• DVD

2 Kundenbewertungen

Verleihversion mit identischer EAN erschien am 07.02.2006
In einem Berliner Hinterhaus wird der Serienkiller Gabriel Engel (André Hennicke) von einer Spezialeinheit überwältigt. Das vorläufige Ende einer Mordserie, in deren Verlauf 15 Kinder in quälenden Ritualen hingerichtet wurden. Kommissar Seiler (Heinz Hoenig) lässt sich als Super-Ermittler feiern.
Doch das Grauen beginnt erst jetzt. Im Heimatdorf des Polizisten Michael Martens (Wotan Wilke Möhring) wurde vor Jahresfrist ein Mädchen bestialisch ermordet. Für Martens gibt es nur einen Täter: Gabriel Engel. Er reist nach Berlin und
…mehr

Produktbeschreibung
Verleihversion mit identischer EAN erschien am 07.02.2006
In einem Berliner Hinterhaus wird der Serienkiller Gabriel Engel (André Hennicke) von einer Spezialeinheit überwältigt. Das vorläufige Ende einer Mordserie, in deren Verlauf 15 Kinder in quälenden Ritualen hingerichtet wurden. Kommissar Seiler (Heinz Hoenig) lässt sich als Super-Ermittler feiern.

Doch das Grauen beginnt erst jetzt. Im Heimatdorf des Polizisten Michael Martens (Wotan Wilke Möhring) wurde vor Jahresfrist ein Mädchen bestialisch ermordet. Für Martens gibt es nur einen Täter: Gabriel Engel. Er reist nach Berlin und zwischen den ungleichen Männern beginnt ein Katz-und-Maus-Spiel. Der aufrechte Christ Martens geht an sein Limit. Die Ereignisse spitzen sich dramatisch zu, als die Spuren plötzlich in eine ganz andere Richtung weisen. Der wahre Täter scheint Martens gefährlich nah zu sein...
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.07.2005

Mit dem Mähdrescher gegen Gott
Regisseur Christian Alvart macht in seinem Thriller "Antikörper" den Serienmörder zu einem Meister aus Deutschland

Der Mörder ist nackt, als die Polizei ihn findet. Gabriel Engel steht am Ende einer langen "Tournee des Blutes". Quer durch Deutschland hat er Jungen ermordet, ihr Blut geschmeckt und ihre Unterhosen als Trophäen behalten. Nun schießt er sich noch einmal den Weg frei, aber er kommt nur noch bis in einen Berliner Hinterhof. Aus den Glasscherben, in die er stürzt, kann er sich aus eigener Kraft nicht mehr erheben. Gabriel Engel kommt ins Gefängnis und in den Rollstuhl und ist nun ein Fall für die Ermittler.

Der Thriller "Antikörper" von Christian Alvart bezieht seine Spannung denn auch nicht aus der Jagd nach dem Täter, sondern aus der Konfrontation mit dem Verbrecher, der noch hinter Gittern gefährlich bleibt. Das Vorbild für diese Konstellation ist zu offensichtlich, als daß Engel es nicht selbst aussprechen müßte: "Sie haben wohl Hannibal Lektor hier erwartet", schnauzt er einen Polizisten an. Die schlampige Aussprache des Namens Hannibal Lecter weist Engel als ebenso provinziell aus wie seine Reverenz an Charles "Charly" Manson. Für den Film ist das nicht ohne Belang. Schließlich geht es hier darum, den Tod zu einem Meister aus Deutschland zu machen, obwohl doch Englisch die Muttersprache der Serienkiller ist.

Christian Alvart hat die einschlägigen Fälle genau studiert. Er kennt die populäre Mythologie vom Verbrecher als Übermenschen, und er hat in André Hennicke einen Darsteller gefunden, der aus der Zelle heraus ausreichend negative Energie verströmt, um "Antikörper" über zwei Stunden lang damit zu versorgen. Die Geschichte entsteht aus einer Anomalie im "Werk" von Gabriel Engel. Seine Opfer waren ausschließlich männlich. Nur einmal wurde ein Mädchen ermordet, in einem Dorf in Thüringen. Es deutet vieles darauf hin, daß Engel auch diese Tat begangen hat. Aber sie fügt sich nicht vollständig ins Bild. Der lokale Polizist Michael Martens (Wotan Wilke Möhring) will deswegen von allen Männern in Herzbach einen genetischen Fingerabdruck nehmen. Das Mißtrauen in der kleinen Gemeinde soll damit ein Ende haben.

In Berlin versucht inzwischen Kommissar Seiler (Heinz Hoenig), aus dem inhaftierten Engel schlau zu werden. Mit seiner trivialen Männerpsychologie kommt er aber nicht weit. Engel sucht noch einen Partner. Michael Martens kommt nach Berlin, um seine Fragen zu dem Mordfall Lucia Flieder zu stellen. Durch das Gitter hindurch fühlt er sich von Engel sofort erkannt. Seine ungestillten sexuellen Bedürfnisse, seine Einsamkeit in der Familie und in der Dorfgemeinschaft, seine naive Religiosität sind für den Serienkiller kein Geheimnis. Martens wird für Engel ein Medium. Der Serienkiller beweist seine Virtuosität erst im Performativen. Er setzt Zeichen und spricht als Orakel und löst damit fatale Kettenreaktionen aus. Christian Alvart macht aus Engel einen dunklen Propheten, der seine Menetekel mit Blut an die Wand der Gefängniszelle malt.

Die Wahrheit, die er ex negativo enthüllt, ist auch das Geheimnis des Films. Sie ist jene Ebene, auf der Christian Alvart das Genre spezifisch macht. Der Schocker bekommt eine Kultur, eine Geographie und eine sexuelle Politik. Es ist diese Ebene, auf der "Antikörper" sich von Beginn an ein wenig lächerlich macht. Das Thüringische nimmt Alvart als eine altertümliche Landschaft, in der Männer im Frühtau mit dem Pferd zur Jagd gehen. Später am Tag begräbt der Vater mit dem Sohn einen toten Hund. Am Sonntag finden sich alle Bewohner von Herzbach zur Messe ein. Ihre Religion handelt nicht von Erlösung, sondern von Angst. Herzbach steckt tief im Alten Testament, und eine Stimme aus dem Off hämmert Martens auch noch die Geschichte von Abraham und Isaak ein: Der Vater soll seinen Sohn opfern, den Teenager, der die ermordete Lucia noch kurz vor ihrem Tod gesehen hat.

Nicht nur mit diesem biblischen Motiv überfrachtet Alvart seinen Thriller rettungslos. Auch den Gegensatz zwischen Stadt und Land begreift er archaisch. Martens sieht in Berlin schon auf der Straße nur Huren, dann nimmt ihn sein Kollege Seiler auch noch mit in den Puff, und schließlich spricht ihn in einem Einkaufszentrum eine Frau in einem roten Kostüm an, die seine niedrigen Instinkte weckt: Mit Lucy (Nina Proll) praktiziert er die Stellungen, die er seiner liebenden Ehefrau nicht zumuten will. Neurotische Religion und abgespaltene Sexualität sind für Alvart nicht das Latente, mit dem der Serienmörder kommuniziert. Sie sind das Zentrum seiner Gesellschaftsphantasie. Es gibt in "Antikörper" nur ganz wenige Bilder, in denen das Leben in der ostdeutschen Provinz nicht pathologisch entstellt erscheint. Selbst der Mähdrescher, den Martens als Nebenerwerbslandwirt benützt, wirkt wie eine Waffe nicht gegen die EU-Bürokratie, sondern gegen einen zornigen Gott. In Bayern wäre der Film trivial. In Thüringen aber wird er grotesk. Der Osten ist für Alvart eine rückständige Gegend, in die er seine Thriller-Technokratie einführt wie eine neue Religion. "Antikörper" endet mit der Abrahamsverheißung über blühenden Landschaften, die Christian Alvart mit Blut und Sperma schon einmal üppig gedüngt hat.

BERT REBHANDL

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr