Wayne Hayes (Robert Redford) und seine Frau Eileen (Helen Mirren) scheinen alles zu haben: eine harmonische Ehe, zwei sympathische, erwachsene Kinder und ein gut gepflegtes Bankkonto. Doch als der erfolgreiche Geschäftsmann eines Nachts nicht nach Hause kommt, zeigen sich Bruchstellen in der Fassade des Glücks. Waynes Verschwinden entpuppt sich als Entführung und seine intakte Ehe als Illusion. Während Eileen mit dem FBI auf einen Anruf des Kidnappers und auf ein Lebenszeichen Waynes wartet, reflektiert sie ihre Beziehung und die Wunden, die nach einer Affäre Waynes nie verheilt sind.
In dieser schwersten Bewährungsprobe ihrer Ehe kämpft Eileen engagiert für ihren Mann, der von seinem Entführer (Willem Dafoe) tief in die Wälder außerhalb der Stadt hineingetrieben wird. Wayne erkennt die Verzweiflung des Täters, ahnt, was ihn am Ende des Wegs erwartet. In der Vergangenheit ermöglichte Verhandlungsgeschick dem Selfmademan die Erfüllung des amerikanischen Traums. Jetzt aber muss diese Kompetenz sein Überleben sichern ...
In dieser schwersten Bewährungsprobe ihrer Ehe kämpft Eileen engagiert für ihren Mann, der von seinem Entführer (Willem Dafoe) tief in die Wälder außerhalb der Stadt hineingetrieben wird. Wayne erkennt die Verzweiflung des Täters, ahnt, was ihn am Ende des Wegs erwartet. In der Vergangenheit ermöglichte Verhandlungsgeschick dem Selfmademan die Erfüllung des amerikanischen Traums. Jetzt aber muss diese Kompetenz sein Überleben sichern ...
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - DVD-Menü mit Soundeffekten - Audiokommentare - 6 unveröffentlichte Szenen - Inside Look - Screenplay GalerieFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.12.2004Vor aller Augen
Der Film "Anatomie einer Entführung" von Pieter Jan Brugge
Diese Welt ist so heil, daß man nur das Unheil sieht. Das Haus ist aus Stein gebaut, was im Amerika der Holzhäuser sehr ungewöhnlich ist, die Stühle am Pool sind schmiedeeisern - alles ist arrangiert wie in einem Schöner-Wohnen-Video für die gehobenen Einkommensklassen. Die Kamera mustert das Ambiente mit dem Blick einer diskreten Hausangestellten. Die Ehefrau ist gepflegt und jeder Zoll Upperclass, dem Mann steht der Erfolg ins faltige Gesicht geschrieben. Sie haben die freundlichen Umgangsformen eines altgedienten Ehepaars, und man könnte sich keine bessere Besetzung als Robert Redford und Helen Mirren für dieses Paar im Lebensherbst vorstellen.
Aber da ist noch ein anderer Mann (Willem Dafoe), der sich einen Schnurrbart angeklebt hat und sehr schlecht gekleidet ist. Ganz selbstverständlich tritt er an die schwere Limousine, als sie das Anwesen verläßt, und schwenkt einen Briefumschlag. Alles geht so rasch, daß man zunächst gar nichts sieht. Er ist der Entführer. Sie wandern durch den Wald; zu einer Hütte, behauptet der Entführer, in der seine Auftraggeber warten. Sie unterhalten sich unterwegs - ein kleiner verbaler Klassenkampf, der den Knecht zum Herrn seines Herrn macht.
Die Kanten des Selfmade-Mannes, die das bürgerliche Leben nie ganz glattgeschliffen hat, werden sichtbar. Er ist einer, der es gewohnt ist, sein Gegenüber durch Verhandeln zu überzeugen - und über den Tisch zu ziehen. Der Entführer spürt, daß der andere ihm überlegen ist, der Entführte weiß, daß auch in einer scheinbar aussichtslosen Situation noch ein Erfolg möglich ist. Die Ehefrau bleibt zunächst ungerührt. Sie bewirtet abends allein die Gäste, dann alarmiert sie die Polizei. Die Beamten quartieren sich ein, die erwachsenen Kinder des Paares kommen hinzu. Sie verzieht kaum eine Miene, als die Affäre ihres Mannes mit einer Angestellten noch einmal zur Sprache kommt. Sie kümmert sich um einen perfekten Geburtstag für das Enkelkind. Alles muß seine Form haben, auch das Unglück.
"The Clearing" ist ein Film von Pieter Jan Brugge, der große Filme wie Michael Manns "Heat" und "Insider" produziert hat und weniger große wie "Die Akte". "Clearing" heißt Lichtung oder auch Aufräumarbeit, und warum der deutsche Verleihtitel "Anatomie einer Entführung" wie ein Untertitel klingt, wüßte man schon gerne. Brugge hat sich bei seinem Regiedebüt mit einem Budget von elf Millionen Dollar begnügt. Gute Einfälle müssen kein Preisschild haben, und es muß auch nicht teuer sein, aus einem Thriller, der auch ein Beziehungsdrama ist, oder einem Beziehungsdrama, in dem ein Thriller steckt, einen Film zu machen, der die gängigen Formeln variiert.
Es braucht manchmal auch gar keine bahnbrechenden Filme, um daran zu erinnern, daß im Kino mit simplen Einfällen große Wirkungen möglich sind; daß es Effekte gibt, die sehr speziell sind, ohne Spezialeffekte sein zu müssen. Die richtigen Schauspieler sind dabei eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung. Robert Redford spielt ganz selbstverständlich einen alten, vitalen Mann und läßt die Staraura anstrengungslos verschwinden. Helen Mirren definiert nicht nur auf eine unnachahmliche Weise, was Contenance bedeutet; mit winzigen Gesten, einem flüchtigen Innehalten, einer Irritation, die so kurz anhält, daß man meint, sie sich nur eingebildet zu haben, einer kleinen Handbewegung, verrät sie ihre Angst und ihre Verletztheit. Und der Film nimmt sich die Zeit, die es braucht, um in jedem Phänomen sein Gegenteil sichtbar zu machen: das Unheil in der heilen Welt, die Verletztheit in der makellosen Erscheinung, die Angst in der Selbstgewißheit.
Brugges Clou aber ist eine kleine Verschiebung, deren Details man nicht verraten darf, weil das ihre Wirksamkeit zerstörte. Sie ist das Mehr, das dem Film einen unaufdringlichen selbstreflexiven Dreh gibt. Er spielt mit unseren Sehgewohnheiten, ohne uns zu betrügen. Am Ende erkennt man, daß genügend Zeichen da waren, um den Trick zu bemerken - wenn man sich nicht einfach auf die gängigen Erzähltechniken verlassen hätte. Dieser Trick hat etwas zu tun mit der Grammatik des Kinos, mit den Regeln und Konventionen, die Zeiten zu verknüpfen oder parallele Abläufe zu zeigen; er macht das Muster sichtbar, das unsere Wahrnehmung von erzählter Zeit und Erzählzeit im Kino organisiert. Daß einem das so erstaunlich vorkommt, hat sehr viel mit dem Schematismus zu tun, mit dem die meisten Filme ihren Plot vor unseren und für unsere Augen abwickeln.
PETER KÖRTE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Film "Anatomie einer Entführung" von Pieter Jan Brugge
Diese Welt ist so heil, daß man nur das Unheil sieht. Das Haus ist aus Stein gebaut, was im Amerika der Holzhäuser sehr ungewöhnlich ist, die Stühle am Pool sind schmiedeeisern - alles ist arrangiert wie in einem Schöner-Wohnen-Video für die gehobenen Einkommensklassen. Die Kamera mustert das Ambiente mit dem Blick einer diskreten Hausangestellten. Die Ehefrau ist gepflegt und jeder Zoll Upperclass, dem Mann steht der Erfolg ins faltige Gesicht geschrieben. Sie haben die freundlichen Umgangsformen eines altgedienten Ehepaars, und man könnte sich keine bessere Besetzung als Robert Redford und Helen Mirren für dieses Paar im Lebensherbst vorstellen.
Aber da ist noch ein anderer Mann (Willem Dafoe), der sich einen Schnurrbart angeklebt hat und sehr schlecht gekleidet ist. Ganz selbstverständlich tritt er an die schwere Limousine, als sie das Anwesen verläßt, und schwenkt einen Briefumschlag. Alles geht so rasch, daß man zunächst gar nichts sieht. Er ist der Entführer. Sie wandern durch den Wald; zu einer Hütte, behauptet der Entführer, in der seine Auftraggeber warten. Sie unterhalten sich unterwegs - ein kleiner verbaler Klassenkampf, der den Knecht zum Herrn seines Herrn macht.
Die Kanten des Selfmade-Mannes, die das bürgerliche Leben nie ganz glattgeschliffen hat, werden sichtbar. Er ist einer, der es gewohnt ist, sein Gegenüber durch Verhandeln zu überzeugen - und über den Tisch zu ziehen. Der Entführer spürt, daß der andere ihm überlegen ist, der Entführte weiß, daß auch in einer scheinbar aussichtslosen Situation noch ein Erfolg möglich ist. Die Ehefrau bleibt zunächst ungerührt. Sie bewirtet abends allein die Gäste, dann alarmiert sie die Polizei. Die Beamten quartieren sich ein, die erwachsenen Kinder des Paares kommen hinzu. Sie verzieht kaum eine Miene, als die Affäre ihres Mannes mit einer Angestellten noch einmal zur Sprache kommt. Sie kümmert sich um einen perfekten Geburtstag für das Enkelkind. Alles muß seine Form haben, auch das Unglück.
"The Clearing" ist ein Film von Pieter Jan Brugge, der große Filme wie Michael Manns "Heat" und "Insider" produziert hat und weniger große wie "Die Akte". "Clearing" heißt Lichtung oder auch Aufräumarbeit, und warum der deutsche Verleihtitel "Anatomie einer Entführung" wie ein Untertitel klingt, wüßte man schon gerne. Brugge hat sich bei seinem Regiedebüt mit einem Budget von elf Millionen Dollar begnügt. Gute Einfälle müssen kein Preisschild haben, und es muß auch nicht teuer sein, aus einem Thriller, der auch ein Beziehungsdrama ist, oder einem Beziehungsdrama, in dem ein Thriller steckt, einen Film zu machen, der die gängigen Formeln variiert.
Es braucht manchmal auch gar keine bahnbrechenden Filme, um daran zu erinnern, daß im Kino mit simplen Einfällen große Wirkungen möglich sind; daß es Effekte gibt, die sehr speziell sind, ohne Spezialeffekte sein zu müssen. Die richtigen Schauspieler sind dabei eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung. Robert Redford spielt ganz selbstverständlich einen alten, vitalen Mann und läßt die Staraura anstrengungslos verschwinden. Helen Mirren definiert nicht nur auf eine unnachahmliche Weise, was Contenance bedeutet; mit winzigen Gesten, einem flüchtigen Innehalten, einer Irritation, die so kurz anhält, daß man meint, sie sich nur eingebildet zu haben, einer kleinen Handbewegung, verrät sie ihre Angst und ihre Verletztheit. Und der Film nimmt sich die Zeit, die es braucht, um in jedem Phänomen sein Gegenteil sichtbar zu machen: das Unheil in der heilen Welt, die Verletztheit in der makellosen Erscheinung, die Angst in der Selbstgewißheit.
Brugges Clou aber ist eine kleine Verschiebung, deren Details man nicht verraten darf, weil das ihre Wirksamkeit zerstörte. Sie ist das Mehr, das dem Film einen unaufdringlichen selbstreflexiven Dreh gibt. Er spielt mit unseren Sehgewohnheiten, ohne uns zu betrügen. Am Ende erkennt man, daß genügend Zeichen da waren, um den Trick zu bemerken - wenn man sich nicht einfach auf die gängigen Erzähltechniken verlassen hätte. Dieser Trick hat etwas zu tun mit der Grammatik des Kinos, mit den Regeln und Konventionen, die Zeiten zu verknüpfen oder parallele Abläufe zu zeigen; er macht das Muster sichtbar, das unsere Wahrnehmung von erzählter Zeit und Erzählzeit im Kino organisiert. Daß einem das so erstaunlich vorkommt, hat sehr viel mit dem Schematismus zu tun, mit dem die meisten Filme ihren Plot vor unseren und für unsere Augen abwickeln.
PETER KÖRTE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main