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In Charlotte Wells Debüt brillieren der Oscar-nominierte Paul Mescal und Newcomerin Frankie Corio als Vater-Tochter-Duo. Von den lustigen Momenten bis zum Herzschmerz eines Urlaubs, der mit jedem Augenblick mehr bedeutet, fängt Aftersun einen Familienschnappschuss von erstaunlicher Schärfe ein.
Bonusmaterial
Kommentar von Regisseurin Charlotte Wells Q&A mit Charlotte Wells, Paul Mescal und Frankie Corio Palmen (Bonus-Szene) Hinter den Kulissen beim BFI London Film Festival

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Produktbeschreibung
In Charlotte Wells Debüt brillieren der Oscar-nominierte Paul Mescal und Newcomerin Frankie Corio als Vater-Tochter-Duo. Von den lustigen Momenten bis zum Herzschmerz eines Urlaubs, der mit jedem Augenblick mehr bedeutet, fängt Aftersun einen Familienschnappschuss von erstaunlicher Schärfe ein.

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Kommentar von Regisseurin Charlotte Wells Q&A mit Charlotte Wells, Paul Mescal und Frankie Corio Palmen (Bonus-Szene) Hinter den Kulissen beim BFI London Film Festival
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.05.2024

Der letzte Sommer

Charlotte Wells' Spielfilmdebüt über die Beziehung zwischen Tochter und Vater stellt große Generationsfragen.

Der Titel klingt wie Kosmetik, ist aber das lehrstundengewordene Spielfilmdebüt minimalistischen Storytellings der schottischen Regisseurin und Drehbuchautorin Charlotte Wells. Fans actiongeladenen und handlungsgetriebenen Kinos könnten dem Film vorwerfen, es passiere nichts, und tatsächlich ist der Plot selbst auch im besten Sinne unspektakulär: Der junge Vater Calum (für diese Leistung oscar-nominiert: Paul Mescal) verbringt den Sommerurlaub mit seiner Tochter Sophie (ihm in nichts nachstehend: Frankie Corio) in einer seelenlosen "All inclusive"-Bettenburg an der türkischen Riviera der Neunzigerjahre. Mal gehen sie schnorcheln, ein andermal besuchen sie ein Thermalbad, sonst verbringen sie den Großteil der Zeit in der Hotelanlage, denn für die wirklich aufregenden Aktivitäten wie das Paragliding von dem seine Tochter träumt, fehlt Calum schlicht das Geld.

Diese Geldnot trübt ebenso die Beziehung zwischen Vater und Tochter wie die Trennung der Eltern - Sophie lebt eigentlich bei ihrer Mutter in Edinburgh - und der allgemeine Zustand mentaler Instabilität, den Calum in sich trägt und der zum Dreh- und Angelpunkt des Geschehens wird. So entspinnt sich die ungemein intime Betrachtung der vergleichsweise selten in dieser Tiefe gezeigten Konstellation von Tochter und Vater. Wobei Calum mit dieser Rolle noch nicht vertraut ist und ständig zwischen kumpelhafter Lockerheit und paternalistischem Beschützer changiert.

Betrachtet werden diese Sommertage aus der Erinnerung der inzwischen erwachsenen Sophie, die immer wieder in kurzen Sequenzen in ihrem Wohnzimmer gezeigt wird und, inzwischen selbst Mutter, versucht, diese Erinnerungen an ihren Vater zu rekonstruieren, die wohl die letzten gemeinsamen sind. Genau in dieser Perspektive offenbart sich die Großartigkeit des Films, überlagern sich darin doch die Wahrnehmung einer Elfjährigen, die nicht ganz fassen kann, was da in ihrem Vater vorgeht, mit dem gereiften Blick einer Erwachsenen, die nun zu antizipieren vermag, was in ihm gebrodelt hat, und jetzt, so wie auch der Zuschauer, versucht, ihre Beziehung zu diesem Phantom der Erinnerung zu klären. Verstärkt wird ihr Blick von den unscharfen Camcorder-Aufnahmen, mit denen sie ehedem den Urlaub dokumentiert hat und die den ganzen Film durchziehen. In ihrer Unprofessionalität ungemein authentisch, zeigen diese sowohl triviale Kameraspielereien als auch Sophies teils penetrante Dokumentationen ihres Vaters mitsamt der Fragen, die von ihrer Unbedarftheit herrühren.

Ästhetisch findet die Trägheit dieser heißen Urlaubstage ihre Entsprechung in einem von der türkischen Sonne gebleichten Farbschema, vielen Nahaufnahmen und einer ausgesprochenen ruhigen Kameraführung und Schnittarbeit, die es vielen Einstellungen erlaubt, einfach mal stehen zu bleiben und sich vom Publikum betrachten zu lassen.

So entwickelt der Film seine subtile Spannung aus dem ständigen Spiel mit Andeutungen und der Antizipation des Zuschauers, und wird gerade deutlich genug, um Rückschlüsse auf Zusammenhänge und Hintergründe zuzulassen, bleibt aber auch fragmentierte kindliche Erinnerung und Unwissenheit, um Raum für Interpretationen zu geben.

Wells ist zudem so klug und lebensnah, Calum nicht als Opfer seiner mentalen Verfasstheit zu zeigen, das man 96 Minuten lang beweinen will. Stattdessen mischt sich Wut darüber hinein, dass er nicht noch mehr für seine Tochter da ist, etwa wenn sie mit ihm "Losing My Religion" beim Karaokeabend singen will oder sich nach seiner Anerkennung sehnt, nachdem sie eine wildfremde Touristengruppe dazu animiert hat, ihm ein Geburtstagsständchen zu singen und er sie abblitzen lässt. Und doch versteht man in einem emotionalen Zwickmühlenmoment, dass diese verkappte Vaterfigur, der man ebenso wie seiner Tochter nie richtig nahekommt, auch gern anders handeln würde, dazu aber schlichtweg nicht imstande ist, weil sich seine verbliebene Handlungsfähigkeit allzu oft den Kategorien von "Wollen" und "Können" entzieht. Währenddessen befindet sich seine Tochter - reifer als andere Elfjährige, aber doch noch nicht pubertär genug, um sich mit den trinkenden und knutschenden Teenagern des Resorts identifizieren zu können - in einem Zustand der Orientierungslosigkeit, in dem sie ihren jovialen Vater mehr denn je bräuchte, ohne sich dessen so recht bewusst zu sein.

Mit diesem Kreisen um verschiedene Erinnerungsebenen, mentale Erkrankungen und der Beziehung zu den Eltern unter der Belastung des Unausgesprochenen rührt "Aftersun" an große Themen, die gerade für Millennials und die nachfolgenden Generationen von Bedeutung sind, ohne je mit dem Zeitgeistigkeits-Zaunpfahl zu winken. und provoziert mit dieser Subtilität eine umso intensivere, mitunter auch schmerzhafte Auseinandersetzung. ROBIN PASSON

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