Tally (Michelle Pfeiffer) träumt davon, ein Fernsehstar zu werden, und macht mit Hilfe von Nachrichtenprofi Warren Justice (Robert Redford) die ersten Schritte auf dem Weg zur großen Karriere. Eine leidenschaftliche Beziehung beginnt. Dennoch geht Tally eigene Wege und entscheidet sich für eine größere berufliche Herausforderung. Als es während einer Liverportage aus dem Gefängnis zu einem Tumult kommt, gerät sie zwischen die Fronten - eine fatale Situation auf Leben und Tod.
Nach Stunden der Angst ist Tally wieder in Sicherheit: Sie hat nur noch ein Ziel: Ein gemeinsames Leben mit Warren.
Nach Stunden der Angst ist Tally wieder in Sicherheit: Sie hat nur noch ein Ziel: Ein gemeinsames Leben mit Warren.
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - Filmographie - NotizenFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.09.1996Das Programm ist kalter Kaffee
Medienfieber im Kino: Jon Avnets Film "Aus nächster Nähe"
Jon Avnet, der aus Brooklyn stammende Regisseur, beschreibt seinen Film "Aus nächster Nähe" (Up, Close & Personal) als den Versuch, eine klassische zeitgenössische Liebesgeschichte zu drehen. Das Problem bei gegenwärtigen Liebesdramen ist nun kein geringeres als das Problem der Kunst am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts: anything goes. Es fehlt an tradierten Grenzen und Gesetzen, welche zu überwinden die emotionelle respektive ästhetische Leistung darstellte. Gesellschaftliche Normen, hindernde Standesunterschiede sind ebenso Vergangenheit wie übergreifende künstlerische Regeln. Wer in Sachen Liebesgeschichte also nicht schlicht zur Perversion greift, hat ein dramaturgisches Problem.
Avnet meint nun, eine Paarung gefunden zu haben, welche den Hinderungsgrund strukturell in sich trägt: das Mentor-Protegé-Verhältnis. In der Medienbranche angelegt, spekuliert der Film auf die vitalsten voyeuristischen und narzißtischen Neigungen des Zuschauers. Wie sagt Nicole Kidman in Gus Van Sants Groteske "To Die For"? "Du bist niemand, wenn du nicht im Fernsehen mitmischst. Denn es macht doch gar keinen Sinn, wenn du etwas tust und keiner sieht dir zu!" Ebendarum bewirbt sich die naive Provinz-Blondine Tally (Michelle Pfeiffer) mit gefälschtem Demo-Band bei einer Fernsehstation in Miami. Sie trifft auf den legendären Ex-Reporter Warren Justice (Robert Redford) und hat Glück: Statt sie wegzuschicken, schickt der sie zum Kaffeekochen.
Hier sollte der Film beginnen - und hier ist er ersichtlich schon am Ende. Denn dieser Kaffee bleibt Programm: Der Regisseur recherchierte anderthalb Jahre in den größten Fernsehstationen des Landes, um anschließend mit einem minutiösen Arrangement sämtlicher Klischees aufzuwarten, die im kollektiven Bewußtsein zu dieser Thematik existieren. Dem Aufstieg Tallys zum "Wetterfrosch" folgt die erste Live-Moderation unter dem Protektorat von Warren Justice: nicht ohne die alltäglichen kleinen sexistischen Demütigungen. Warrens Lektionen für seinen Schützling belaufen sich im übrigen auf Schulstoff: die W-Fragen (Wer, Was, Wann, Warum, Wie) sowie die Einsicht: "Du kannst nicht zuhören, solange du nicht weißt, wer du selber bist." Als Warren ihr neue Kleidung und eine neue Frisur verordnet, weiß Tally, daß sie gewonnen hat. Der aufkeimenden Romanze widerstehen beide so lange, bis Tally zur Konkurrenz herangewachsen ist. Doch selbst als Medienstar bleibt sie von seiner Führung abhängig.
Den Hintergrund des Geschehens, die Fernsehwelt im und um das Studio, zeichnet der Kameramann Karl Walter Lindenlaub, der auch Roland Emmerichs "Independence Day" ins rechte Licht rückte, als gigantische Kulisse: Wände, gepflastert mit Bildschirmen, komplexe Kamerafahrten durch mehrstöckige Büros und Studios, und all dies in einem Materialmix aus Film, Hi-8 und Beta-Video. Was der Film "Aus nächster Nähe" aufzuklären beabsichtigt, wird im Ergebnis schlicht verdoppelt. Nichts wird sichtbar, was James Brooks "Nachrichtenfieber" nicht schon pointierter gezeigt hätte. Medienkritik wird streng vermieden.
Die Romanze wiederum perpetuiert genreübliche Klischees. Der männliche Held ist grundsätzlich "emotionally handicapped". Ebendarin liegt seine Attraktivität. Robert Redford bildet mit Robert De Niro und Clint Eastwood die zeitgenössische Trias versteinerter amerikanischer Helden um die Sechzig. Immer noch sexy und ohne Mühe die Töchtergeneration verführend, beziehen sie ihren Nimbus vor allem daraus, daß eine Frau hier gefahrlos aus sich herausgehen kann: lieben ohne die Befürchtung, angemessen wiedergeliebt zu werden. Es sind Vater-Tochter-Beziehungen: Unreif, unfähig, einander zu begegnen, agieren die Beteiligten ihre hysterischen Vermeidungsstrategien aus. Justice macht aus Tally sein Geschöpf, und sie wird ihn dafür verführen. Die Drehbuch-Strafe ist garantiert.
Avnets Film, ersonnen von den Autoren Joan Didion und John Gregory Dunne, zielt damit direkt auf die amerikanisch-europäischen Intellektuellen als Volk von Hysterikern beiderlei Geschlechts. Doch ebendie kann er nicht bedienen: zu pointenlos die Dialoge, zu saccharinsüß die Dramaturgie, und der Informations- und Erkenntniswert des Werks ist gleich Null. Verheizt werden die Stars, zu denen auch Joe Mantegna, Glenn Plummer und Kate Nelligan gehören. SIMONE MAHRENHOLZ
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Medienfieber im Kino: Jon Avnets Film "Aus nächster Nähe"
Jon Avnet, der aus Brooklyn stammende Regisseur, beschreibt seinen Film "Aus nächster Nähe" (Up, Close & Personal) als den Versuch, eine klassische zeitgenössische Liebesgeschichte zu drehen. Das Problem bei gegenwärtigen Liebesdramen ist nun kein geringeres als das Problem der Kunst am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts: anything goes. Es fehlt an tradierten Grenzen und Gesetzen, welche zu überwinden die emotionelle respektive ästhetische Leistung darstellte. Gesellschaftliche Normen, hindernde Standesunterschiede sind ebenso Vergangenheit wie übergreifende künstlerische Regeln. Wer in Sachen Liebesgeschichte also nicht schlicht zur Perversion greift, hat ein dramaturgisches Problem.
Avnet meint nun, eine Paarung gefunden zu haben, welche den Hinderungsgrund strukturell in sich trägt: das Mentor-Protegé-Verhältnis. In der Medienbranche angelegt, spekuliert der Film auf die vitalsten voyeuristischen und narzißtischen Neigungen des Zuschauers. Wie sagt Nicole Kidman in Gus Van Sants Groteske "To Die For"? "Du bist niemand, wenn du nicht im Fernsehen mitmischst. Denn es macht doch gar keinen Sinn, wenn du etwas tust und keiner sieht dir zu!" Ebendarum bewirbt sich die naive Provinz-Blondine Tally (Michelle Pfeiffer) mit gefälschtem Demo-Band bei einer Fernsehstation in Miami. Sie trifft auf den legendären Ex-Reporter Warren Justice (Robert Redford) und hat Glück: Statt sie wegzuschicken, schickt der sie zum Kaffeekochen.
Hier sollte der Film beginnen - und hier ist er ersichtlich schon am Ende. Denn dieser Kaffee bleibt Programm: Der Regisseur recherchierte anderthalb Jahre in den größten Fernsehstationen des Landes, um anschließend mit einem minutiösen Arrangement sämtlicher Klischees aufzuwarten, die im kollektiven Bewußtsein zu dieser Thematik existieren. Dem Aufstieg Tallys zum "Wetterfrosch" folgt die erste Live-Moderation unter dem Protektorat von Warren Justice: nicht ohne die alltäglichen kleinen sexistischen Demütigungen. Warrens Lektionen für seinen Schützling belaufen sich im übrigen auf Schulstoff: die W-Fragen (Wer, Was, Wann, Warum, Wie) sowie die Einsicht: "Du kannst nicht zuhören, solange du nicht weißt, wer du selber bist." Als Warren ihr neue Kleidung und eine neue Frisur verordnet, weiß Tally, daß sie gewonnen hat. Der aufkeimenden Romanze widerstehen beide so lange, bis Tally zur Konkurrenz herangewachsen ist. Doch selbst als Medienstar bleibt sie von seiner Führung abhängig.
Den Hintergrund des Geschehens, die Fernsehwelt im und um das Studio, zeichnet der Kameramann Karl Walter Lindenlaub, der auch Roland Emmerichs "Independence Day" ins rechte Licht rückte, als gigantische Kulisse: Wände, gepflastert mit Bildschirmen, komplexe Kamerafahrten durch mehrstöckige Büros und Studios, und all dies in einem Materialmix aus Film, Hi-8 und Beta-Video. Was der Film "Aus nächster Nähe" aufzuklären beabsichtigt, wird im Ergebnis schlicht verdoppelt. Nichts wird sichtbar, was James Brooks "Nachrichtenfieber" nicht schon pointierter gezeigt hätte. Medienkritik wird streng vermieden.
Die Romanze wiederum perpetuiert genreübliche Klischees. Der männliche Held ist grundsätzlich "emotionally handicapped". Ebendarin liegt seine Attraktivität. Robert Redford bildet mit Robert De Niro und Clint Eastwood die zeitgenössische Trias versteinerter amerikanischer Helden um die Sechzig. Immer noch sexy und ohne Mühe die Töchtergeneration verführend, beziehen sie ihren Nimbus vor allem daraus, daß eine Frau hier gefahrlos aus sich herausgehen kann: lieben ohne die Befürchtung, angemessen wiedergeliebt zu werden. Es sind Vater-Tochter-Beziehungen: Unreif, unfähig, einander zu begegnen, agieren die Beteiligten ihre hysterischen Vermeidungsstrategien aus. Justice macht aus Tally sein Geschöpf, und sie wird ihn dafür verführen. Die Drehbuch-Strafe ist garantiert.
Avnets Film, ersonnen von den Autoren Joan Didion und John Gregory Dunne, zielt damit direkt auf die amerikanisch-europäischen Intellektuellen als Volk von Hysterikern beiderlei Geschlechts. Doch ebendie kann er nicht bedienen: zu pointenlos die Dialoge, zu saccharinsüß die Dramaturgie, und der Informations- und Erkenntniswert des Werks ist gleich Null. Verheizt werden die Stars, zu denen auch Joe Mantegna, Glenn Plummer und Kate Nelligan gehören. SIMONE MAHRENHOLZ
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