Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 5,00 €
  • DVD

Ein Film von Pedro Almodóvar
Der Tod ihres 18jährigen Sohnes führt die Krankenschwester Manuela nach Barcelona zurück. Sie will ihrem Ex-Geliebten Esteban offenbaren, dass er der Vater ihres verstorbenen Sohnes ist. Eine abenteuerliche Suche beginnt, denn Esteban heißt jetzt Lola und hat Brüste.
Manuela trifft auf echte und vermeintliche Frauen, die Hilfe noch nötiger brauchen als sie: den Transsexuellen La Agrado, die Schauspielerin Huma Rojo und die Nonne Rosa. Ihre bunte Ersatzfamilie hält Manuela schon bald so in Atem, dass ihr gar keine Zeit mehr für die eigene Trauer bleibt.

Produktbeschreibung
Ein Film von Pedro Almodóvar

Der Tod ihres 18jährigen Sohnes führt die Krankenschwester Manuela nach Barcelona zurück. Sie will ihrem Ex-Geliebten Esteban offenbaren, dass er der Vater ihres verstorbenen Sohnes ist. Eine abenteuerliche Suche beginnt, denn Esteban heißt jetzt Lola und hat Brüste.

Manuela trifft auf echte und vermeintliche Frauen, die Hilfe noch nötiger brauchen als sie: den Transsexuellen La Agrado, die Schauspielerin Huma Rojo und die Nonne Rosa. Ihre bunte Ersatzfamilie hält Manuela schon bald so in Atem, dass ihr gar keine Zeit mehr für die eigene Trauer bleibt.

Autorenporträt
Pedro Almodóvar wurde 1951 in einer kleinen Provinzstadt südöstlich von Madrid geboren. Mit 16 zog er mittellos in die Hauptstadt, wo er durch den Job bei einer Telefongesellschaft die hohe Kunst des Dialogschreibens erlernte, um die ihn Hollywood heute beneidet. Für seinen Film Alles über meine Mutter erhielt Pedro Almodóvar den Oscar.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.11.1999

Verschwörung der Frauen
"Alles über meine Mutter": Pedro Almodóvars Filmmelodram

Ein junger Mann sitzt vor einem Notizblock und hält einen Stift in der Hand. Er denkt nach, beugt sich vor und fängt an zu schreiben. Sofort folgt ein Schnitt in eine extreme Untersicht. Wir sehen, wie sich die Mine über die Leinwand bewegt, und fühlen uns wie das weiße Papier, das im Laufe des Films mit der erzählten Geschichte beschrieben werden soll. Nach einem weiteren Umschnitt folgt eine Halbtotale, in die der Titel des Films eingeblendet wird: "Todo sobre mi madre". Vor fast genau fünfzig Jahren veröffentlichte Alexandre Astruc sein Manifest "Die Kamera als Federhalter". Die Vision des Franzosen, Filmemacher sollten ihre Gedanken direkt und unvermittelt zu Zelluloid bringen, hat der Spanier Pedro Almodóvar in seinem jüngsten Film intelligent variiert.

Der junge Mann Estéban und seine Mutter Manuela bilden eine Einheit, die niemand trennen kann, nicht einmal die Kamera. Bis auf wenige Sekunden sehen wir sie immer zusammen im Bild, die Einstellungen sind meist so komponiert, dass man zwischen den beiden eine Symmetrieachse ziehen könnte. Der eine, so scheint es, kann ohne den anderen nicht sein. Estéban ist das Einzige, was Manuela in einem Leben voller Enttäuschungen geblieben ist. Doch an einem Abend, an dem der Himmel, der im Melodram niemals warten kann, alle Schleusen öffnet, läuft Estéban vor ein Auto. Die Kamera zieht sich von Manuela zurück, und wir erkennen, dass sie einen Schirm in den Farben des Regenbogens über sich hält, während sie vor Entsetzen erstarrt und zu ihrem Sohn hinübersieht, der auf dem Pflaster stirbt: dying in the rain.

Nach fünfzehn Minuten hat der Film die schlimmstmögliche Wendung genommen und seine weibliche Heldin in ein Loch gestürzt, das keinen Boden zu haben scheint. Die Kamera jagt durch einen Tunnel, den Blick starr an die Decke geheftet. In dem Moment, als im Schwarz ein Licht aufscheint, folgt ein Schnitt. Wir schweben über einen Berg und sehen unter uns das nächtliche Barcelona. Dann sitzen wir auf einmal mit Manuela im Taxi und durchqueren die Stadt, in der das Leben rund um die Uhr pulsiert. Almodóvar lässt einen schweren Schicksalsschlag in aller Härte spüren und gibt dennoch sogleich zu verstehen, dass sich die Heldin der Verzweiflung keineswegs kampflos ergeben wird.

Dann sitzt sie wieder in der Aufführung von "Endstation Sehnsucht", die sie vor wenigen Wochen zuammen mit ihrem Sohn besuchte. Das Theater ist gut gefüllt, doch der Platz neben ihr ist leer, als habe sie auch für den Toten eine Karte gekauft. Sie betrachtet ein Foto von Estéban, dann blickt sie in einen Spiegel, wird auf sich selbst zurückgeworfen. Doch plötzlich passiert das Wunderbare. Die Leerstelle in ihrem Leben und in Almodóvars Bildern wird gefüllt: mit der Transsexuellen La Agrado, die auf dem Straßenstrich ihr Geld verdient, mit Schwester Rosa, die sich um die Prostituierten der Stadt kümmert, und mit der Schauspielerin Huma, die auf der Bühne Triumphe feiert, privat aber von der weit jüngeren drogensüchtigen Nina abhängig ist.

"Alles über meine Mutter" erzählt von einer Verschwörung der Frauen gegen die Trübsal. Auch im Angesicht des Todes verliert der Film nie den Lebensmut. Wenn Rosa, die hochschwanger, aber an Aids erkrankt ist, auf dem Sterbebett liegt, schwenkt die Kamera durch den Raum, bis das Fensterkreuz das Bild füllt: eine visuelle Todesanzeige. Doch dahinter sehen wir die Weite des Meeres. Nach dem nächsten Schnitt wird Rosa beerdigt, das Kind hingegen lebt und hat eine reelle Chance, den Kampf gegen das Virus zu gewinnen. Wie schon in seinem letzten Film "Live Flesh" erweist sich Almodóvar neuerlich als ein Meister des Melodrams, der es nicht nötig hat, die Tragik zu erzwingen. Sie ereignet sich unabwendbar.

Die Herzenswärme, die der Regisseur für seine Figuren empfindet, kann auch den Zuschauer nicht kalt lassen. Die (Nächsten-)Liebe ist bei Almodóvar letztlich viel wärmer als der Tod. Immer wieder kehrt der Film in Humas Theatergarderobe zurück. Die Spiegel, die über Eck zueinander stehen, so dass sie dem Blick keinen Ausweg lassen, nutzen Almodóvar und sein Kameramann Affonso Beato, um die Frauen im Verlauf des Films in brillant komponierten Einstellungen visuell dichter zusammenrücken zu lassen. Ein klassischer Topos des Melodrams wird umfunktioniert: Statt die Figuren erbarmungslos mit sich selbst zu konfrontieren, tragen die Spiegel mit dazu bei, der Einsamkeit und Isolation den Garaus zu machen.

Doch bei allen noch so komplizierten technischen Operationen hat der Regisseur offenbar äußersten Wert darauf gelegt, die Spielräume seines großartigen Darstellerinnenensembles nicht einzuengen. Selten sah man so viele faszinierende Frauenporträts in einem einzigen Film. Die schrillen Töne der frühen Almodóvar-Filme sind gedämpft, die grellen Farben der Kostüme und Requisiten werden so eingesetzt, dass sie die Menschen besser zum Vorschein bringen. Man kann sich nicht satt sehen an den Gesichtern von Cecilia Roth, Marisa Paredes, Penélope Cruz und Antonia San Juan, an Frauen, die versuchen, das Leben nach dem Nervenzusammenbruch zu meistern.

LARS-OLAV BEIER

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr