Immobilienmakler Jonathan Harker (Keanu Reeves), geschäftlich unterwegs in Transsylvanien, folgt der Einladung eines alten Grafen. Bereits kurz nach der Ankunft auf dem Schloss entdeckt er, wer sein Gastgeber wirklich ist: Dracula (Gary Oldman), der Fürst der Vampire. Als Dracula ein Foto von Jonathans Verlobter Mina (Winona Ryder) sieht, ist es um den Meister der Dunkelheit geschehen: Mina gleicht Draculas verstorbener Braut Elisabeta aufs Haar! Dracula überlistet Jonathan und reist blutdürstend zu Mina nach London ...
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Filmografie Schauspieler und Regisseur-Weitere Hintergrundinformationen zum Film. - Kinotrailer - DVD-Trailer - Kostüme (Texttafel) - Filmografien - Dokumentation "Dracula Bloodlines: The Man, The Myth, The Legend"Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.05.2013Im Schatten junger Mädchenblüte
Radikal heruntergekühltes Durcheinander: Der Film "Stoker" von Park Chan-wook
India Stoker hat keinen Vater mehr. Der Mann, von dem sie das Töten gelernt hat, ist selbst tot, gestorben bei einem schrecklichen Unfall mit dem Auto. Nun muss das Mädchen mit seiner Trauer zurechtkommen. Die Mutter ist keine Hilfe, sie zieht die Vorhänge zu und verkriecht sich in den weitläufigen Räumlichkeiten des Anwesens, auf dem die Stokers ihr seltsam entrücktes Leben führen. Ganz für sich bleiben sie allerdings nicht, denn beim Begräbnis von Richard Stoker ist jemand aufgetaucht, mit dem niemand gerechnet hat. Onkel Charlie leistet den beiden Frauen nun Gesellschaft, ein formvollendeter Gentleman, der beim Tennis wie bei der Abendunterhaltung alles richtig macht. Als Objekt der Begierde kommt er sowohl für die Mutter wie die Tochter in Frage. Und so plaziert er sich geschickt genau in der Mitte, spielt den Tröster und Verführer und erweckt zugleich die Neugierde wie den Argwohn von India, die ihrer Familie längst heimlich entwachsen ist.
Zu Beginn von "Stoker" von Park Chan-wook sehen wir sie in offener Landschaft. Sie spricht von Freiheit, doch die Einstellung birgt ein dunkles Geheimnis, das die Geschichte des Films allmählich enthüllen wird. Es betrifft die eigentliche Identität von India, die allem Anschein nach ein introvertierter Teenager ist, deren ausgeprägte Beobachtungsgabe sie jedoch zu einer perfekten Identifikationsfigur macht.
Denn es geht in "Stoker" darum, die Zeichen zu lesen, die Onkel Charlie setzt. Manche sind offensichtlich, etwa die Schuhe, die er India jedes Jahr zum Geburtstag schenkt - "saddle shoes", sportliche Unisex-Schuhe, sexuell codiert allenfalls für Verehrer von Schulmädchen. Sie erweisen sich als Platzhalter für die "high heels", mit denen Onkel Charlie nicht nur die Initiation von India in die Ordnung der Erwachsenen markiert, sondern sie sich auch gefügig zu machen versucht. Doch India trägt ja noch dieses Erbe in sich, das sie von ihrem Vater übernommen hat, einem Jäger, der ihr beigebracht hat, wie man geduldig auf den richtigen Augenblick zum Töten wartet.
Mit seiner Kombination von Motiven geht "Stoker" dabei manchmal fast ein wenig zu weit. Schon mit ihrem Namen erweist sich India als ein deutlich überdeterminiertes Geschöpf, das arg viele Ideen auf sich vereinen muss. Mia Wasikovska, die in Tim Burtons "Alice in Wonderland" die Alice spielte, macht ihre Sache durchaus gut, sie hält die Spannung zwischen Erotikthriller und Adoleszenzdrama, und sie setzt den Manipulationen von Onkel Charlie (Matthew Goode) ein gesundes Maß Skepsis entgegen. Nicole Kidman in der Rolle der Mutter ist hingegen eher eine Camp-Figur, eine Karikatur lasziver Erotik, der Park Chan-wook mit dem Song "Summer Wine" von Lee Hazlewood und Nancy Sinatra auch ein sehr plakatives Thema zuordnet.
Für den koreanischen Regisseur muss dieser Stoff, der auf ein Drehbuch von Wentworth Miller zurückgeht, durchaus plausibel gewesen sein, denn er entspricht in seiner Formelhaftigkeit dem oft eher auf Stil als auf inhaltliche Plausibilität setzenden asiatischen Genrekino. Doch Park Chan-wook steht eigentlich für etwas anderes, nämlich für ein stark aufgeladenes Autorengenrekino, in dem Ironie und Gewalt eine große Rolle spielen, vor allem in seiner "Vengeance"-Trilogie, aus der "Old Boy" im Westen vielleicht am bekanntesten ist.
In "Stoker" zählt nun in erster Linie die Atmosphäre, eine Art "new england gothic", halb Henry James, halb James Fenimore Cooper, vermittelt durch Hitchcock. Ein ziemliches Durcheinander, aus dem Chan-wook sich nur zu helfen weiß, indem er es radikal herunterkühlt. Und so bewegen wir uns mit India durch dieses Haus und diesen Garten, in denen es zwar nicht richtig spukt, wo aber auch nichts wirklich so ist, wie es in einer normalen Familie sein müsste. Und mit jeder neuen Szene wächst das Staunen darüber, wie die Globalisierung des Kinos hier einen Film hervorgebracht hat, der seine Fühler in alle Richtungen hin ausstreckt, dabei aber blind und taub zu sein scheint für die einfachen Frage: Wie könnte jemand das lächerliche Charisma von Onkel Charlie nicht durchschauen? Doch vielleicht täuschen wir uns ja in India. Auch wenn es kein ganz gelungener Film ist, empfiehlt es sich deshalb, "Stoker" bis ganz zum Schluss zu schauen.
BERT REBHANDL
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Radikal heruntergekühltes Durcheinander: Der Film "Stoker" von Park Chan-wook
India Stoker hat keinen Vater mehr. Der Mann, von dem sie das Töten gelernt hat, ist selbst tot, gestorben bei einem schrecklichen Unfall mit dem Auto. Nun muss das Mädchen mit seiner Trauer zurechtkommen. Die Mutter ist keine Hilfe, sie zieht die Vorhänge zu und verkriecht sich in den weitläufigen Räumlichkeiten des Anwesens, auf dem die Stokers ihr seltsam entrücktes Leben führen. Ganz für sich bleiben sie allerdings nicht, denn beim Begräbnis von Richard Stoker ist jemand aufgetaucht, mit dem niemand gerechnet hat. Onkel Charlie leistet den beiden Frauen nun Gesellschaft, ein formvollendeter Gentleman, der beim Tennis wie bei der Abendunterhaltung alles richtig macht. Als Objekt der Begierde kommt er sowohl für die Mutter wie die Tochter in Frage. Und so plaziert er sich geschickt genau in der Mitte, spielt den Tröster und Verführer und erweckt zugleich die Neugierde wie den Argwohn von India, die ihrer Familie längst heimlich entwachsen ist.
Zu Beginn von "Stoker" von Park Chan-wook sehen wir sie in offener Landschaft. Sie spricht von Freiheit, doch die Einstellung birgt ein dunkles Geheimnis, das die Geschichte des Films allmählich enthüllen wird. Es betrifft die eigentliche Identität von India, die allem Anschein nach ein introvertierter Teenager ist, deren ausgeprägte Beobachtungsgabe sie jedoch zu einer perfekten Identifikationsfigur macht.
Denn es geht in "Stoker" darum, die Zeichen zu lesen, die Onkel Charlie setzt. Manche sind offensichtlich, etwa die Schuhe, die er India jedes Jahr zum Geburtstag schenkt - "saddle shoes", sportliche Unisex-Schuhe, sexuell codiert allenfalls für Verehrer von Schulmädchen. Sie erweisen sich als Platzhalter für die "high heels", mit denen Onkel Charlie nicht nur die Initiation von India in die Ordnung der Erwachsenen markiert, sondern sie sich auch gefügig zu machen versucht. Doch India trägt ja noch dieses Erbe in sich, das sie von ihrem Vater übernommen hat, einem Jäger, der ihr beigebracht hat, wie man geduldig auf den richtigen Augenblick zum Töten wartet.
Mit seiner Kombination von Motiven geht "Stoker" dabei manchmal fast ein wenig zu weit. Schon mit ihrem Namen erweist sich India als ein deutlich überdeterminiertes Geschöpf, das arg viele Ideen auf sich vereinen muss. Mia Wasikovska, die in Tim Burtons "Alice in Wonderland" die Alice spielte, macht ihre Sache durchaus gut, sie hält die Spannung zwischen Erotikthriller und Adoleszenzdrama, und sie setzt den Manipulationen von Onkel Charlie (Matthew Goode) ein gesundes Maß Skepsis entgegen. Nicole Kidman in der Rolle der Mutter ist hingegen eher eine Camp-Figur, eine Karikatur lasziver Erotik, der Park Chan-wook mit dem Song "Summer Wine" von Lee Hazlewood und Nancy Sinatra auch ein sehr plakatives Thema zuordnet.
Für den koreanischen Regisseur muss dieser Stoff, der auf ein Drehbuch von Wentworth Miller zurückgeht, durchaus plausibel gewesen sein, denn er entspricht in seiner Formelhaftigkeit dem oft eher auf Stil als auf inhaltliche Plausibilität setzenden asiatischen Genrekino. Doch Park Chan-wook steht eigentlich für etwas anderes, nämlich für ein stark aufgeladenes Autorengenrekino, in dem Ironie und Gewalt eine große Rolle spielen, vor allem in seiner "Vengeance"-Trilogie, aus der "Old Boy" im Westen vielleicht am bekanntesten ist.
In "Stoker" zählt nun in erster Linie die Atmosphäre, eine Art "new england gothic", halb Henry James, halb James Fenimore Cooper, vermittelt durch Hitchcock. Ein ziemliches Durcheinander, aus dem Chan-wook sich nur zu helfen weiß, indem er es radikal herunterkühlt. Und so bewegen wir uns mit India durch dieses Haus und diesen Garten, in denen es zwar nicht richtig spukt, wo aber auch nichts wirklich so ist, wie es in einer normalen Familie sein müsste. Und mit jeder neuen Szene wächst das Staunen darüber, wie die Globalisierung des Kinos hier einen Film hervorgebracht hat, der seine Fühler in alle Richtungen hin ausstreckt, dabei aber blind und taub zu sein scheint für die einfachen Frage: Wie könnte jemand das lächerliche Charisma von Onkel Charlie nicht durchschauen? Doch vielleicht täuschen wir uns ja in India. Auch wenn es kein ganz gelungener Film ist, empfiehlt es sich deshalb, "Stoker" bis ganz zum Schluss zu schauen.
BERT REBHANDL
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