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1998 - Golden Globes: Bester Nebendarsteller Burt Reynolds
1998 - MTV Awards: Breakthrough Performance Heather Graham
Der unscheinbare Eddie Adams hat es mit seinen 17 Jahren noch nicht weit gebracht. Er jobbt als Tellerwäscher in einem Nachtlokal. Doch gerade dort beginnt seine steile Karriere. Pornofilmer Jack Horner entdeckt ihn dort. Eddie ist nicht nur bestens ausgestattet für seine neue Laufbahn, sondern besitzt auch die nötige Triebkraft. Eddie Adams wird zum Porno-Star Dirk Diggler.
Bonusmaterial
- Audiokommentar

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Produktbeschreibung
1998 - Golden Globes:
Bester Nebendarsteller Burt Reynolds

1998 - MTV Awards:
Breakthrough Performance Heather Graham
Der unscheinbare Eddie Adams hat es mit seinen 17 Jahren noch nicht weit gebracht. Er jobbt als Tellerwäscher in einem Nachtlokal. Doch gerade dort beginnt seine steile Karriere. Pornofilmer Jack Horner entdeckt ihn dort. Eddie ist nicht nur bestens ausgestattet für seine neue Laufbahn, sondern besitzt auch die nötige Triebkraft.
Eddie Adams wird zum Porno-Star Dirk Diggler.

Bonusmaterial

- Audiokommentar
Autorenporträt
Die rothaarige US-Schauspielerin Julianne Moore ist durch zahlreiche Filme (aktuell "Die Stadt der Blinden") weltbekannt und wurde bereits viermal für den Oscar nominiert. Mit dem Regisseur Bart Freundlich hat sie zwei Kinder.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.06.2023

Hollywood von hinten

Ein bisschen Bildungsroman: Paul Thomas Anderson erzählt von der goldenen Ära des Pornofilms.

Hinter den Bergen liegt ein Land, das seine Bewohner wie Verächter einfach "das Valley" nennen. Frank Zappa hat es sarkastisch besungen auf seiner Single "Valley Girl". Wer vom San Fernando Valley auf den Bergrücken schaut, sieht bei klarem Wetter einen riesigen Schriftzug: das Hollywood-Zeichen von hinten. Es ist die Rückseite des Glamours, der Hinterhof, der selbst mal eine mittelständische Industrie beherbergte. Das Valley war der Parnass des Pornofilms in den Siebzigerjahren. Irgendwo an den endlosen Straßen im Schachbrettmuster wurde gedreht in Lagerhäusern oder einer großen Villa - wie sie Jack Horner, die Regisseurs- und Vatergestalt in "Boogie Nights", bewohnt. Er ist wie sein Darsteller Burt Reynolds ein Held der Siebziger, in der auch die sexuelle Revolution ihre Planwirtschaft und Stachanows fand. Es war eine Zeit, als man hoffte, gegenüber dem Konkurrenten jenseits der Hollywood Hills salonfähig zu werden - zumindest nahm man sich selbst so ernst in der kleinen Pornowelt wie die Player aus Hollywood.

Paul Thomas Anderson tut das auch. Er ist in Studio City im Valley aufgewachsen, hat dort nach "Boogie Nights" zwei weitere Filme angesiedelt, "Magnolia" (1999) und "Licorice Pizza" (2021), und ist so zum hingebungsvollen Heimatfilmer und Chronisten geworden. Anderson war 27 Jahre alt, als er 1997 "Boogie Nights" drehte, zu jung für nostalgische Gefühle, aber voller Neugier auf die goldene Ära des Pornofilms. "Boogie Nights" ist Familiensaga und ein bisschen Bildungsroman. Weil er davon erzählt, wie wunschintensive Helden sich nach allerlei Abenteuern in eine symbolische Ordnung einreihen, wie sie aufbrechen, nach Liebe, Geld, Ruhm und Glück suchen, wie sie straucheln und wieder Fuß fassen.

Der siebzehnjährige Eddie Adams, der sich bald "Dirk Diggler" nennen wird, ist vielleicht nicht gerade, was man sich unter einem modernen Wilhelm Meister vorstellt, doch wie dieser möchte er eine öffentliche Person sein, riesengroß seinen Namen auf Plakaten sehen und auf der Leinwand seine "private parts" zeigen. Der junge Mark Wahlberg spielt ihn mit einer hinreißenden Mischung aus Unschuld und Arroganz, Gefallenwollen und Selbstgefälligkeit, großkotzig und verletzlich, auf der Suche nach der Person, die er am wenigsten kennt: sich selbst. Das alte Erzählmuster verwebt sich mit der Geschichte von Aufstieg und Fall. Und während er erlebt, was ziemlich frei nach Flaubert eine "éducation sentimentale" heißen könnte, begleitet ihn der Sound der Seventies.

Anderson ist verliebt ins Tempo innerhalb der einzelnen Szenen und zugleich in die beiläufigen Momente und kleinen Gesten, mit denen seine Schauspieler die Rollen verlebendigen. Er bedient sich in seinem zweiten Spielfilm so ungeniert wie sicher im Fundus der Formen, weil er weiß, dass man das Kino nicht neu erfinden kann, sondern das Beste nehmen muss, um voranzukommen.

Wie bei der berühmten Kamerafahrt in Martin Scorseses "GoodFellas" taucht die Kamera ein in den Nachtklub, wie ein Discotänzer im "Saturday Night Fever" bewegt sich die Steadycam durch den Raum, und so kommen die wichtigsten Charaktere in der langen, ungeschnittenen Eingangssequenz zusammen. Burt Reynolds als Horner sitzt da am Tisch, hält Hof und sieht aus wie ein gefallener auteur, der möchte, dass seine Filme "true and right and dramatic" sind und die Zuschauer sich nicht nur einen runterholen. Die Kamera eilt weiter, sie wird in einem Pool untertauchen, die Schärfen blitzartig wechseln im Koksrausch und in Reißschwenks die Farben verschwimmen lassen, das Orange, das Braun der Hemden und Schlaghosen. Wie sich im Bildungsroman das gefährdete Ich in der Welt zu finden versucht, braucht auch Diggler seinen Spiegel. Er will ein "big, bright, shining star" werden. Mit Rollergirl (Heather Graham), die ihre Rollschuhe nie ablegt, gibt er auf Horners Sofa seine erste Talentprobe. Sex ist in "Boogie Nights" immer ein Stunt. Außerhalb des Sets kommt er nicht vor. Anderson lässt die Kamera in die Linse der Kamera schauen, die den Akt fotografiert, und wenn er vom Aufstieg des Dirk Diggler erzählt, der penibel die Kleidung im Schrank nach Farben ordnet und stolz in seine rote Corvette steigt, spiegelt sich diese Selbstdarstellung in dem Dokumentarfilm wider, den Amber (Julianne Moore) dreht. Sie übernimmt als alternder Pornostar die Mutterrolle für Diggler und Rollergirl.

In "Boogie Nights" sind viel Einsamkeit und Absturz. Ein Zwischentitel kündigt ihn an: "Long way down". Als Diggler und zwei Freunde einmal richtig abzocken wollen, richten sie im Drogenrausch ein Blutbad an, in das so unpassend wie genial Nenas "99 Luftballons" hineinfliegen. Die Erlösung liegt hier allein darin, davongekommen zu sein. Was wie ein Happy End aussieht, ist nur dessen Second-Hand-Version. Das ist angemessener als ein Fall ins Bodenlose. Noch einmal findet sich der Held am Ende vorm Spiegel, im letzten der Mann-Penis-Dialoge, in dem er zum ersten Mal seine 32 Zentimeter raushängen lässt. Die Erziehung des Herzens endet ein paar Handbreit tiefer. PETER KÖRTE

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