Er wäscht seine Hände jedesmal mit einem frischem Stück Seife, niemals tritt er auf Pflasterfugen, sein Tagesablauf ist penibel eingestellt: Der New Yorker Schriftsteller Melvin ist ein exzentrischer Zeitgenosse. Seine Nachbarn fürchten ihn als griesgrämigen Kotzbrocken und Hundehasser. Jeden Tag geht er in dasselbe Cafe, beleidigt Gäste und Bedienungen. Einzig die resolute Kellnerin Carol kann dem neurotischen Ekelpaket Paroli bieten. Und Melvin zeigt Interesse! Bei einer chaotisch-komischen Autotour mit ihr und seinem schwulen Nachbarn kommt man sich näher. Wird aus Melvin doch noch ein normaler Mensch?
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / SzenenanwahlFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.02.1998Auch Menschenhaß braucht Güte
Des Widerspenstigen Lähmung: Jack Nicholson in "Besser geht's nicht" von James L. Brooks
Ob ihm Hunde mehr zuwider sind als Homosexuelle, hat sich Melvin Udall aus reinem Selbstschutz noch gar nicht gefragt. Was oder wer auch immer ihm in die Quere kommt, muß sich auf wüste Beschimpfungen oder Schlimmeres gefaßt machen. Der harmlos den Flur entlangwedelnde Affenpinscher seines Nachbarn vom Appartement nebenan, eines bekennenden Schwulen, bringt ihn so unglaublich in Rage, daß er das wild kläffende und flehentlich winselnde Tier kurz entschlossen in den Müllschlucker befördert.
Dieser Melvin Udall, Mitte Fünfzig, Schriftsteller seines Zeichens und Zyniker ersten Grades, wird dermaßen von seinen Zwangsneurosen beherrscht, daß er es mit sich selbst kaum mehr aushält. Sein ausgeprägter Waschzwang ist gepaart mit solch einer Bakterienphobie, daß er jedes Stück Seife nach einmaliger Benutzung wegwirft. Seine panische Furcht, draußen auf die Fugen der Gehwegplatten zu treten, nötigt ihn zu Verrenkungen im Trippelzickzack. Und sein Ritual, beim Heimkommen hinter sich die Tür fünffach zu verschließen, soll nicht nur Unholde fernhalten, sondern am liebsten die ganze Welt aussperren.
Wo die Distanz zwischen Udall und den anderen zu schwinden droht, greift er zur Unverschämtheit, die auch seinen gut sechzig Romanen, angeblich geschrieben aus der Sicht von Frauen, zu eigen ist: "Ich stelle mir einen Mann vor und subtrahiere Verstand und Zurechnungsfähigkeit." Einzig die Kellnerin Carol in seinem Stammlokal, wo er Punkt elf Uhr zu frühstücken pflegt, versteht es, seine Ausfälle mit Temperament und Schlagfertigkeit zu parieren. Um so größer sein Entsetzen, als Carol eines Tages gekündigt hat, weil ihr schwer asthmakranker Sohn noch entschiedener ihrer Pflege bedarf als zuvor.
Der drohende Verlust seiner einzigen Bezugsperson zum Leben jenseits der Obsessionen macht den Menschenhasser anfällig für gute Taten. Udall vermittelt Carol, die in ziemlich kläglichen New Yorker Verhältnissen hausen muß, den Besuch einer medizinischen Kapazität für ihren Sohn. Und er fügt sich erstaunlich unmürrisch in sein Los, auf Zeit den Pinscher des Nachbarn bei sich aufzunehmen, weil dieser Simon bei einem Überfall in seiner Wohnung so zugerichtet worden ist, daß er eine Weile ins Krankenhaus muß.
Gerührt von treuen Hundeaugen - auch wenn das Tier der weiteren Filmhandlung verlorengeht - und verstohlen doch auf einen Freund aus, erklärt sich Udall sogar bereit, Simon in höchster Geldnot zu dessen Eltern, die mit ihm heftig wegen seiner Homosexualität über Kreuz sind, nach Baltimore zu chauffieren, unter der Voraussetzung freilich, daß Carol mit von der Partie sein kann. Es wird für die drei eine Reise ins eigene Ich, die jeden auf spezielle Weise zu läutern verspricht und Udall zu einer versteckten Liebeserklärung an Carol bringt, die er selber nie für möglich gehalten hätte: "Ihretwegen möchte ich ein besserer Mensch sein."
"Besser geht's nicht" (As good as it gets) heißt der amerikanische Film, halb Komödie, halb psychologisches Lehrstück, dem gleich doppelt des Widerspenstigen Zähmung gelingt: zum einen handlungs- und rollenbezogen, wenn manische Misanthropie Erlösung findet, zum anderen in der funkelnden Darstellung. Seit langem war Jack Nicholson, dieser Berserker der Grimasse, im Kino nicht mehr so souverän selbstironisch und uneitel wie hier unter dem Regisseur James L. Brooks. Daß eine so wenig anziehende Figur wie dieser Melvin Udall flugs fast alle Sympathie des Zuschauers gewinnt, ist Nicholsons Kunststück. Zur Seite stehen ihm Helen Hunt als Carol und Greg Kinnear als Simon, ein Duo, dem das Drehbuch von Brooks und Mark Andrus jene Portion Kinorührung zugesteht, die es Nicholson versagen muß. Wie schön, daß Hollywood sich abseits auftrumpfender Großereignisse auch noch auf jene Kammerspieltonlage einzustimmen versteht, in der Dialogwitz und die sprechenden Gesichter der Schauspieler die Geschichte machen. HANS-DIETER SEIDEL
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Des Widerspenstigen Lähmung: Jack Nicholson in "Besser geht's nicht" von James L. Brooks
Ob ihm Hunde mehr zuwider sind als Homosexuelle, hat sich Melvin Udall aus reinem Selbstschutz noch gar nicht gefragt. Was oder wer auch immer ihm in die Quere kommt, muß sich auf wüste Beschimpfungen oder Schlimmeres gefaßt machen. Der harmlos den Flur entlangwedelnde Affenpinscher seines Nachbarn vom Appartement nebenan, eines bekennenden Schwulen, bringt ihn so unglaublich in Rage, daß er das wild kläffende und flehentlich winselnde Tier kurz entschlossen in den Müllschlucker befördert.
Dieser Melvin Udall, Mitte Fünfzig, Schriftsteller seines Zeichens und Zyniker ersten Grades, wird dermaßen von seinen Zwangsneurosen beherrscht, daß er es mit sich selbst kaum mehr aushält. Sein ausgeprägter Waschzwang ist gepaart mit solch einer Bakterienphobie, daß er jedes Stück Seife nach einmaliger Benutzung wegwirft. Seine panische Furcht, draußen auf die Fugen der Gehwegplatten zu treten, nötigt ihn zu Verrenkungen im Trippelzickzack. Und sein Ritual, beim Heimkommen hinter sich die Tür fünffach zu verschließen, soll nicht nur Unholde fernhalten, sondern am liebsten die ganze Welt aussperren.
Wo die Distanz zwischen Udall und den anderen zu schwinden droht, greift er zur Unverschämtheit, die auch seinen gut sechzig Romanen, angeblich geschrieben aus der Sicht von Frauen, zu eigen ist: "Ich stelle mir einen Mann vor und subtrahiere Verstand und Zurechnungsfähigkeit." Einzig die Kellnerin Carol in seinem Stammlokal, wo er Punkt elf Uhr zu frühstücken pflegt, versteht es, seine Ausfälle mit Temperament und Schlagfertigkeit zu parieren. Um so größer sein Entsetzen, als Carol eines Tages gekündigt hat, weil ihr schwer asthmakranker Sohn noch entschiedener ihrer Pflege bedarf als zuvor.
Der drohende Verlust seiner einzigen Bezugsperson zum Leben jenseits der Obsessionen macht den Menschenhasser anfällig für gute Taten. Udall vermittelt Carol, die in ziemlich kläglichen New Yorker Verhältnissen hausen muß, den Besuch einer medizinischen Kapazität für ihren Sohn. Und er fügt sich erstaunlich unmürrisch in sein Los, auf Zeit den Pinscher des Nachbarn bei sich aufzunehmen, weil dieser Simon bei einem Überfall in seiner Wohnung so zugerichtet worden ist, daß er eine Weile ins Krankenhaus muß.
Gerührt von treuen Hundeaugen - auch wenn das Tier der weiteren Filmhandlung verlorengeht - und verstohlen doch auf einen Freund aus, erklärt sich Udall sogar bereit, Simon in höchster Geldnot zu dessen Eltern, die mit ihm heftig wegen seiner Homosexualität über Kreuz sind, nach Baltimore zu chauffieren, unter der Voraussetzung freilich, daß Carol mit von der Partie sein kann. Es wird für die drei eine Reise ins eigene Ich, die jeden auf spezielle Weise zu läutern verspricht und Udall zu einer versteckten Liebeserklärung an Carol bringt, die er selber nie für möglich gehalten hätte: "Ihretwegen möchte ich ein besserer Mensch sein."
"Besser geht's nicht" (As good as it gets) heißt der amerikanische Film, halb Komödie, halb psychologisches Lehrstück, dem gleich doppelt des Widerspenstigen Zähmung gelingt: zum einen handlungs- und rollenbezogen, wenn manische Misanthropie Erlösung findet, zum anderen in der funkelnden Darstellung. Seit langem war Jack Nicholson, dieser Berserker der Grimasse, im Kino nicht mehr so souverän selbstironisch und uneitel wie hier unter dem Regisseur James L. Brooks. Daß eine so wenig anziehende Figur wie dieser Melvin Udall flugs fast alle Sympathie des Zuschauers gewinnt, ist Nicholsons Kunststück. Zur Seite stehen ihm Helen Hunt als Carol und Greg Kinnear als Simon, ein Duo, dem das Drehbuch von Brooks und Mark Andrus jene Portion Kinorührung zugesteht, die es Nicholson versagen muß. Wie schön, daß Hollywood sich abseits auftrumpfender Großereignisse auch noch auf jene Kammerspieltonlage einzustimmen versteht, in der Dialogwitz und die sprechenden Gesichter der Schauspieler die Geschichte machen. HANS-DIETER SEIDEL
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