Keatons Antwort auf "Intolerance" von Griffith. Drei Episoden in der Steinzeit, dem antiken Rom und der Gegenwart spielend, fordern vom Helden Taten ab, die seine Fähigkeiten zu übersteigen scheinen. Aber Buster wächst, wie immer improvisierend, mit den Aufgaben und erreicht sein Ziel,nämlich die Liebe des "Mädchens".
Es ist also nicht die Intoleranz, sondern die Liebe, die in allen Zeiten gleich ist. Sie ist auch immer die Liebe des schüchternen jungen Mannes aus mittelprächtigem Haus. Keaton macht seine Späße mit dem Historienfilm, indem er seine Gesetze demoliert. Baseball wurde in der Steinzeit erfunden, die Armbanduhr in der Antike. Die parallele Entwicklung aller drei Geschichten steuert auf den Schlußpunkt zu, an dem Buster seine Nebenbuhler aus allen drei Epochen nacheinander besiegt. Dabei feiert Keatons Komik, die so unsentimental wie möglich bleibt, die auf variierten Abfolgen von Gags und staunenswerten artistischen Fähigkeiten basiert, ihre Triumphe.
Es ist also nicht die Intoleranz, sondern die Liebe, die in allen Zeiten gleich ist. Sie ist auch immer die Liebe des schüchternen jungen Mannes aus mittelprächtigem Haus. Keaton macht seine Späße mit dem Historienfilm, indem er seine Gesetze demoliert. Baseball wurde in der Steinzeit erfunden, die Armbanduhr in der Antike. Die parallele Entwicklung aller drei Geschichten steuert auf den Schlußpunkt zu, an dem Buster seine Nebenbuhler aus allen drei Epochen nacheinander besiegt. Dabei feiert Keatons Komik, die so unsentimental wie möglich bleibt, die auf variierten Abfolgen von Gags und staunenswerten artistischen Fähigkeiten basiert, ihre Triumphe.
Bonusmaterial
- Keatons Inspirationsquellen, sowie Werke, die diesen frühen Film zitieren (Insgesamt 90 Min.)Frankfurter Allgemeine ZeitungPoesie in Bewegung
Eine vorbildliche Box mit vier Buster-Keaton-Filmen
Buster Keaton Collection.
Pierrot le Fou. 5 DVDs: "The Three Ages", "College", "Steamboat Bill jr." und "The General". Über sechs Stunden Extras.
"Seit meiner Kindheit", so schrieb Louise Brooks, "bin ich davon überzeugt, dass Buster Keaton das ansprechendste Männergesicht hat, das ich je gesehen habe, und doch hatte ich erst 1962 Gelegenheit, ihm dies auch zu sagen." Dies ist eine der Begegnungen, bei der man gerne stiller Beobachter gewesen wäre: wie sich Louise Brooks, das ansprechendste Frauengesicht des Stummfilms, und Buster Keaton über dreißig Jahre nach dem Höhepunkt ihres Ruhms in einem Hotelzimmer im Sheraton von Rochester gegenübersitzen, wo er einen Werbefilm für Kodak drehte und sie ihm von einer Szene aus "The General" erzählt, in der er sich unter einem Tisch versteckt: "Unter dieser tragischen Beleuchtung waren Sie damals so furchterregend schön, Ihrer Rolle als Komiker so fremd, dass ich an Ihrer Stelle die Szene geschnitten, sie aus dem Film genommen hätte." Und dann kommt in ihrer Beschreibung seiner Reaktion der schönste Moment: "Einen Augenblick durchlief ein beängstigendes Erschauern seine Züge, wie einer jener Schneestürme in der Glaskugel. Dann schüttelte er alles ab, stapfte mit seinem Kinderschritt in die Kochnische und schenkte sich ein frisches Bier ein."
Eine anrührendere Beschreibung dessen, was Keaton von anderen Komikern unterscheidet, gibt es wohl kaum: Sein Modigliani-Gesicht besaß eine glühende Schönheit, die jede seiner Aktionen in Poesie verwandelte, und schien dabei im Gegensatz zu Chaplin völlig uneitel. Das liegt auch daran, dass Keaton für seine Gags buchstäblich Kopf und Kragen riskierte und sein Körpereinsatz ihm gar keinen Raum mehr ließ, nach der Kamera zu schielen. In einer bei "Pierrot le Fou" erschienenen Box sind vier seiner Filme versammelt - "The Three Ages", "College", "Steamboat Bill, jr." und "The General" -, die allein schon ein großes Glück bedeuten, vor allem aber mit so zahlreichen Extras versehen sind, dass man aus dem Staunen nicht mehr rauskommt. Und das liegt nicht an den schieren Menge, sondern an der Sorgfalt, mit der sie den einzelnen Filmen zugeordnet sind.
Die berühmte Szene aus "Steamboat Bill" etwa, in der Keaton vor einem Haus steht, dessen Fassade so passgenau auf ihn stürzt, dass er nur durch ein einzelnes Fenster, dass ihn ausspart, unversehrt bleibt, wird nicht nur in einer Bildanalyse von David Robinson erläutert, sondern auch noch durch zwei frühere Kurzfilme ergänzt, in denen dieses Motiv auch schon auftaucht. Und es ist fast so, als würde die Tücke des Objekts in diesem Moment vor seiner Grazie kapitulieren, ihm eine Unverwundbarkeit gewähren, mit der seine Furchtlosigkeit belohnt wird.
Das war im wirklichen Leben nicht immer so. In einer Bildanalyse von "Three Ages" sieht man Keaton beim Sprung von einem Dachsims zum anderen abstürzen und erfährt, wie der verunglückte Stunt den weiteren Verlauf der Erzählung beeinflusste. Wo DVD-Extras sonst oft nur Anhäufung von überflüssigem Material sind, wird hier auf stets einleuchtende Art der Blick gelenkt: Sei es, dass durch Dokumentaraufnahmen von der Mississippi-Überschwemmung von 1927 gezeigt wird, aus welchem Bilderreservoir Keaton für "Steamboat Bill" schöpfte, sei es durch Bemerkungen des Filmhistorikers Robinson, dass Keaton für "The General" nach Oregon ging, weil er nur dort die Schmalspurgleise fand, die zu Bürgerkriegszeiten im Eisenbahnwesen Verwendung fanden. Und man sieht jenen Kodak-Werbefilm, den Keaton 1962 in Rochester drehte, als Louise Brooks' Bemerkung seine Züge erschauern ließ.
MICHAEL ALTHEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Eine vorbildliche Box mit vier Buster-Keaton-Filmen
Buster Keaton Collection.
Pierrot le Fou. 5 DVDs: "The Three Ages", "College", "Steamboat Bill jr." und "The General". Über sechs Stunden Extras.
"Seit meiner Kindheit", so schrieb Louise Brooks, "bin ich davon überzeugt, dass Buster Keaton das ansprechendste Männergesicht hat, das ich je gesehen habe, und doch hatte ich erst 1962 Gelegenheit, ihm dies auch zu sagen." Dies ist eine der Begegnungen, bei der man gerne stiller Beobachter gewesen wäre: wie sich Louise Brooks, das ansprechendste Frauengesicht des Stummfilms, und Buster Keaton über dreißig Jahre nach dem Höhepunkt ihres Ruhms in einem Hotelzimmer im Sheraton von Rochester gegenübersitzen, wo er einen Werbefilm für Kodak drehte und sie ihm von einer Szene aus "The General" erzählt, in der er sich unter einem Tisch versteckt: "Unter dieser tragischen Beleuchtung waren Sie damals so furchterregend schön, Ihrer Rolle als Komiker so fremd, dass ich an Ihrer Stelle die Szene geschnitten, sie aus dem Film genommen hätte." Und dann kommt in ihrer Beschreibung seiner Reaktion der schönste Moment: "Einen Augenblick durchlief ein beängstigendes Erschauern seine Züge, wie einer jener Schneestürme in der Glaskugel. Dann schüttelte er alles ab, stapfte mit seinem Kinderschritt in die Kochnische und schenkte sich ein frisches Bier ein."
Eine anrührendere Beschreibung dessen, was Keaton von anderen Komikern unterscheidet, gibt es wohl kaum: Sein Modigliani-Gesicht besaß eine glühende Schönheit, die jede seiner Aktionen in Poesie verwandelte, und schien dabei im Gegensatz zu Chaplin völlig uneitel. Das liegt auch daran, dass Keaton für seine Gags buchstäblich Kopf und Kragen riskierte und sein Körpereinsatz ihm gar keinen Raum mehr ließ, nach der Kamera zu schielen. In einer bei "Pierrot le Fou" erschienenen Box sind vier seiner Filme versammelt - "The Three Ages", "College", "Steamboat Bill, jr." und "The General" -, die allein schon ein großes Glück bedeuten, vor allem aber mit so zahlreichen Extras versehen sind, dass man aus dem Staunen nicht mehr rauskommt. Und das liegt nicht an den schieren Menge, sondern an der Sorgfalt, mit der sie den einzelnen Filmen zugeordnet sind.
Die berühmte Szene aus "Steamboat Bill" etwa, in der Keaton vor einem Haus steht, dessen Fassade so passgenau auf ihn stürzt, dass er nur durch ein einzelnes Fenster, dass ihn ausspart, unversehrt bleibt, wird nicht nur in einer Bildanalyse von David Robinson erläutert, sondern auch noch durch zwei frühere Kurzfilme ergänzt, in denen dieses Motiv auch schon auftaucht. Und es ist fast so, als würde die Tücke des Objekts in diesem Moment vor seiner Grazie kapitulieren, ihm eine Unverwundbarkeit gewähren, mit der seine Furchtlosigkeit belohnt wird.
Das war im wirklichen Leben nicht immer so. In einer Bildanalyse von "Three Ages" sieht man Keaton beim Sprung von einem Dachsims zum anderen abstürzen und erfährt, wie der verunglückte Stunt den weiteren Verlauf der Erzählung beeinflusste. Wo DVD-Extras sonst oft nur Anhäufung von überflüssigem Material sind, wird hier auf stets einleuchtende Art der Blick gelenkt: Sei es, dass durch Dokumentaraufnahmen von der Mississippi-Überschwemmung von 1927 gezeigt wird, aus welchem Bilderreservoir Keaton für "Steamboat Bill" schöpfte, sei es durch Bemerkungen des Filmhistorikers Robinson, dass Keaton für "The General" nach Oregon ging, weil er nur dort die Schmalspurgleise fand, die zu Bürgerkriegszeiten im Eisenbahnwesen Verwendung fanden. Und man sieht jenen Kodak-Werbefilm, den Keaton 1962 in Rochester drehte, als Louise Brooks' Bemerkung seine Züge erschauern ließ.
MICHAEL ALTHEN
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