Katjas (Diane Kruger) Welt bricht zusammen, als ihr Mann Nuri (Numan Acar) und ihr Sohn Rocco (Rafael Santana) bei einem Bombenanschlag umkommen. Katja ist vom Schmerz wie betäubt. Niemand kann ihr in dieser Situation helfen. Die folgenden Tage übersteht sie nur unter Tränen und Drogen. Ihren Liebsten in den Tod zu folgen, darum kreisen ihre Gedanken.
Doch dann verhaftet die Polizei das Neonazi-Paar Edda (Hanna Hilsdorf) und André Möller (Ulrich Friedrich Brandhoff). Beide werden durch die vorgelegten Beweise schwer belastet. Andrés Vater (Ulrich Tukur) gab der Polizei den entscheidenden Hinweis.
In dem folgenden Prozess vertritt Nuris bester Freund, der Anwalt Danilo Fava (Denis Moschitto), Katja als Nebenklägerin. Der Prozess verlangt Katja alles ab, aber die Hoffnung, dass die Täter bestraft werden, gibt ihr die Kraft, jeden Tag im Gericht zu erscheinen. Doch Verteidiger Haberbeck (Johannes Krisch) gelingt es, geschickt, Zweifel zu säen - die belastenden Beweise sind nicht so eindeutig, wie zunächst gedacht. Schließlich muss das Gericht die Angeklagten freisprechen.
Doch ohne Gerechtigkeit wird Katja niemals Frieden finden.
Doch dann verhaftet die Polizei das Neonazi-Paar Edda (Hanna Hilsdorf) und André Möller (Ulrich Friedrich Brandhoff). Beide werden durch die vorgelegten Beweise schwer belastet. Andrés Vater (Ulrich Tukur) gab der Polizei den entscheidenden Hinweis.
In dem folgenden Prozess vertritt Nuris bester Freund, der Anwalt Danilo Fava (Denis Moschitto), Katja als Nebenklägerin. Der Prozess verlangt Katja alles ab, aber die Hoffnung, dass die Täter bestraft werden, gibt ihr die Kraft, jeden Tag im Gericht zu erscheinen. Doch Verteidiger Haberbeck (Johannes Krisch) gelingt es, geschickt, Zweifel zu säen - die belastenden Beweise sind nicht so eindeutig, wie zunächst gedacht. Schließlich muss das Gericht die Angeklagten freisprechen.
Doch ohne Gerechtigkeit wird Katja niemals Frieden finden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.11.2017Das Bild einer gebrochenen Frau
Zu viele Augen für Diane Kruger: Fatih Akins Film "Aus dem Nichts" über die Morde der Terrorgruppe NSU bietet Stimmung statt Stringenz.
Mit der Explosion hört alles auf. Mit der Explosion fängt alles an: die fragmentierte Geschichte einer Frau, die seelisch in Stücke geht, sich versuchsweise neu zusammensetzt, abermals zerfällt und schließlich eins wird dem Plan, das Ungelöste aufzulösen, Gerechtigkeit zu schaffen - mit Gewalt.
Das klingt nach einem Film voller Wucht und Dringlichkeit, und beides wäre dem Gegenstand angemessen gewesen. Auf die mörderischen Verbrechen des Nationalsozialistischen Untergrunds und das damit verbundene, skandalöse Versagen der Ermittler bezieht sich Fatih Akin mit seinem Thriller "Aus dem Nichts". Eine Nagelbombe geht vor dem Büro des kurdischen Geschäftsmanns Nuri Sekerci hoch. Der Mann und sein kleiner Sohn sterben. Das Leben seiner Frau ist zerstört, und "Die Familie" - so der Titel der Exposition dieses dreiteiligen Films - existiert nur noch in Rückblenden.
Hatte nicht schon über den lässigen ersten Szenen, die weit ins Davor der Tragödie zurückgreifen, der Satz "Jetzt wird es ernst" gehangen? Ein wie ein Gangsta-Rapper gefeierter Knacki und seine bildhübsche, mit Tätowierungen übersäte blonde Braut heirateten da im Knast, ein Dealer und ein Junkie, dazu trällerten die Temptations "My Girl" aus dem Gettoblaster. Am ehelichen Ringfingertattoo erkennen wir Nuris Kathi wieder, verkörpert von Diane Kruger. Von da an folgen wir ihr wie ihr Schatten. Die Kamera (Rainer Klausmann) stolpert mit Kathi, wenn sie läuft, schwebt über ihr, wenn sie in Schönheit sterben will, sieht, was sie sieht und versenkt sich in ihren Anblick: die Wut in ihrem Blick, die Leere, die Ohnmacht, während Regentropfen auf dem Fenster ihr Tränen ins Gesicht malen. Nah kommen wir ihr trotzdem nicht. "Aus dem Nichts" ist ein leiser, zuweilen auch manierierter Film, ein Film mit und für Diane Kruger in ihrer ersten deutschsprachigen Rolle. Sie macht viel aus der Gelegenheit, einen uneindeutigen Charakter zu spielen: die klischeehaft blonde Deutsche im Hamburger Migrantenumfeld, eine Frau mit abgebrochenem Germanistikstudium, die schreit wie ein waidwundes Tier, aus Trauer kokst und vor sprachlicher Vulgarität nicht zurückschreckt, als schwarz gekleidete Rächerin auftritt, doch vor allem schweigt und aussieht, als könne sie jeden Moment an ihrer inneren Leere zerbrechen. Dafür hat sie in Cannes die Auszeichnung als beste Schauspielerin bekommen.
Akin, der nicht nur Regie führte, sondern auch das Drehbuch mit Hark Bohm schrieb, gruppiert um seine Hauptfigur ein Triptychon - der mittlere Teil heißt "Gerechtigkeit", der dritte "Das Meer" - das wiederum in hermetische Szenen zerfällt. Auf Splitter der Lovestory und Kleinfamiliengeschichte folgt ein vorhersehbar arrangierter Krimi: Was war das denn für ein Mann, dieser Sekerci?, fragt der Kommissar die traumatisierte Witwe auf dem Revier. Ein ehemaliger Dealer, aha, Kurde, soso. Hatte er etwas mit der Mafia zu tun? Damit ist der NSU-Skandal filmisch auch schon vom Tisch, es wird persönlich: Kathis Mutter wendet sich gegen den toten Schwiegersohn, die Schwiegermutter erhebt Vorwürfe, Halt bietet nur der Anwalt (Denis Moschitto). Ein rechtsradikales Paar wird als hochgradig tatverdächtig ausgemacht, Ulrich Tukur hat einen kurzen Auftritt als guter Deutscher.
Was folgt, ist kaltes Justiztheater. Die Angeklagte ist nach dem Vorbild Beate Zschäpes gezeichnet, mit Material aus dem realen NSU-Prozess wird eine quälende Beweisaufnahme nachvollzogen. Werden "Restzweifel" bleiben? Akins Collage hebt mehr auf Stimmungen ab als auf Stringenz, mehr auf Begleitung als auf Positionen. Spannung interessiert ihn kaum, auch nicht das Kohlhaas- (oder Marianne-Bachmeier-)Motiv. Er sucht das Vage. Das aber nimmt dem Film die Brisanz. Sein Heil sucht er in Wassermassen, die trauerbegleitend vom Himmel stürzen, Blut in der Badewanne und am Ozean. So verschwimmt alles. In Erinnerung bleibt das Bild einer gebrochenen Frau.
URSULA SCHEER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zu viele Augen für Diane Kruger: Fatih Akins Film "Aus dem Nichts" über die Morde der Terrorgruppe NSU bietet Stimmung statt Stringenz.
Mit der Explosion hört alles auf. Mit der Explosion fängt alles an: die fragmentierte Geschichte einer Frau, die seelisch in Stücke geht, sich versuchsweise neu zusammensetzt, abermals zerfällt und schließlich eins wird dem Plan, das Ungelöste aufzulösen, Gerechtigkeit zu schaffen - mit Gewalt.
Das klingt nach einem Film voller Wucht und Dringlichkeit, und beides wäre dem Gegenstand angemessen gewesen. Auf die mörderischen Verbrechen des Nationalsozialistischen Untergrunds und das damit verbundene, skandalöse Versagen der Ermittler bezieht sich Fatih Akin mit seinem Thriller "Aus dem Nichts". Eine Nagelbombe geht vor dem Büro des kurdischen Geschäftsmanns Nuri Sekerci hoch. Der Mann und sein kleiner Sohn sterben. Das Leben seiner Frau ist zerstört, und "Die Familie" - so der Titel der Exposition dieses dreiteiligen Films - existiert nur noch in Rückblenden.
Hatte nicht schon über den lässigen ersten Szenen, die weit ins Davor der Tragödie zurückgreifen, der Satz "Jetzt wird es ernst" gehangen? Ein wie ein Gangsta-Rapper gefeierter Knacki und seine bildhübsche, mit Tätowierungen übersäte blonde Braut heirateten da im Knast, ein Dealer und ein Junkie, dazu trällerten die Temptations "My Girl" aus dem Gettoblaster. Am ehelichen Ringfingertattoo erkennen wir Nuris Kathi wieder, verkörpert von Diane Kruger. Von da an folgen wir ihr wie ihr Schatten. Die Kamera (Rainer Klausmann) stolpert mit Kathi, wenn sie läuft, schwebt über ihr, wenn sie in Schönheit sterben will, sieht, was sie sieht und versenkt sich in ihren Anblick: die Wut in ihrem Blick, die Leere, die Ohnmacht, während Regentropfen auf dem Fenster ihr Tränen ins Gesicht malen. Nah kommen wir ihr trotzdem nicht. "Aus dem Nichts" ist ein leiser, zuweilen auch manierierter Film, ein Film mit und für Diane Kruger in ihrer ersten deutschsprachigen Rolle. Sie macht viel aus der Gelegenheit, einen uneindeutigen Charakter zu spielen: die klischeehaft blonde Deutsche im Hamburger Migrantenumfeld, eine Frau mit abgebrochenem Germanistikstudium, die schreit wie ein waidwundes Tier, aus Trauer kokst und vor sprachlicher Vulgarität nicht zurückschreckt, als schwarz gekleidete Rächerin auftritt, doch vor allem schweigt und aussieht, als könne sie jeden Moment an ihrer inneren Leere zerbrechen. Dafür hat sie in Cannes die Auszeichnung als beste Schauspielerin bekommen.
Akin, der nicht nur Regie führte, sondern auch das Drehbuch mit Hark Bohm schrieb, gruppiert um seine Hauptfigur ein Triptychon - der mittlere Teil heißt "Gerechtigkeit", der dritte "Das Meer" - das wiederum in hermetische Szenen zerfällt. Auf Splitter der Lovestory und Kleinfamiliengeschichte folgt ein vorhersehbar arrangierter Krimi: Was war das denn für ein Mann, dieser Sekerci?, fragt der Kommissar die traumatisierte Witwe auf dem Revier. Ein ehemaliger Dealer, aha, Kurde, soso. Hatte er etwas mit der Mafia zu tun? Damit ist der NSU-Skandal filmisch auch schon vom Tisch, es wird persönlich: Kathis Mutter wendet sich gegen den toten Schwiegersohn, die Schwiegermutter erhebt Vorwürfe, Halt bietet nur der Anwalt (Denis Moschitto). Ein rechtsradikales Paar wird als hochgradig tatverdächtig ausgemacht, Ulrich Tukur hat einen kurzen Auftritt als guter Deutscher.
Was folgt, ist kaltes Justiztheater. Die Angeklagte ist nach dem Vorbild Beate Zschäpes gezeichnet, mit Material aus dem realen NSU-Prozess wird eine quälende Beweisaufnahme nachvollzogen. Werden "Restzweifel" bleiben? Akins Collage hebt mehr auf Stimmungen ab als auf Stringenz, mehr auf Begleitung als auf Positionen. Spannung interessiert ihn kaum, auch nicht das Kohlhaas- (oder Marianne-Bachmeier-)Motiv. Er sucht das Vage. Das aber nimmt dem Film die Brisanz. Sein Heil sucht er in Wassermassen, die trauerbegleitend vom Himmel stürzen, Blut in der Badewanne und am Ozean. So verschwimmt alles. In Erinnerung bleibt das Bild einer gebrochenen Frau.
URSULA SCHEER
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