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Der New Yorker Barpianist Willy kehrt für ein Klassentreffen in das verschneite Provinzkaff Knight’s Ridge in Massachusetts zurück, in dem er aufgewachsen ist. Dort scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Die alten Freunde treffen sich wie eh und je in der Bar, um sich über ihre Beziehungsprobleme auszutauschen, während sich die Frauen aus dem gleichen Grund im Schönheitssalon zusammenfinden. Außer Willy hat es keiner aus der Kleinstadt herausgeschafft. Trotzdem scheint es auch in seiner Lebensplanung nicht so recht voranzugehen. Soll er seine Freundin Tracy heiraten oder lieber auf die…mehr

Produktbeschreibung
Der New Yorker Barpianist Willy kehrt für ein Klassentreffen in das verschneite Provinzkaff Knight’s Ridge in Massachusetts zurück, in dem er aufgewachsen ist. Dort scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Die alten Freunde treffen sich wie eh und je in der Bar, um sich über ihre Beziehungsprobleme auszutauschen, während sich die Frauen aus dem gleichen Grund im Schönheitssalon zusammenfinden. Außer Willy hat es keiner aus der Kleinstadt herausgeschafft. Trotzdem scheint es auch in seiner Lebensplanung nicht so recht voranzugehen. Soll er seine Freundin Tracy heiraten oder lieber auf die absolute Traumfrau warten?

Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Trailer von anderen Filmen - Kapitel- / Szenenanwahl - Hintergrundinfos
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.10.1996

Doch der Spiegel ist blind
Im Kino: "Beautiful Girls" von Ted Demme

Das Scheitern dieses Films gemahnt an Humberto Maturanas Autopoiesis-Theorie, wie sie Niklas Luhmann auf das Bewußtsein übertragen hat. Autopoiesis heißt so viel wie "selbst herstellen", was für das Bewußtsein grob bedeutet: Es stellt sich als geschlossenes System, allein aus seinen zeitlichen Gedankenelementen immer neu her, und zwar dadurch, daß jeder neue Gedanke sich unterscheidet von dem Gedanken, an den er anschließt - andernfalls dehnte sich die Gegenwart aus ins Unendliche. Interessant ist daran, daß das Bewußtsein "blind" scheint für seine Gegenwart: Es kann seine aktuelle Gedankenoperation nicht beobachten, sondern nur die vergangene - von welcher der neue Gedanke sich eben dadurch schon unterscheidet.

Was das alles mit Ted Demmes Film "Beautiful Girls" zu tun hat? Es geht dort um eine Gruppe von Dreißigjährigen, die sich zu einem Klassentreffen in einer Kleinstadt in Massachusetts zusammenfindet. Es ist jene Lebensphase kurz vor dem sogenannten "Erwachsenwerden", in der man sich entscheiden muß, welchen Beruf man wählt - weiterhin Barpianist oder doch Vertreter? - und ob man die Frau an seiner Seite wirklich heiraten soll oder besser wartet, bis etwas Aufregenderes am Horizont auftaucht. Von dieser Sorte Dauer-Adoleszenz-Film gab es in den letzten Jahren, seit Auftauchen von Douglas Couplands Roman "Generation X", ungezählte. Es geht letztlich um den Versuch, biographischen Abschied und Übergang filmisch festzuhalten: eine ungreifbare Lebensphase, in der nächtliche Kneipengespräche, Schlägereien und scheiternde Flirts das Leben wenden - und man weiß nicht warum.

Der Drehbuchautor Scott Rosenberg hat für Demme eine Version des verspäteteten Selbstfindungsfilms geschaffen, die sich weder durch besonderen Wortwitz noch durch komplexe Handlung hervortut, sondern allein von den liebevoll gezeichneten Normalfiguren und ihrer exzellenten Besetzung lebt. Mira Sorvino und Michael Rapaport gehören dazu (beide bekannt aus Allens "Geliebte Aphrodite"), sowie Uma Thurman, Matt Dillon, Martha Plimpton und andere. Es sind Schneeräumer, Kneipenwirte oder Familienväter mit Managerjob. Und obwohl die Zeichnung der Charaktere auffallend realistisch, human und nicht ohne Witz geriet, vermag das Werk nicht ernsthaft zu berühren.

Warum nicht? Der Film zielt allein auf Menschen in der gezeigten Lebensphase - für alle anderen ist er schlicht seicht und uninteressant. Gerade seine Zielgruppe aber kann er nicht erreichen. Erweitern wir die Autopoiesis-Figur vom Bewußtsein auf Lebensphasen, so erhellt: Eine aktuelle Lebensphase kann sich selbst nicht beobachten, sondern nur die vor ihr unterschiedene, gerade vergangene. Die aber ist abgeschlossen. Die seltsam schwebende, traurige Romantik, die halb genialische Offenheit jener Zeit ist für jene unnachvollziehbar verloren, die nicht in ihr sind, und für die, die sie haben, ist sie schlicht nicht wahzunehmen. Somit sind Filme wie dieser strukturell zu ihrer eigenen Irrelevanz verurteilt.

Jedenfalls dann, wenn nicht noch etwas hinzukommt, was dem Film gleichsam "phasenübergreifendes" Interesse verleiht. Hier ist es die Figur der Marty, einer weisen Dreizehnjährigen, hinreißend verkörpert von Natalie Portman, die bekannt wurde als elfjährige Killer-Elevin in Luc Bessons Film "Leon - The Professional". Diese Marty hat einen Flirt mit dem von Timothy Hutton verkörperten Barpianisten. Um dieses Kind, ganz jenseits von Lolita-Charme, zu beobachten, wie es von der prähormonellen Warte aus die Wirrnisse der Erwachsenen kommentiert, lohnt sich der Film. Diese Figur scheint nebenbei auch Luhmanns These zu widerlegen, daß das Bewußtsein "zukunftsblind" operiert. Denn diese alte Seele weiß ganz genau Bescheid über Lebensphasen, die auf sie zukommen. Wenn es dann allerdings auch für sie soweit ist, wird mit dem Verlust der Unschuld auch die Weisheit verschwunden sein. SIMONE MAHRENHOLZ

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