedoch hat Charlie eine folgenreiche Inspiration. Er bricht die goldene Regel: Er wird sein eigenes Dilemma als Rahmenhandlung in das Drehbuch einbauen! Damit setzt Charlie unbeabsichtigt eine Kettenreaktion von Ereignissen in Gang, die das Leben aller Beteiligten auf verrückt-verwirrende Weise miteinander verknotet.
Zudem hat sein Bruder auch noch regelmäßig Sex, während Charlie nicht einmal ein erstes Date gelingt. Eines Tages jedoch hat Charlie eine folgenreiche Inspiration. Er bricht die goldene Regel: Er wird sein eigenes Dilemma als Rahmenhandlung in das Drehbuch einbauen! Damit setzt Charlie unbeabsichtigt eine Kettenreaktion von Ereignissen in Gang, die das Leben aller Beteiligten auf verrückt-verwirrende Weise miteinander verknotet.
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Trailer von anderen Filmen - Kapitel- / Szenenanwahl - DVD-Menü mit Soundeffekten - FilmografienFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.03.2003Diese Männer haben doch nur Messer im Kopf
Der Drehbuchautor Charlie Kaufman ist der Star in Spike Jonzes Film "Adaption" - aber welcher Charlie Kaufman?
Der Mann, der über den Flur des Berliner Hotels kam, bewegte sich nah an der Wand entlang. Er wirkte scheu, schaute ständig zur Seite und verschwand schließlich in einer Suite, in der Journalisten auf ihn warteten, um ihn zu fragen, ob er so wie der sei, als der er auf der Leinwand erscheine. Charlie Kaufman sah nicht so aus wie jener Charlie Kaufman aus dem Kino. Der sieht aus wie Nicolas Cage, der auch Charlies Zwillingsbruder Donald spielt, den der reale Charlie Kaufman gar nicht hat. Dennoch liest man im Abspann: "Drehbuch: Charlie und Donald Kaufman", und dem Bruder, den es nicht gibt, ist längst eine Website gewidmet.
Wieviel vom einen in den anderen Kaufmans steckt, muß man nicht unbedingt herausfinden, um "Adaptation" zu begreifen. "Adaption", wie er auf deutsch heißt, gehört zu den Filmen, welche die einen für einen genialen Wurf und die anderen für die Verirrung eines ewigen College-Kids halten, das sich in einer selbstreferentiellen Endlosschleife verheddert hat. Natürlich hat die Geschichte vom Autor, der an seiner Arbeit verzweifelt, in erster Linie mit der Existenz von Drehbuchautoren in Hollywood zu tun. Gut bezahlt, wenig geachtet, schlecht behandelt - das ist eine alte Geschichte, seit Faulkner und Chandler an die Westküste kamen und F. Scott Fitzgerald seine Erzählerin in "Der letzte Taikun" sagen ließ, sie habe "writer" und "typewriter" immer für ein und dasselbe gehalten.
Charlie Kaufman erzählt sie weiter, indem er die Passion zur Fiktion und die Erfolgsstory zum Faktum macht. Die illiteraten Studiokreaturen, für die das Wort des Script-Gurus Robert McKee (der in Gestalt des Schauspielers Brian Cox eine seiner Lektionen erteilt) Gesetz ist, werden gnadenlos vorgeführt. Weil Hollywood dergleichen mitunter schätzt, ist der Regelverstoß mit vier Oscar-Nominierungen belohnt worden - drei für Nicolas Cage, Chris Cooper, Meryl Streep und eine für Charlie Kaufman. Spike Jonze, der Regisseur, ist leer ausgegangen, was insofern gerecht ist, als Kaufman sich auf der Leinwand als vom Zweifel zerfressenen Tropf porträtiert hat, um als Oscar-Anwärter wieder ins sogenannte reale Leben zurückzukehren.
Es ist die zweite Zusammenarbeit von Jonze und Kaufman nach "Being John Malkovich" (1999), und folgerichtig beginnt der Film am Set seines Vorgängers. Charlie hat den "writer's block", sein Zwillingsbruder dagegen keine Skrupel, aus ein paar Versatzstücken ein Drehbuch zu zimmern, das er prompt für viel Geld an Charlies Agenten verkauft. Er quält Charlie so lange mit Ratschlägen, bis der sich selbst in die Adaption von "The Orchid Thief" hineinschreibt, einem real existierenden Buch, das aus einer Reportage für den "New Yorker" entstand.
Sie wolle auch etwas so leidenschaftlich wollen wie ihr Protagonist, sagt die Autorin (Meryl Streep) - es ist das Dilemma fast aller Figuren des Films, daß sie sich in ihrer Haut nicht wohl fühlen, daß ihr Leben ihnen als Ersatzhandlung vorkommt, weshalb sie in anderer Leute Leben nach Ersatz für den Ersatz suchen. Das ist eine riskante Idee, weil es den Autor zu dem Hegelschen Glauben verdammt, daß die Leere, die einer in sich findet, an sich selbst schon die Fülle ist.
Solche zerebralen Verwicklungen sind Manie und Manier des vierundvierzigjährigen Charlie Kaufman, weil das Innere des Kopfes durchaus ein spannender Schauplatz sein kann, vorausgesetzt, es gelangt auch etwas von dem nach außen, was in diesem Kopf vorgeht. In "Being John Malkovich" hat Kaufman das Problem gelöst, indem er jemand einen Gang finden ließ, der in den Kopf von John Malkovich führt. Malkovich selbst benutzte schließlich diesen Gang, um festzustellen, daß die ganze Welt mit Malkovichs bevölkert ist. In "Adaption" verläuft der Weg umgekehrt: Da sucht einer einen Weg aus seinem Kopf hinaus.
Für das Drehbuch zu George Clooneys "Confessions of a Dangerous Mind" hat Kaufman die etwas wahnhaften Memoiren des Fernsehproduzenten Chuck Barris verarbeitet, der in den sechziger Jahren Fernsehformate wie "The Dating Show" - das Urbild für "Herzblatt" - erfand. Was draußen geschieht und was in Barris' Phantasie, ist nie ganz klar. Und in Kaufmans nächstem Drehbuch, das zur Zeit mit Jim Carrey und Kate Winslet verfilmt wird, erzählt er programmatisch vom "Eternal Sunshine of the Spotless Mind". Die Story handle, so Kaufman, "von einem Typen, dessen Freundin sich nach zweijähriger Beziehung einer Operation unterzieht, um ihre Erinnerungen an ihn zu löschen. Er beschließt, sich der gleichen Operation zu unterziehen. Der Großteil des Films spielt in seinem Kopf, man sieht die ganze Beziehung rückwärts ablaufen. Mittendrin, wenn die Erinnerungen erfreulicher werden, will er die Prozedur abbrechen. Er nimmt die Freundin aus den Erinnerungen heraus und verpflanzt sie in andere Erinnerungen."
So geht es bei Kaufman immer um "Adaption", was nicht nur im Englischen auch Anpassung bedeutet und ein Schlüsselbegriff der Evolutionslehre ist. Wer sich der Umwelt anpaßt, paßt sie zugleich auch sich an, weil sich die Wirklichkeit ja auch mal vor der Idee blamieren kann. Deshalb fährt Charlie mit seinem Bruder nach Florida und dichtet dem Orchideenzüchter und der Autorin eine Affäre an. Er wird erwischt, als er die beiden beobachtet, und am Ende, in den Sümpfen, geht es gar nicht gut aus für den einen Zwilling, während der andere im letzten Bild aus einem Parkhaus auf den Sunset Boulevard blickt. Aber auch das kann noch ein Autoren-Phantasma sein: eine Idee, von einer Idee gezeugt - was den Film knapp zwei Stunden lang vor das Problem stellt, wie man dieser Idee visuell gerecht werden kann.
Wenn mongolische Nomaden ein Tier zerteilen, dann bleibt am Ende nur die Haut übrig, weil sie für alles andere eine Verwendung haben. Die Haut wird zusammengelegt, ein Messer wird hineingesteckt, und man versammelt sich um das kleine Objekt. "Adaption" funktioniert ähnlich. Am Ende hat der Film sich selbst aufgezehrt, es ist nicht viel mehr übrig als eine ziemlich charmante Idee, in der die Verwirklichung wie ein Messer steckt.
PETER KÖRTE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Drehbuchautor Charlie Kaufman ist der Star in Spike Jonzes Film "Adaption" - aber welcher Charlie Kaufman?
Der Mann, der über den Flur des Berliner Hotels kam, bewegte sich nah an der Wand entlang. Er wirkte scheu, schaute ständig zur Seite und verschwand schließlich in einer Suite, in der Journalisten auf ihn warteten, um ihn zu fragen, ob er so wie der sei, als der er auf der Leinwand erscheine. Charlie Kaufman sah nicht so aus wie jener Charlie Kaufman aus dem Kino. Der sieht aus wie Nicolas Cage, der auch Charlies Zwillingsbruder Donald spielt, den der reale Charlie Kaufman gar nicht hat. Dennoch liest man im Abspann: "Drehbuch: Charlie und Donald Kaufman", und dem Bruder, den es nicht gibt, ist längst eine Website gewidmet.
Wieviel vom einen in den anderen Kaufmans steckt, muß man nicht unbedingt herausfinden, um "Adaptation" zu begreifen. "Adaption", wie er auf deutsch heißt, gehört zu den Filmen, welche die einen für einen genialen Wurf und die anderen für die Verirrung eines ewigen College-Kids halten, das sich in einer selbstreferentiellen Endlosschleife verheddert hat. Natürlich hat die Geschichte vom Autor, der an seiner Arbeit verzweifelt, in erster Linie mit der Existenz von Drehbuchautoren in Hollywood zu tun. Gut bezahlt, wenig geachtet, schlecht behandelt - das ist eine alte Geschichte, seit Faulkner und Chandler an die Westküste kamen und F. Scott Fitzgerald seine Erzählerin in "Der letzte Taikun" sagen ließ, sie habe "writer" und "typewriter" immer für ein und dasselbe gehalten.
Charlie Kaufman erzählt sie weiter, indem er die Passion zur Fiktion und die Erfolgsstory zum Faktum macht. Die illiteraten Studiokreaturen, für die das Wort des Script-Gurus Robert McKee (der in Gestalt des Schauspielers Brian Cox eine seiner Lektionen erteilt) Gesetz ist, werden gnadenlos vorgeführt. Weil Hollywood dergleichen mitunter schätzt, ist der Regelverstoß mit vier Oscar-Nominierungen belohnt worden - drei für Nicolas Cage, Chris Cooper, Meryl Streep und eine für Charlie Kaufman. Spike Jonze, der Regisseur, ist leer ausgegangen, was insofern gerecht ist, als Kaufman sich auf der Leinwand als vom Zweifel zerfressenen Tropf porträtiert hat, um als Oscar-Anwärter wieder ins sogenannte reale Leben zurückzukehren.
Es ist die zweite Zusammenarbeit von Jonze und Kaufman nach "Being John Malkovich" (1999), und folgerichtig beginnt der Film am Set seines Vorgängers. Charlie hat den "writer's block", sein Zwillingsbruder dagegen keine Skrupel, aus ein paar Versatzstücken ein Drehbuch zu zimmern, das er prompt für viel Geld an Charlies Agenten verkauft. Er quält Charlie so lange mit Ratschlägen, bis der sich selbst in die Adaption von "The Orchid Thief" hineinschreibt, einem real existierenden Buch, das aus einer Reportage für den "New Yorker" entstand.
Sie wolle auch etwas so leidenschaftlich wollen wie ihr Protagonist, sagt die Autorin (Meryl Streep) - es ist das Dilemma fast aller Figuren des Films, daß sie sich in ihrer Haut nicht wohl fühlen, daß ihr Leben ihnen als Ersatzhandlung vorkommt, weshalb sie in anderer Leute Leben nach Ersatz für den Ersatz suchen. Das ist eine riskante Idee, weil es den Autor zu dem Hegelschen Glauben verdammt, daß die Leere, die einer in sich findet, an sich selbst schon die Fülle ist.
Solche zerebralen Verwicklungen sind Manie und Manier des vierundvierzigjährigen Charlie Kaufman, weil das Innere des Kopfes durchaus ein spannender Schauplatz sein kann, vorausgesetzt, es gelangt auch etwas von dem nach außen, was in diesem Kopf vorgeht. In "Being John Malkovich" hat Kaufman das Problem gelöst, indem er jemand einen Gang finden ließ, der in den Kopf von John Malkovich führt. Malkovich selbst benutzte schließlich diesen Gang, um festzustellen, daß die ganze Welt mit Malkovichs bevölkert ist. In "Adaption" verläuft der Weg umgekehrt: Da sucht einer einen Weg aus seinem Kopf hinaus.
Für das Drehbuch zu George Clooneys "Confessions of a Dangerous Mind" hat Kaufman die etwas wahnhaften Memoiren des Fernsehproduzenten Chuck Barris verarbeitet, der in den sechziger Jahren Fernsehformate wie "The Dating Show" - das Urbild für "Herzblatt" - erfand. Was draußen geschieht und was in Barris' Phantasie, ist nie ganz klar. Und in Kaufmans nächstem Drehbuch, das zur Zeit mit Jim Carrey und Kate Winslet verfilmt wird, erzählt er programmatisch vom "Eternal Sunshine of the Spotless Mind". Die Story handle, so Kaufman, "von einem Typen, dessen Freundin sich nach zweijähriger Beziehung einer Operation unterzieht, um ihre Erinnerungen an ihn zu löschen. Er beschließt, sich der gleichen Operation zu unterziehen. Der Großteil des Films spielt in seinem Kopf, man sieht die ganze Beziehung rückwärts ablaufen. Mittendrin, wenn die Erinnerungen erfreulicher werden, will er die Prozedur abbrechen. Er nimmt die Freundin aus den Erinnerungen heraus und verpflanzt sie in andere Erinnerungen."
So geht es bei Kaufman immer um "Adaption", was nicht nur im Englischen auch Anpassung bedeutet und ein Schlüsselbegriff der Evolutionslehre ist. Wer sich der Umwelt anpaßt, paßt sie zugleich auch sich an, weil sich die Wirklichkeit ja auch mal vor der Idee blamieren kann. Deshalb fährt Charlie mit seinem Bruder nach Florida und dichtet dem Orchideenzüchter und der Autorin eine Affäre an. Er wird erwischt, als er die beiden beobachtet, und am Ende, in den Sümpfen, geht es gar nicht gut aus für den einen Zwilling, während der andere im letzten Bild aus einem Parkhaus auf den Sunset Boulevard blickt. Aber auch das kann noch ein Autoren-Phantasma sein: eine Idee, von einer Idee gezeugt - was den Film knapp zwei Stunden lang vor das Problem stellt, wie man dieser Idee visuell gerecht werden kann.
Wenn mongolische Nomaden ein Tier zerteilen, dann bleibt am Ende nur die Haut übrig, weil sie für alles andere eine Verwendung haben. Die Haut wird zusammengelegt, ein Messer wird hineingesteckt, und man versammelt sich um das kleine Objekt. "Adaption" funktioniert ähnlich. Am Ende hat der Film sich selbst aufgezehrt, es ist nicht viel mehr übrig als eine ziemlich charmante Idee, in der die Verwirklichung wie ein Messer steckt.
PETER KÖRTE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main