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Joy (Elisabeth Banks), die das Bild einer klassischen US-amerikanischen Hausfrau der 1960er Jahre abgibt, wünscht sich sehnsüchtig ein zweites Kind. Die freudige Nachricht über ihre Schwangerschaft geht jedoch einher mit einer für ihre Gesundheit lebensbedrohlichen Situation. Sie kann sich nirgendwohin wenden, bis sie zufällig auf das Untergrund-Netzwerk "The Janes" stößt. Diese Gruppe aus mutigen Frauen, angeführt von Virginia (Sigourney Weaver), riskiert alles, um Menschen wie Joy die Wahl beim Thema Schwangerschaft zu lassen. Sie retten Joys Leben und helfen ihr dabei, sich ein neues Ziel…mehr

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Produktbeschreibung
Joy (Elisabeth Banks), die das Bild einer klassischen US-amerikanischen Hausfrau der 1960er Jahre abgibt, wünscht sich sehnsüchtig ein zweites Kind. Die freudige Nachricht über ihre Schwangerschaft geht jedoch einher mit einer für ihre Gesundheit lebensbedrohlichen Situation. Sie kann sich nirgendwohin wenden, bis sie zufällig auf das Untergrund-Netzwerk "The Janes" stößt.
Diese Gruppe aus mutigen Frauen, angeführt von Virginia (Sigourney Weaver), riskiert alles, um Menschen wie Joy die Wahl beim Thema Schwangerschaft zu lassen. Sie retten Joys Leben und helfen ihr dabei, sich ein neues Ziel im Leben zu setzen: sich intensiv für die Rechte der Frauen zu engagieren, um das eigene Schicksal in die Hand zu nehmen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.12.2022

Zur Kritik der Unheilskraft
Der Film "Call Jane" von Phyllis Nagi interveniert in Amerikas Abtreibungsstreit

Um den für in irgendeinem Sinn gesellschaftskritisches, aber weltanschaulich unbelastetes Unterhaltungskino wesentlichen Gedanken, eine zentrale Figur der Handlung sei "unpolitisch", in Bilder zu verwandeln, nehmen sich manche Regisseure nur wenig Zeit. Phyllis Nagy aber nutzt in "Call Jane" die komplette Eröffnungsszene, um genau das zu vermitteln: Gleich zu Beginn sieht man Elizabeth Banks in der Rolle der jungen Ehefrau Joy die Treppe eines hellerleuchteten Foyers hinabschreiten, das üppige Licht lässt ihr perfekt hochgestecktes blondes Haar glänzen, ein nachtblaues Kleid umfließt ihren Körper. Ihrem Mann, der hier mit Anwaltskollegen seine Beförderung feiert, winkt sie nur kurz zu, bevor sie weiter durch die Eingangshalle wandert. In die Cha-Cha-Klänge aus dem Ballsaal mischen sich Misstöne, als sie vor die Tür tritt. Draußen sperren Polizisten die Straße ab, einer fordert sie auf, wieder hineinzugehen, und schimpft auf die jungen Leute, die hier gegen die Politik der Regierung demonstrieren. Es ist das Jahr 1968 in Chicago, und Joy wird nur kurz zusammenzucken, als ein Demonstrant gegen das Milchglas der Eingangstür gedrückt wird. Die Prügel der Polizei hört sie nicht mehr, nur Musik.

Diese klare Trennung, außen Politik, innen heile Welt, soll sich für Joy im Folgenden immer mehr auflösen. Sie, die sich in ihrem kleinen Leben als Hausfrau zwischen Küche und nachmittäglichen Margaritas mit der Nachbarin, eingerichtet hat, muss feststellen, dass das alles keineswegs sicher ist. Joy ist schwanger, doch das Kind zu bekommen gefährdet ihre Gesundheit. Wolle sie überleben, so müsse die Schwangerschaft beendet werden, sagt ihr Arzt. Und so findet sie sich an der Seite ihres Mannes vor der zuständigen Kommission des Krankenhauses wieder, einer Gruppe älterer Herren, die nun darüber befinden sollen, ob eine Abtreibung vorgenommen werden darf. Innerhalb von wenigen Minuten wird ein Urteil über Joys Leben gefällt, die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind eine Geburt überleben würde, genügt, um die Abtreibung abzulehnen. Joys Einwand: "Und was ist mit dem Leben der Mutter?" ignorieren die Herren.

Es sind solche zugespitzten Szenen, an denen sich Nagis' Regievorstellung zeigt. Viele Szenen, die sich in Film und Fernsehen derzeit mit dem neuerlich verschärften Abtreibungsrecht in den Vereinigten Staaten auseinandersetzen, gehen den Horror der Fremdbestimmung über den eigenen Körpers dabei erheblich plumper an als diese Regisseurin. Nagis kommt vom Theater, hat in Großbritannien und Amerika Stücke von Nathaniel Hawthorne und Patricia Highsmith auf die Bühne gebracht. "Call Jane" ist der zweite Spielfilm, bei dem sie Regie führt. Der Theatererfahrung ist es wohl zu verdanken, dass sie Gedanken zu eindrücklichen Bildern verdichten kann, ohne die Dialogführung zu missachten. Das gleicht einige Schwachstellen dieser auf wahren Ereignissen beruhenden Geschichte aus, denn neben ihrer Kernerzählung interessieren sie nicht alle Figuren. Sie bleibt lieber nah bei Joy. Wie Frauen seit Jahrhunderten Mittel und Wege zum Beenden einer Schwangerschaft gefunden haben, sucht auch sie danach. Nagis zeigt das in einer kurzen Szenenfolge: Joy beim Psychiater, um von ihm ein Attest für den Eingriff zu erhalten (hier gibt ihr lediglich die Sprechstundenhilfe den Ratschlag, sich die Treppe hinabzustürzen, da dies bei ihr geholfen habe). Joy in einem schäbigen Apartment, in dem ein zwielichtiger Doktor verängstigte Frauen in sein Zimmer winkt (durch schummerige Beleuchtung und spitze Töne verstärkt sich die Angst vor der Abtreibung zur Albtraumsequenz). Nachdem Joy davor ins Freie geflohen ist, sieht sie an einer Bushaltestelle einen Zettel, der ihr empfiehlt, bei ungewollter Schwangerschaft "Jane" anzurufen.

Hinter dem Namen verbirgt sich ein Netzwerk von Frauen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, für sichere Abtreibungen und eine humane Behandlung der Frauen in Not zu sorgen. Die treibende Kraft dahinter ist die Aktivistin Virginia. Sigourney Weaver spielt diese Figur, die lose an die amerikanische Bürgerrechtlerin und Feministin Heather Booth angelehnt ist, mit rauer Herzlichkeit. Ihre Virginia trinkt den jungen Abtreibungsarzt skrupellos mit Wodka unter den Tisch, um ihm die Zusage auf kostenfreie Eingriffe abzuhandeln, und kümmert sich mit schwesterlicher Fürsorge um die jungen Frauen, die den traumatischen Eingriff hinter sich haben. Wenn Weaver mit ihrer Energie die Leinwand füllt, verändert das auch das Spiel der anderen Darsteller; auch Banks wirkt wacher, dreht ihre Hausfrau Joy noch ein wenig mehr ins Verklemmte, um den Kontrast gegenüber Virginia zu verschärfen, und gibt ihrer Figur damit die Motivation, sich später glaubwürdig zu einer selbstbewussteren Frau zu wandeln, die plötzlich politisch aktiv wird und sich bei den "Janes" engagiert. Solche Charakterveränderungen liegen der Regisseurin freilich nicht, ihre Ideen sind handlungsgetrieben, die Figurenausarbeitung, den Feinschliff der Gemütswandlungen überlässt sie Weaver und Banks.

Dennoch gelingt es der Regie im Zusammenspiel mit den beiden Hauptdarstellerinnen, den Filmen, die sich mit Abtreibung beschäftigen und denen Gesetzesänderungen von Polen bis in die USA neue Aktualität verschaffen, eine neue Facette hinzuzufügen. "Call Jane" unterscheidet sich vor allem deutlich vom französischen Film "Das Ereignis", einer Verfilmung des gleichnamigen Annie-Ernaux-Buches, die im vergangenen Jahr in Venedig den Goldenen Löwen gewann: Die Farbgebung in "Call Jane" ist wärmer, der Ton einfühlsamer, die Botschaft positiver. Wo "Das Ereignis" von der Verzweiflung einer jungen Frau erzählt und die Handlung in einer düsteren Abwärtsspirale bis zu einer quälend langen Abtreibungsszene hin entfaltet, bricht "Call Jane" die Szene des Eingriffs an Joy ab. Der Blick verlagert sich auf Frauen, die in einer Gemeinschaft aktiv werden, die politische Situation nicht hinnehmen und einander helfen. Nagis plädiert für Hoffnung und Aktivismus, selbst in aussichtslosen Zeiten. MARIA WIESNER

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