Life sucks! Marty ist ein Loser. Seit Jahren wird er von seinem besten Freund Bobby schikaniert. Der liebt es geradezu, seine Mitmenschen zu quälen und vor allem Marty muss regelmäßig daran glauben. Schwulen-Pornos drehen, strippen für Geld, schmerzhafte Demütigungen - immer ist Marty der Dumme. Als er Lisa kennen- und lieben lernt, werden sie und ihre beste Freundin Ali von Bobby sogar vergewaltigt.
Lisa sieht nur noch einen Ausweg: Bobby muss sterben! Mit Hilfe einer stets zugedröhnten Clique und einem angeheuerten Auftragskiller wird der Plan dilettantisch in die Tat umgesetzt.
Lisa sieht nur noch einen Ausweg: Bobby muss sterben! Mit Hilfe einer stets zugedröhnten Clique und einem angeheuerten Auftragskiller wird der Plan dilettantisch in die Tat umgesetzt.
Bonusmaterial
DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Biographien Crew - Kapitel- / Szenenanwahl - Interviews - Behind the Scenes - FilmografienFrankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.08.2001Die wahre und die falsche Bewegung
Filme von Giuseppe Bertolucci, Alfonso Cuarón und Larry Clark auf der Biennale in Venedig
VENEDIG, 30. August
Am Eingang zum Casinò, dem Spiel- und Kongreßpalast, in dem die Filme der Retrospektive und der Nebenreihen gezeigt werden, steht eine automatische Drehtür. Jahrelang hat sie funktioniert. In diesem Jahr steht sie still. Ein Angestellter des Festivals putzt die Scheiben, doch der Motor ist außer Betrieb. Die ruhende Tür ist beileibe noch kein Symbol für den Gesamtzustand der Filmschau, aber es ist doch erstaunlich, was man wahrnimmt, wenn man mit einem gewissen Zweifel auf die Dinge am Lido blickt.
Seit seinen Anfängen ist das Kino in Bewegung. Türen, auch Drehtüren, spielen in vielen Filmen eine Rolle, aber noch wichtiger sind die Vehikel, mit denen man von einem Ort zum anderen gelangt. Die Verkehrsmittel, die ein Film benutzt, sagen schon einiges über das Ziel, das er erreichen will, über den Charakter und das Tempo seiner Geschichte. Eine Liebe im Schlafwagen ist nicht dasselbe wie eine Leidenschaft im Flugzeug.
Giuseppe Bertolucci, der Regisseur des Eröffnungsbeitrags der Reihe "Cinema del Presente", schickt seine Heldin mit der Eisenbahn los. Auf der Fahrt von Mailand nach Lugano lernt Sofia den Zugschaffner Pietro kennen, einen gemütlichen älteren Mann. Gemeinsam fahren sie über den Luganer See, dann gehen sie zu Fuß in die Berge, schließlich, nach einem Rückweg voller Mißverständnisse, trennen sie sich wieder. Das unverhoffte Glück ist kurz, wie alles in diesem Film, der "L'amore probabilmente" heißt, weil auch jede andere Bewegung in ihm nur probabilmente stattfindet, in einem Zwischenraum zwischen Wahrscheinlich und Vielleicht, dem die mediale Grübelei des Regisseurs enge Grenzen zieht. Bertolucci, der Bruder des bekannteren Bernardo, hat die Geschichte Sofias in einen Käfig aus Reflexionen und Kommentaren gesperrt, aus dem kein noch so gefühlvoller Augenblick entfliehen kann.
Drei Kapitel, "Die Lüge", "Die Wahrheit" und "Die Illusion" beschriftet, gliedern den Film. Zwischen den Episoden der Handlung, die durch Videoaufnahmen zusätzlich aufgerauht sind, sieht man Szenen einer Theaterlektion, einer Leseprobe im Tonstudio, einer Vorbesprechung im Garten des Regisseurs. Kein Augenblick steht für sich, kein Dialogsatz bleibt unbefragt. So erwächst aus dem Mißtrauen gegenüber den Bildern und dem Glauben an die eigenen künstlerischen Bedenken ein filmischer Hybrid, ein halbnarrativer Kinoessay, der vor lauter Gewichtigkeit kaum gehen kann.
In Alfonso Cuaróns Wettbewerbsbeitrag "Y tu Mama también" ("Und deine Mama auch") fahren zwei gelangweilte Jugendliche mit einer Frau in einem alten Kombi quer durch das mexikanische Hochland ans Meer. Der Wagen bewegt sich langsam, der Film auch. Während er von der allmählich wachsenden Vertrautheit zwischen Julio und Tenoch und der zehn Jahre älteren Luisa erzählt, hat Cuarón immer wieder Zeit, aus dem Autofenster Blicke auf die Wirklichkeit Mexikos zu werfen.
Man sieht ein Land, das vom Einfluß des Militärs noch nicht befreit ist, einen Staat im Zwielicht zwischen Korruption und Gerechtigkeit, eine Klassengesellschaft mit haarsträubenden Unterschieden zwischen Arm und Reich. Daß Cuarón seiner Geschichte immer wieder mal den Ton abdreht, um aus dem Off über die Vorgeschichte und das weitere Schicksal seiner Helden zu berichten, tut dem Charme dieses Films keinen Abbruch. "Y tu Mama también" wird in Deutschland wahrscheinlich nie in den Verleih kommen, aber es tut gut, ihn hier gesehen zu haben, weil er beweist, daß Beweglichkeit im Kino nicht nur eine Frage des Tempos ist.
Larry Clarks Film "Bully" kam nach Venedig mit dem Ruch des Skandals. Sex, Drogenkonsum, Vergewaltigung und Mord sollten bei Clark zu sehen sein. All das zeigt "Bully" auch, aber so, daß es den Zuschauer in den wenigsten Momenten etwas angeht. In einem Vorort in Florida verrinnt die beste Zeit des Lebens zwischen Bett, Auto, Fernseher und Schnellrestaurant in mittelständischer Öde. Ein Junge, Marty, will sich an seinem Freund Bobby für dessen jahrelange Quälereien rächen; Martys Freundin Lisa trommelt ein paar Bekannte zusammen, und gemeinsam bringen sie Bobby um.
"Bully" entstand nach einer authentischen Geschichte, und wenn das Abfotografieren von Gesichtern im Kino schon die ganze Wahrheit wäre, müßte man Clark einen Propheten nennen. Doch derselbe zudringliche Blick, mit dem der Regisseur seinen Darstellern zu Leibe rückt, entzieht sie uns auch. "Bully" ist insofern ein realistischer Film, als er ausschließlich das Bewußtsein seiner Protagonisten abbildet; weil sie aber keines haben, findet auch die Kamera zu keinem schlüssigen Bild. Die Welt, in der die Bluttat geschieht, ist eine Folie ohne Hintergrund, eine Fernsehserienkulisse, aus der es kein Entkommen gibt. Zwar rasen die Vorstadtkinder in ihrem silbergrauen Ford Mustang über die Ausfallstraßen von Fort Lauderdale, als wollten sie abheben, doch sie gelangen nie irgendwohin.
Ein Film, der aus ihrer wahren Geschichte eine wahrhaftige machen wollte, müßte diesen rasenden Stillstand brechen: durch eine Einstellung, eine Haltung, die über die Komplizenschaft mit den Figuren hinausgeht. Larry Clark aber tritt nur mit Marty, Lisa, Bobby und den anderen auf der Stelle. Deshalb kann sein Film uns nicht bewegen.
ANDREAS KILB
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Filme von Giuseppe Bertolucci, Alfonso Cuarón und Larry Clark auf der Biennale in Venedig
VENEDIG, 30. August
Am Eingang zum Casinò, dem Spiel- und Kongreßpalast, in dem die Filme der Retrospektive und der Nebenreihen gezeigt werden, steht eine automatische Drehtür. Jahrelang hat sie funktioniert. In diesem Jahr steht sie still. Ein Angestellter des Festivals putzt die Scheiben, doch der Motor ist außer Betrieb. Die ruhende Tür ist beileibe noch kein Symbol für den Gesamtzustand der Filmschau, aber es ist doch erstaunlich, was man wahrnimmt, wenn man mit einem gewissen Zweifel auf die Dinge am Lido blickt.
Seit seinen Anfängen ist das Kino in Bewegung. Türen, auch Drehtüren, spielen in vielen Filmen eine Rolle, aber noch wichtiger sind die Vehikel, mit denen man von einem Ort zum anderen gelangt. Die Verkehrsmittel, die ein Film benutzt, sagen schon einiges über das Ziel, das er erreichen will, über den Charakter und das Tempo seiner Geschichte. Eine Liebe im Schlafwagen ist nicht dasselbe wie eine Leidenschaft im Flugzeug.
Giuseppe Bertolucci, der Regisseur des Eröffnungsbeitrags der Reihe "Cinema del Presente", schickt seine Heldin mit der Eisenbahn los. Auf der Fahrt von Mailand nach Lugano lernt Sofia den Zugschaffner Pietro kennen, einen gemütlichen älteren Mann. Gemeinsam fahren sie über den Luganer See, dann gehen sie zu Fuß in die Berge, schließlich, nach einem Rückweg voller Mißverständnisse, trennen sie sich wieder. Das unverhoffte Glück ist kurz, wie alles in diesem Film, der "L'amore probabilmente" heißt, weil auch jede andere Bewegung in ihm nur probabilmente stattfindet, in einem Zwischenraum zwischen Wahrscheinlich und Vielleicht, dem die mediale Grübelei des Regisseurs enge Grenzen zieht. Bertolucci, der Bruder des bekannteren Bernardo, hat die Geschichte Sofias in einen Käfig aus Reflexionen und Kommentaren gesperrt, aus dem kein noch so gefühlvoller Augenblick entfliehen kann.
Drei Kapitel, "Die Lüge", "Die Wahrheit" und "Die Illusion" beschriftet, gliedern den Film. Zwischen den Episoden der Handlung, die durch Videoaufnahmen zusätzlich aufgerauht sind, sieht man Szenen einer Theaterlektion, einer Leseprobe im Tonstudio, einer Vorbesprechung im Garten des Regisseurs. Kein Augenblick steht für sich, kein Dialogsatz bleibt unbefragt. So erwächst aus dem Mißtrauen gegenüber den Bildern und dem Glauben an die eigenen künstlerischen Bedenken ein filmischer Hybrid, ein halbnarrativer Kinoessay, der vor lauter Gewichtigkeit kaum gehen kann.
In Alfonso Cuaróns Wettbewerbsbeitrag "Y tu Mama también" ("Und deine Mama auch") fahren zwei gelangweilte Jugendliche mit einer Frau in einem alten Kombi quer durch das mexikanische Hochland ans Meer. Der Wagen bewegt sich langsam, der Film auch. Während er von der allmählich wachsenden Vertrautheit zwischen Julio und Tenoch und der zehn Jahre älteren Luisa erzählt, hat Cuarón immer wieder Zeit, aus dem Autofenster Blicke auf die Wirklichkeit Mexikos zu werfen.
Man sieht ein Land, das vom Einfluß des Militärs noch nicht befreit ist, einen Staat im Zwielicht zwischen Korruption und Gerechtigkeit, eine Klassengesellschaft mit haarsträubenden Unterschieden zwischen Arm und Reich. Daß Cuarón seiner Geschichte immer wieder mal den Ton abdreht, um aus dem Off über die Vorgeschichte und das weitere Schicksal seiner Helden zu berichten, tut dem Charme dieses Films keinen Abbruch. "Y tu Mama también" wird in Deutschland wahrscheinlich nie in den Verleih kommen, aber es tut gut, ihn hier gesehen zu haben, weil er beweist, daß Beweglichkeit im Kino nicht nur eine Frage des Tempos ist.
Larry Clarks Film "Bully" kam nach Venedig mit dem Ruch des Skandals. Sex, Drogenkonsum, Vergewaltigung und Mord sollten bei Clark zu sehen sein. All das zeigt "Bully" auch, aber so, daß es den Zuschauer in den wenigsten Momenten etwas angeht. In einem Vorort in Florida verrinnt die beste Zeit des Lebens zwischen Bett, Auto, Fernseher und Schnellrestaurant in mittelständischer Öde. Ein Junge, Marty, will sich an seinem Freund Bobby für dessen jahrelange Quälereien rächen; Martys Freundin Lisa trommelt ein paar Bekannte zusammen, und gemeinsam bringen sie Bobby um.
"Bully" entstand nach einer authentischen Geschichte, und wenn das Abfotografieren von Gesichtern im Kino schon die ganze Wahrheit wäre, müßte man Clark einen Propheten nennen. Doch derselbe zudringliche Blick, mit dem der Regisseur seinen Darstellern zu Leibe rückt, entzieht sie uns auch. "Bully" ist insofern ein realistischer Film, als er ausschließlich das Bewußtsein seiner Protagonisten abbildet; weil sie aber keines haben, findet auch die Kamera zu keinem schlüssigen Bild. Die Welt, in der die Bluttat geschieht, ist eine Folie ohne Hintergrund, eine Fernsehserienkulisse, aus der es kein Entkommen gibt. Zwar rasen die Vorstadtkinder in ihrem silbergrauen Ford Mustang über die Ausfallstraßen von Fort Lauderdale, als wollten sie abheben, doch sie gelangen nie irgendwohin.
Ein Film, der aus ihrer wahren Geschichte eine wahrhaftige machen wollte, müßte diesen rasenden Stillstand brechen: durch eine Einstellung, eine Haltung, die über die Komplizenschaft mit den Figuren hinausgeht. Larry Clark aber tritt nur mit Marty, Lisa, Bobby und den anderen auf der Stelle. Deshalb kann sein Film uns nicht bewegen.
ANDREAS KILB
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main