Völlig verkatert und immer noch Single, beschließt Bridget Jones (Renée Zellweger) am Neujahrstag, ihr Leben endlich in den Griff zu kriegen - und Tagebuch zu führen: "Vorsatz Nummer eins: Muss unbedingt zwanzig Pfund abnehmen! Vorsatz Nummer zwei: Netten, einfühlsamen Freund suchen und nie wieder eine Beziehung mit Spannern, Größenwahnsinnigen, emotionalen Flachwichsern oder Perversen eingehen!" Leichter gesagt als getan - immerhin muss sich Bridget zwischen dem "amtlichen-Sex-Gott-mit-dickem-Auto" Daniel Cleaver (Hugh Grant) und dem "unnahbar-wirkenden-aber-dennoch-nachdenklich-sensiblen" Mark Darcy (Colin Firth) entscheiden ...
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.04.2001Tagebuch einer englischen Katastrophe
Die Bilder-Bibel der Singles aller Welt im Kino: "Bridget Jones's Diary" mit Renée Zellwegger und Hugh Grant ist der Film zum Buch vom Phänomen
LONDON, 22. April
In Buch und Film sind Heldinnen auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Anstatt wie einst Marilyn Monroe durch Schönheit, Charme und Anmut Männer zu inspirieren und deshalb auch für Frauen ein Idol zu sein, zählen sie heute Kalorien, geleerte Gläser und gerauchte Zigaretten. Sie stecken voller Unsicherheiten, stolpern von einem Fettnäpfchen ins andere - und sehen dabei nicht einmal gut aus. Dennoch sind es ausgerechnet solche getriebenen Wesen, die zu Ikonen der modernen Frau stilisiert werden.
In Großbritannien zum Beispiel gibt es seit 1996 ein Phänomen namens Bridget Jones, das in seiner gesellschaftlichen Manifestation längst "Bridgetness" genannt wird. Bridget Jones erfüllt alle Klischees der weiblichen Singles um die Dreißig: sie möchte ehrgeizig und erfolgreich sein, ist aber letztlich doch einsam und in hektischen Herzensnöten verfangen. In ihrem emotionalen Chaos ist die englische Heldin Bridget nicht allein; haben sich doch amerikanische Fernsehserien wie "Ally McBeal", "Frasier" oder "Friends" seit Jahren mit Geschichten aus dem Singleleben in die Herzen der Fernsehzuschauer gespielt. Sie alle sind Gefährten auf der Suche nach Liebe; ein Weg, bei dem jeder Strauchler und Stolperer das Publikum anrührt. Die eine Hälfte der Zuschauer identifiziert sich, endlich gewiß, nicht allein zu sein, mit diesen gehetzten Gestalten. Die andere aber freut sich klammheimlich: So bemitleidenswert werde ich nie sein!
Die Geschichte des Films "Bridget Jones's Diary", der am Eröffnungswochenende in England bereits die bisherigen Box-Office-Hits "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" und "Notting Hill" in den Schatten stellte und sich nun anschickt, zum kommerziell erfolgreichsten britischen Film zu werden, beginnt mit einer Zeitungskolumne. Die Journalistin Helen Fielding verfaßte für den "Independent" das fiktive Tagebuch einer gewissen Bridget Jones. Miss Jones ist Anfang Dreißig und alleinstehend. Sie verbringt die Tage bei der Arbeit in der Presseabteilung eines Verlags und die Abende mit ihren Freundinnen Shazzer, Jude und dem schwulen Tom. Ein Jahr lang begleitet das Tagebuch Bridget bei zahllosen Diäten, Millionen Kalorien, Tausenden Zigaretten, folgt ihr durch die Aufs und vor allem Abs ihrer unglückseligen Liebesgeschichte mit ihrem durchtriebenen Boss Daniel Cleaver (im Film gespielt von Hugh Grant) und sinkt schließlich mit ihr in die Arme des grüblerischen, doch anständigen Anwalts Mark Darcy (Colin Firth). Viele gebrochene Vorsätze, zwei Jobs und zwei Männer später ist aus der Pechmarie ein Aschenbrödel geworden, dessen Witz und Selbstironie aber immerhin ein Talent zur Prinzessin erkennen lassen.
Aus der Kolumne wurde ein Buch, das sich bis heute allein in Britannien weit über eine Million Mal verkaufte. Nun hat das Team, das schon für "Four Weddings" und "Notting Hill" verantwortlich zeichnete, sich auch "Bridget Jones's Diary" vorgenommen. Parallelen zu den beiden Vorläufern liegen auf der Hand: in allen dreien spielt Hugh Grant die männliche Hauptrolle - nur ist er diesmal nicht ganz so vertrottelt. In allen dreien wird seine Partnerin von einer amerikanischen Schauspielerin verkörpert - nur soll man dieser ihre Nationalität nicht anmerken. Alle drei Filme erzählen neben dem Liebesreigen noch von einem Freundeskreis - nur sind diesmal auch Eltern mit von der Partie. Angelegt sind die Filme im Milieu der gehobenen englischen Mittelklasse. Diesmal jedoch geht es weitaus spießiger, kleinbürgerlicher und beengter zu: "Bridget Jones's Diary" will ganz offensichtlich an die beiden anderen Filme anknüpfen, schafft es jedoch nicht ganz. Das liegt nicht an den Schauspielern. Renée Zellwegger, die für die Rolle einige Kilo zunahm und sich während eines dreimonatigen Aufenthalts in der Presseabteilung eines Londoner Verlags einen glaubwürdigen englischen Akzent zulegte, ist eine durchaus überzeugende Bridget. Doch selbst sie kann den drastischen Szenen, die ihr das Drehbuch vorschreibt, nicht immer die quälende Peinlichkeit nehmen.
Gleich zu Beginn des Films wird am Neujahrsbuffet von Freunden der Eltern ein Treffen zwischen Bridget und Mark Darcy arrangiert. Während sich die beiden im Buch über Belanglosigkeiten unterhalten und sich offenkundig furchtbar finden, wird Bridget im Film der Satz abgerungen: "Ich weiß auch nicht, was ich hier tue, anstatt den Neujahrstag wie alle vernünftigen Leute mit dem Kopf in der Kloschüssel zu verbringen." Und nicht nur das. Im Buch ist Bridgets Gejammere meist zwar enervierend, doch komisch, oft vulgär und naiv, doch nie gänzlich dumm. Im Film aber weiß sie trotz Anglistik-Studium nicht, daß der Autor F. R. Leavis längst tot ist, und hält El Niño für einen lateinamerikanischen Tanz. Der peinlichste Moment aber ist gekommen, als Bridget eine Rede zu einer Buchvorstellung halten muß und sich vor Salman Rushdie, der einen Gastauftritt feiert, unendlich blamiert. Überhaupt ist der Film eine einzige Folge von kalkulierten Blamagen, derer sich Bridget selbst meist nicht bewußt ist, was ihre Lage umso mißlicher erscheinen läßt.
Doch der Zuschauer, der sich im Kinosessel winden oder aber befreit über Bridgets Katastrophenmanagement lachen mag, ist der Regisseurin Sharon Maguire und dem Drehbuchautor Richard Curtis längst in die Falle getappt: Die Drastik ist eine Masche. Vor einigen Jahren erfolgreich, hat sie sich mehr und mehr abgenutzt. Mochte man bei "Vier Hochzeiten" noch über Hugh Grants Flüche lachen und bei "Notting Hill" noch die rüden Sprüche goutieren, ist das fünfzehnte "F***!" bei Bridget nur noch zäh. Ausgereizt sind auch die Klischees der "Britishness", die alle drei Filme weidlich ausnutzten - und die nicht zuletzt zum großen Erfolg in Amerika beitrugen.
Spätestens beim Happy-End in einem völlig unenglischen Schneetreiben mag sich der Zyniker voller Entsetzen abwenden. Wie sich Bridget, ausstaffiert nur mit einem Leoparden-Tanga, einem babyblauen T-Shirt und Turnschuhen, auf offener Straße in die Arme des absolut korrekt gekleideten Mark Darcy wirft, ist der sentimentale Gipfel der Unglaubwürdigkeit. Doch auch das ist Programm. Hätten nicht alle Filme der Trilogie so unwahrscheinliche Happy-Ends geboten, wären sie wohl kaum als besonders gelungene Beispiele romantischer Komödien in Erinnerung geblieben - sondern als Filme über Versagen, Unsicherheit und Angst.
In den beiden anderen Filmen waren die Frauen stärker, schöner und erfolgreicher als der Mann - und ergriffen für ihn die Initiative, was zumal Hugh Grant sehr zupaß kam. Diesmal sind die beiden Männer - bei allen Unzulänglichkeiten - stets in der überlegenen Position, was ihr Hingerissensein von Bridget, um die sie sich einmal sogar prügeln, noch fragwürdiger macht.
Als Frau, so will es der diktatorische gute Ton, soll man niemals zu weit gehen. Doch ebendie Lust am steten "zu weit gehen" hat diese Filme so erfolgreich gemacht. Letztlich geht es nämlich nicht um Bridgets exzessives Essen, Rauchen oder Trinken, sondern um ihre emotionellen Überreaktionen, in denen sich ihre Seele entblößt und die sie immer wieder ins Unglück stolpern lassen. Bridget redet zu viel, ißt zu viel, raucht zu viel, trinkt zu viel - und wird dabei das Gefühl nicht los, einfach zu sehr sie selbst zu sein - und damit eine vollkommen unzulängliche Person. Immer wieder fragt sie sich geschockt: "Habe ich das wirklich getan?/gesagt?/gedacht?" Im Buch rettet ihr Witz sie vor dem Abgleiten in unmögliche, billige Situationen; im Film ist ihr der Mutterwitz zugunsten von Slapstick abhanden gekommen.
Mark Darcy sagt einmal zu ihr: "Ich mag dich so, wie du bist." Sie glaubt ihm nicht. Doch am Ende gewinnt sie sein Herz, als sie ihrerseits diesen Satz zu ihm sagt - und dafür all ihren Mut zusammennehmen muß. Am Ende des Films wie auch des Buchs hat Bridget alle Regeln gebrochen, die Mütter Töchtern eintrichtern, und wird trotzdem von einem Mann geliebt. Ganz im Gegensatz zu all ihren guten Vorsätzen - "muß unabhängige, zurückhaltende Eiskönigin sein" - ist Bridget nie cool, souverän oder hat die Dinge im Griff. Und genau dieses Nicht-cool-Sein macht sie so liebenswert - und den Zuschauern so sympathisch.
Weder gehört das Buch "Bridget Jones's Diary" zum literarischen Kanon, noch ist der Film eine intellektuelle Herausforderung: Beide sind immens erfolgreich, weil viele Menschen sich darin wiedererkennen. Wie seine Heldin ist der Film nicht erhaben, klug oder gar erwachsen. Wäre er allerdings nur der Wirklichkeit und nicht auch ein wenig der Phantasie entsprungen, müßte man die Männer, aber auch die Frauen bedauern.
FELICITAS VON LOVENBERG
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Die Bilder-Bibel der Singles aller Welt im Kino: "Bridget Jones's Diary" mit Renée Zellwegger und Hugh Grant ist der Film zum Buch vom Phänomen
LONDON, 22. April
In Buch und Film sind Heldinnen auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Anstatt wie einst Marilyn Monroe durch Schönheit, Charme und Anmut Männer zu inspirieren und deshalb auch für Frauen ein Idol zu sein, zählen sie heute Kalorien, geleerte Gläser und gerauchte Zigaretten. Sie stecken voller Unsicherheiten, stolpern von einem Fettnäpfchen ins andere - und sehen dabei nicht einmal gut aus. Dennoch sind es ausgerechnet solche getriebenen Wesen, die zu Ikonen der modernen Frau stilisiert werden.
In Großbritannien zum Beispiel gibt es seit 1996 ein Phänomen namens Bridget Jones, das in seiner gesellschaftlichen Manifestation längst "Bridgetness" genannt wird. Bridget Jones erfüllt alle Klischees der weiblichen Singles um die Dreißig: sie möchte ehrgeizig und erfolgreich sein, ist aber letztlich doch einsam und in hektischen Herzensnöten verfangen. In ihrem emotionalen Chaos ist die englische Heldin Bridget nicht allein; haben sich doch amerikanische Fernsehserien wie "Ally McBeal", "Frasier" oder "Friends" seit Jahren mit Geschichten aus dem Singleleben in die Herzen der Fernsehzuschauer gespielt. Sie alle sind Gefährten auf der Suche nach Liebe; ein Weg, bei dem jeder Strauchler und Stolperer das Publikum anrührt. Die eine Hälfte der Zuschauer identifiziert sich, endlich gewiß, nicht allein zu sein, mit diesen gehetzten Gestalten. Die andere aber freut sich klammheimlich: So bemitleidenswert werde ich nie sein!
Die Geschichte des Films "Bridget Jones's Diary", der am Eröffnungswochenende in England bereits die bisherigen Box-Office-Hits "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" und "Notting Hill" in den Schatten stellte und sich nun anschickt, zum kommerziell erfolgreichsten britischen Film zu werden, beginnt mit einer Zeitungskolumne. Die Journalistin Helen Fielding verfaßte für den "Independent" das fiktive Tagebuch einer gewissen Bridget Jones. Miss Jones ist Anfang Dreißig und alleinstehend. Sie verbringt die Tage bei der Arbeit in der Presseabteilung eines Verlags und die Abende mit ihren Freundinnen Shazzer, Jude und dem schwulen Tom. Ein Jahr lang begleitet das Tagebuch Bridget bei zahllosen Diäten, Millionen Kalorien, Tausenden Zigaretten, folgt ihr durch die Aufs und vor allem Abs ihrer unglückseligen Liebesgeschichte mit ihrem durchtriebenen Boss Daniel Cleaver (im Film gespielt von Hugh Grant) und sinkt schließlich mit ihr in die Arme des grüblerischen, doch anständigen Anwalts Mark Darcy (Colin Firth). Viele gebrochene Vorsätze, zwei Jobs und zwei Männer später ist aus der Pechmarie ein Aschenbrödel geworden, dessen Witz und Selbstironie aber immerhin ein Talent zur Prinzessin erkennen lassen.
Aus der Kolumne wurde ein Buch, das sich bis heute allein in Britannien weit über eine Million Mal verkaufte. Nun hat das Team, das schon für "Four Weddings" und "Notting Hill" verantwortlich zeichnete, sich auch "Bridget Jones's Diary" vorgenommen. Parallelen zu den beiden Vorläufern liegen auf der Hand: in allen dreien spielt Hugh Grant die männliche Hauptrolle - nur ist er diesmal nicht ganz so vertrottelt. In allen dreien wird seine Partnerin von einer amerikanischen Schauspielerin verkörpert - nur soll man dieser ihre Nationalität nicht anmerken. Alle drei Filme erzählen neben dem Liebesreigen noch von einem Freundeskreis - nur sind diesmal auch Eltern mit von der Partie. Angelegt sind die Filme im Milieu der gehobenen englischen Mittelklasse. Diesmal jedoch geht es weitaus spießiger, kleinbürgerlicher und beengter zu: "Bridget Jones's Diary" will ganz offensichtlich an die beiden anderen Filme anknüpfen, schafft es jedoch nicht ganz. Das liegt nicht an den Schauspielern. Renée Zellwegger, die für die Rolle einige Kilo zunahm und sich während eines dreimonatigen Aufenthalts in der Presseabteilung eines Londoner Verlags einen glaubwürdigen englischen Akzent zulegte, ist eine durchaus überzeugende Bridget. Doch selbst sie kann den drastischen Szenen, die ihr das Drehbuch vorschreibt, nicht immer die quälende Peinlichkeit nehmen.
Gleich zu Beginn des Films wird am Neujahrsbuffet von Freunden der Eltern ein Treffen zwischen Bridget und Mark Darcy arrangiert. Während sich die beiden im Buch über Belanglosigkeiten unterhalten und sich offenkundig furchtbar finden, wird Bridget im Film der Satz abgerungen: "Ich weiß auch nicht, was ich hier tue, anstatt den Neujahrstag wie alle vernünftigen Leute mit dem Kopf in der Kloschüssel zu verbringen." Und nicht nur das. Im Buch ist Bridgets Gejammere meist zwar enervierend, doch komisch, oft vulgär und naiv, doch nie gänzlich dumm. Im Film aber weiß sie trotz Anglistik-Studium nicht, daß der Autor F. R. Leavis längst tot ist, und hält El Niño für einen lateinamerikanischen Tanz. Der peinlichste Moment aber ist gekommen, als Bridget eine Rede zu einer Buchvorstellung halten muß und sich vor Salman Rushdie, der einen Gastauftritt feiert, unendlich blamiert. Überhaupt ist der Film eine einzige Folge von kalkulierten Blamagen, derer sich Bridget selbst meist nicht bewußt ist, was ihre Lage umso mißlicher erscheinen läßt.
Doch der Zuschauer, der sich im Kinosessel winden oder aber befreit über Bridgets Katastrophenmanagement lachen mag, ist der Regisseurin Sharon Maguire und dem Drehbuchautor Richard Curtis längst in die Falle getappt: Die Drastik ist eine Masche. Vor einigen Jahren erfolgreich, hat sie sich mehr und mehr abgenutzt. Mochte man bei "Vier Hochzeiten" noch über Hugh Grants Flüche lachen und bei "Notting Hill" noch die rüden Sprüche goutieren, ist das fünfzehnte "F***!" bei Bridget nur noch zäh. Ausgereizt sind auch die Klischees der "Britishness", die alle drei Filme weidlich ausnutzten - und die nicht zuletzt zum großen Erfolg in Amerika beitrugen.
Spätestens beim Happy-End in einem völlig unenglischen Schneetreiben mag sich der Zyniker voller Entsetzen abwenden. Wie sich Bridget, ausstaffiert nur mit einem Leoparden-Tanga, einem babyblauen T-Shirt und Turnschuhen, auf offener Straße in die Arme des absolut korrekt gekleideten Mark Darcy wirft, ist der sentimentale Gipfel der Unglaubwürdigkeit. Doch auch das ist Programm. Hätten nicht alle Filme der Trilogie so unwahrscheinliche Happy-Ends geboten, wären sie wohl kaum als besonders gelungene Beispiele romantischer Komödien in Erinnerung geblieben - sondern als Filme über Versagen, Unsicherheit und Angst.
In den beiden anderen Filmen waren die Frauen stärker, schöner und erfolgreicher als der Mann - und ergriffen für ihn die Initiative, was zumal Hugh Grant sehr zupaß kam. Diesmal sind die beiden Männer - bei allen Unzulänglichkeiten - stets in der überlegenen Position, was ihr Hingerissensein von Bridget, um die sie sich einmal sogar prügeln, noch fragwürdiger macht.
Als Frau, so will es der diktatorische gute Ton, soll man niemals zu weit gehen. Doch ebendie Lust am steten "zu weit gehen" hat diese Filme so erfolgreich gemacht. Letztlich geht es nämlich nicht um Bridgets exzessives Essen, Rauchen oder Trinken, sondern um ihre emotionellen Überreaktionen, in denen sich ihre Seele entblößt und die sie immer wieder ins Unglück stolpern lassen. Bridget redet zu viel, ißt zu viel, raucht zu viel, trinkt zu viel - und wird dabei das Gefühl nicht los, einfach zu sehr sie selbst zu sein - und damit eine vollkommen unzulängliche Person. Immer wieder fragt sie sich geschockt: "Habe ich das wirklich getan?/gesagt?/gedacht?" Im Buch rettet ihr Witz sie vor dem Abgleiten in unmögliche, billige Situationen; im Film ist ihr der Mutterwitz zugunsten von Slapstick abhanden gekommen.
Mark Darcy sagt einmal zu ihr: "Ich mag dich so, wie du bist." Sie glaubt ihm nicht. Doch am Ende gewinnt sie sein Herz, als sie ihrerseits diesen Satz zu ihm sagt - und dafür all ihren Mut zusammennehmen muß. Am Ende des Films wie auch des Buchs hat Bridget alle Regeln gebrochen, die Mütter Töchtern eintrichtern, und wird trotzdem von einem Mann geliebt. Ganz im Gegensatz zu all ihren guten Vorsätzen - "muß unabhängige, zurückhaltende Eiskönigin sein" - ist Bridget nie cool, souverän oder hat die Dinge im Griff. Und genau dieses Nicht-cool-Sein macht sie so liebenswert - und den Zuschauern so sympathisch.
Weder gehört das Buch "Bridget Jones's Diary" zum literarischen Kanon, noch ist der Film eine intellektuelle Herausforderung: Beide sind immens erfolgreich, weil viele Menschen sich darin wiedererkennen. Wie seine Heldin ist der Film nicht erhaben, klug oder gar erwachsen. Wäre er allerdings nur der Wirklichkeit und nicht auch ein wenig der Phantasie entsprungen, müßte man die Männer, aber auch die Frauen bedauern.
FELICITAS VON LOVENBERG
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