Technische Angaben:
Bildformat: 1.85:1 Anamorph Widescreen
Sprachen (Tonformat): Deutsch, Spanisch (Dolby Digital 1.0 Mono), Französisch, Italienisch (Dolby Digital 2.0), Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Englisch, Deutsch u. a.
Ländercode: 2, 4
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Bonusmaterial
- Making-of - Produktionsnotizen - Kommentare der Darsteller und FilmemacherFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.01.2011Die Weichspülung eines Kampfes
Von solchen Geschichten bleibt nicht viel übrig: Jim Sheridans Remake des Kriegsheimkehrerfilms "Brothers"
Zwei Brüder, die in Männerverwahranstalten leben, wenn auch sehr unterschiedlichen. Sam ist Offizier in der US-Army. Zu Beginn des Films holt er seinen Bruder Thommy am Tag von dessen Entlassung aus dem Gefängnis ab. Ein gemeinsames Abendessen bei den Eltern entfaltet die dysfunktionale Konstellation dieser Familie: Sam ist der brave Sohn, der alles gemacht hat, was das Reißbrett der bürgerliche Gesellschaft für seine jungen Männer so vorgesehen hat: Er hat seine bildhübsche Highschool-Liebe Grace geheiratet und mit ihr zwei selbstverständlich niedliche Töchter produziert, jetzt dient er seinem Land. Thommy dagegen ist das schwarze Schaf, er nimmt das Leben leicht, trinkt gern Alkohol und raucht auch mal einen Joint, hat wechselnde Freundinnen, und, wie gesagt, "eine Vergangenheit".
Der Vater der beiden macht in seiner autoritären Art schon in den ersten Minuten dem Zuschauer klar, wo der Hammer hängt - und mit ihm der Wertehorizont dieser Familie. Zugleich entfaltet der Ire Jim Sheridan, der seit dreißig Jahren in Amerika lebt, hier wie schon in "In the Name of the Father" subtil die Konstellation einer obsessiven Vater-Sohn-Beziehung, in der das Musterknabentum von Sam wie die Kriminalität Thommys auch Versuche sind, mit diesem Übervater umzugehen.
Ein paar Tage später wird Sam zum Einsatz nach Afghanistan abkommandiert, und man ahnt schnell, dass Thommy in mancher Hinsicht seinen Platz einnehmen wird, dass zugleich der Vater-Sohn-Konflikt ohne den Bruder-Puffer eskalieren dürfte. Das ist erst recht der Fall, als Sam abgeschossen und als tot gemeldet wird. Rührend kümmert Thommy sich um die Kinder und die Witwe, der harte Vater hingegen zeigt offen, dass er lieber dem anderen Sohn den Tod gewünscht hätte. Der Zuschauer weiß freilich bald mehr: Sam hat überlebt, findet sich allerdings in überaus brutaler Geiselhaft bei einer Taliban-Bande, wo er irgendwann gezwungen wird, einen gefangenen Kameraden zu töten, um selbst zu überleben, bevor man ihn schließlich befreit.
Mit diesem Einschnitt und Sams Rückkehr beginnt nun die eigentliche Tragödie des Films: Wie in Wolfgang Borcherts Nachkriegsdrama "Draußen vor der Tür" - und mit ähnlichem Pathos - geht es um einen Kriegsheimkehrer, der nach den erlebten Schrecken nicht mehr zurück in sein vorheriges Leben findet. Sheridan greift damit das zweifellos wichtige Thema der Kriegstraumata auf und die Frage, wie unsere Gesellschaft eigentlich mit ihren heimgekehrten Veteranen umgeht.
Wie Sheridan das allerdings tut, ist vor allem ein Lehrstück darüber, was Hollywood mit unseren Geschichten macht, und was am Ende von ihnen übrig bleibt. Denn "Brothers" ist ein Remake des gleichnamigen Films der dänischen Regisseurin Susanne Bier von 2004. "Brothers - Unter Brüdern" war ein leidenschaftlicher Film, der sein Publikum seinerzeit als allererster europäischer Film direkt mit der Tatsache konfrontierte, dass sich spätestens seit Anfang der neunziger Jahre - zuerst in Jugoslawien, jetzt in Afghanistan - wieder Soldaten aus unserer eigenen Gesellschaft in Kriegseinsätzen befinden. Eine Erfahrung, die Amerikanern ungleich vertrauter ist. Man wunderte sich im Nachhinein, warum diese Erfahrungen bis dahin im Kino kaum präsent waren, Bis heute gibt es in Deutschland nur einen einzigen Kinofilm (Brigitte Berteles "Nacht vor Augen" von 2008), der ähnliches erzählt. Während das europäische Kino die eigenen Kriege nach wie vor eher zu verdrängen, mitunter totzuschweigen scheint, gibt es in den Vereinigten Staaten mehr als ein Dutzend Filme, die das Thema in den Blick nehmen.
Im Vergleich zu Bier bietet Sheridan allerdings eine weichgespülte Variante. Das geht schon damit los, dass Schauspieler wie Tobey Maguire, Jake Gyllenhaal und Natalie Portman einfach drei Klassen zu gut aussehen, um ihnen Angehörige der weißen lower middle class Amerikas abzunehmen, und überdies viel zu gestylt, wenn Portman immer aussieht, als käme sie gerade vom Friseur, und viel zu dünn, wenn sie neben den Statisten mit ihren Bierbäuchen stehen. Da ist der Eindruck, den Ulrich Thomsen, Nikolaj Lie Kaas und Connie Nielsen in Biers Original machen, schon von anderem Kaliber und einfach viel stimmiger. Nur Sam Shepard nimmt man den Vater, in dessen trockenem Äußeren doch ein weiches Herz schlägt, fast durchgehend ab. Auch in anderer Hinsicht ist der Vergleich aufschlussreich: Das Remake ist zwar fünf Minuten kürzer, wirkt aber breitergetreten. Der Grundton ist der eines überhitzten Melodrams statt kühler Bestandsaufnahme aus der Mitte des Lebens. Vor allem aber wird mit erhobenem Zeigefinger Moral gepredigt und moralische Eindeutigkeit, im Zweifelsfall Reinheit, gesucht, wo Biers Vorbild neugieriger auf Ambivalenzen war. Zugespitzt könnte man also schließen: Hollywood sucht Selbstvergewisserung, der europäische Autorenfilm sät den Zweifel. Und dieser Befund ist so neu nicht, als das man deswegen den Film sehen müsste. Am Ende befindet sich Sam wieder in einer Anstalt. Nun ist es eine Nervenklinik - der Bruder, mit dem er nur über Telefon reden kann, aber ist in Freiheit, draußen vor der Tür.
RÜDIGER SUCHSLAND
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Von solchen Geschichten bleibt nicht viel übrig: Jim Sheridans Remake des Kriegsheimkehrerfilms "Brothers"
Zwei Brüder, die in Männerverwahranstalten leben, wenn auch sehr unterschiedlichen. Sam ist Offizier in der US-Army. Zu Beginn des Films holt er seinen Bruder Thommy am Tag von dessen Entlassung aus dem Gefängnis ab. Ein gemeinsames Abendessen bei den Eltern entfaltet die dysfunktionale Konstellation dieser Familie: Sam ist der brave Sohn, der alles gemacht hat, was das Reißbrett der bürgerliche Gesellschaft für seine jungen Männer so vorgesehen hat: Er hat seine bildhübsche Highschool-Liebe Grace geheiratet und mit ihr zwei selbstverständlich niedliche Töchter produziert, jetzt dient er seinem Land. Thommy dagegen ist das schwarze Schaf, er nimmt das Leben leicht, trinkt gern Alkohol und raucht auch mal einen Joint, hat wechselnde Freundinnen, und, wie gesagt, "eine Vergangenheit".
Der Vater der beiden macht in seiner autoritären Art schon in den ersten Minuten dem Zuschauer klar, wo der Hammer hängt - und mit ihm der Wertehorizont dieser Familie. Zugleich entfaltet der Ire Jim Sheridan, der seit dreißig Jahren in Amerika lebt, hier wie schon in "In the Name of the Father" subtil die Konstellation einer obsessiven Vater-Sohn-Beziehung, in der das Musterknabentum von Sam wie die Kriminalität Thommys auch Versuche sind, mit diesem Übervater umzugehen.
Ein paar Tage später wird Sam zum Einsatz nach Afghanistan abkommandiert, und man ahnt schnell, dass Thommy in mancher Hinsicht seinen Platz einnehmen wird, dass zugleich der Vater-Sohn-Konflikt ohne den Bruder-Puffer eskalieren dürfte. Das ist erst recht der Fall, als Sam abgeschossen und als tot gemeldet wird. Rührend kümmert Thommy sich um die Kinder und die Witwe, der harte Vater hingegen zeigt offen, dass er lieber dem anderen Sohn den Tod gewünscht hätte. Der Zuschauer weiß freilich bald mehr: Sam hat überlebt, findet sich allerdings in überaus brutaler Geiselhaft bei einer Taliban-Bande, wo er irgendwann gezwungen wird, einen gefangenen Kameraden zu töten, um selbst zu überleben, bevor man ihn schließlich befreit.
Mit diesem Einschnitt und Sams Rückkehr beginnt nun die eigentliche Tragödie des Films: Wie in Wolfgang Borcherts Nachkriegsdrama "Draußen vor der Tür" - und mit ähnlichem Pathos - geht es um einen Kriegsheimkehrer, der nach den erlebten Schrecken nicht mehr zurück in sein vorheriges Leben findet. Sheridan greift damit das zweifellos wichtige Thema der Kriegstraumata auf und die Frage, wie unsere Gesellschaft eigentlich mit ihren heimgekehrten Veteranen umgeht.
Wie Sheridan das allerdings tut, ist vor allem ein Lehrstück darüber, was Hollywood mit unseren Geschichten macht, und was am Ende von ihnen übrig bleibt. Denn "Brothers" ist ein Remake des gleichnamigen Films der dänischen Regisseurin Susanne Bier von 2004. "Brothers - Unter Brüdern" war ein leidenschaftlicher Film, der sein Publikum seinerzeit als allererster europäischer Film direkt mit der Tatsache konfrontierte, dass sich spätestens seit Anfang der neunziger Jahre - zuerst in Jugoslawien, jetzt in Afghanistan - wieder Soldaten aus unserer eigenen Gesellschaft in Kriegseinsätzen befinden. Eine Erfahrung, die Amerikanern ungleich vertrauter ist. Man wunderte sich im Nachhinein, warum diese Erfahrungen bis dahin im Kino kaum präsent waren, Bis heute gibt es in Deutschland nur einen einzigen Kinofilm (Brigitte Berteles "Nacht vor Augen" von 2008), der ähnliches erzählt. Während das europäische Kino die eigenen Kriege nach wie vor eher zu verdrängen, mitunter totzuschweigen scheint, gibt es in den Vereinigten Staaten mehr als ein Dutzend Filme, die das Thema in den Blick nehmen.
Im Vergleich zu Bier bietet Sheridan allerdings eine weichgespülte Variante. Das geht schon damit los, dass Schauspieler wie Tobey Maguire, Jake Gyllenhaal und Natalie Portman einfach drei Klassen zu gut aussehen, um ihnen Angehörige der weißen lower middle class Amerikas abzunehmen, und überdies viel zu gestylt, wenn Portman immer aussieht, als käme sie gerade vom Friseur, und viel zu dünn, wenn sie neben den Statisten mit ihren Bierbäuchen stehen. Da ist der Eindruck, den Ulrich Thomsen, Nikolaj Lie Kaas und Connie Nielsen in Biers Original machen, schon von anderem Kaliber und einfach viel stimmiger. Nur Sam Shepard nimmt man den Vater, in dessen trockenem Äußeren doch ein weiches Herz schlägt, fast durchgehend ab. Auch in anderer Hinsicht ist der Vergleich aufschlussreich: Das Remake ist zwar fünf Minuten kürzer, wirkt aber breitergetreten. Der Grundton ist der eines überhitzten Melodrams statt kühler Bestandsaufnahme aus der Mitte des Lebens. Vor allem aber wird mit erhobenem Zeigefinger Moral gepredigt und moralische Eindeutigkeit, im Zweifelsfall Reinheit, gesucht, wo Biers Vorbild neugieriger auf Ambivalenzen war. Zugespitzt könnte man also schließen: Hollywood sucht Selbstvergewisserung, der europäische Autorenfilm sät den Zweifel. Und dieser Befund ist so neu nicht, als das man deswegen den Film sehen müsste. Am Ende befindet sich Sam wieder in einer Anstalt. Nun ist es eine Nervenklinik - der Bruder, mit dem er nur über Telefon reden kann, aber ist in Freiheit, draußen vor der Tür.
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