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Der wohlhabende Armando holt sich für Geld junge Männer in seine Wohnung, die er betrachtet, aber nie berührt. Einer von ihnen ist der Straßenjunge Elder, der ihn beim ersten Treffen nieder-schlägt und ausraubt. Trotzdem sucht Armando weiterhin die Nähe des gutaussehenden Jungen. Dieser lässt sich zunächst nur des Geldes wegen auf ihn ein, doch nach und nach entwickelt sich eine unerwartete Intimität zwischen den beiden. Während Elder sich zunehmend öffnet, bewahrt Armando einen Rest Distanz. Um ihm nahe zu sein, ist Elder bereit, alles zu tun.

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Produktbeschreibung
Der wohlhabende Armando holt sich für Geld junge Männer in seine Wohnung, die er betrachtet, aber nie berührt. Einer von ihnen ist der Straßenjunge Elder, der ihn beim ersten Treffen nieder-schlägt und ausraubt. Trotzdem sucht Armando weiterhin die Nähe des gutaussehenden Jungen. Dieser lässt sich zunächst nur des Geldes wegen auf ihn ein, doch nach und nach entwickelt sich eine unerwartete Intimität zwischen den beiden. Während Elder sich zunehmend öffnet, bewahrt Armando einen Rest Distanz. Um ihm nahe zu sein, ist Elder bereit, alles zu tun.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.07.2016

Die versiegelten Gefühle des Zahntechnikers
Meisterklasse in Minimalismus: "Caracas, eine Liebe", der Siegerfilm beim Festival in Venedig 2015

Mit den jungen Männern macht Armando das so: Er sucht sich an einer Haltestelle einen aus, im Bus setzt er sich neben ihn, nach einer Weile holt er ein paar Scheine aus der Tasche und macht diskret sein Angebot. Häufig steigt sein Erwählter dann mit ihm aus, folgt ihm wortlos zu seiner Wohnung, und was sich dort dann zwischen ihnen ereignet, bleibt ein Geschehen auf Distanz. Armando ist ein homosexueller Mann, der sich mit seinem Begehren fast vollständig auf sich selbst zurückgezogen hat. Er mag die anonymen Begegnungen, aber will niemand an sich heranlassen. Eine halb gesenkte Hose, ein entblößter Hintern, das reicht ihm schon als Stimulans.

Mit seinem skeptischen Blick, seiner unauffälligen Erscheinung, seiner stillen Existenz ist der fünfzig Jahre alte Zahntechniker Armando Marcano eine unwahrscheinliche Hauptfigur für einen Film. Es sei denn, er wird von einem Schauspieler wie Alfredo Castro gespielt, der in "Caracas, eine Liebe" von Lorenzo Vigas eine Meisterklasse in Minimalismus gibt. Schon bald wird deutlich, es wird hier vor allem um eines gehen: Lebt dieser Armando ein Leben, das dramatisch in Trümmer fallen wird, oder setzt sich diese Ordnung gegen jede Erschütterung durch?

Die Erschütterungen beginnen, als Armando einen jungen Mann kennenlernt, von dem er nicht nach einer Begegnung wieder ablässt. Elder ist einer dieser ungebärdigen Halbstarken von der Straße, die in jemandem wie Armando nur die Gelegenheiten sehen, die er ihnen gibt, ihn abzuzocken. Sex als unterkühltes Ritual ist hier nicht drin, dazu ist Elder zu wild, er will schnell zur Sache kommen, und die Sache, das ist für ihn der Tresor in Armandos Wohnung. Elder kriegt gerade so viel von seinem Freier mit, dass er sich nicht einfach wieder endgültig aus dem Staub macht. Es beginnt eine Geschichte, die auf Anziehung und Zurückweisung beruht, wobei offenbleibt, wie weit Armando in dieser Zähmung eines Widerspenstigen das Heft in der Hand behält.

Lorenzo Vigas hat sich bei dem Drehbuch für seinem Debütfilm von einem der bedeutendsten lateinamerikanischen Filmautoren inspirieren lassen: Die Story stammt von Guillermo Arriaga, der vor allem durch seine Zusammenarbeit mit Alejandro González Iñárritu bekannt wurde. "Amores Perros" war ein Schlüsselfilm für das internationale Arthouse-Kino in seiner Verbindung von Sozialrealismus mit postmodern fragmentierten Erzählstrategien. "Caracas, eine Liebe" ist weniger extravagant in seiner Form, aber auch hier ist deutlich ein Interesse erkennbar, eine Gesellschaft zu durchqueren: Das bürgerliche Venezuela trifft auf das arme, das kultivierte auf das volkstümliche.

In Venedig gab es für "Desde Alla", wie der Originaltitel lautet, im Vorjahr den Goldenen Löwen. Das ist eine nachvollziehbare Entscheidung vor allem, wenn man einen bestimmten Typus von Festivalfilm zugrunde legt, den Lorenzo Vigas fast schon mustergültig, aber auch ein wenig zu kalkuliert, realisiert hat: Klassen- und Geschlechterverhältnisse aus einer Welt, die für das Kino noch fast Neuland ist. Venezuela ist in den Chavez-Jahren jedenfalls nicht durch eine starke Filmproduktion aufgefallen.

Das graue Leben, das Armando führt, beruht auf einem Geheimnis, das sich nur in Andeutungen erschließt. Sein Vater, ein mächtiger Mann, dessen Welt die Glastürme im Zentrum von Caracas sind, war lange abwesend, nun ist er wieder da, und wird von seinem Sohn aus dem Hinterhalt beobachtet. "Ich wünschte, er wäre tot", sagt er an einer Stelle zu Elder, und spekuliert dabei möglicherweise darauf, dass dieser den Satz wörtlich nehmen könnte.

Die Kälte von Armando ist Symptom einer Verletzung, von der sich nun erweisen muss, ob er sie weitergeben wird, oder ob er sich von einer unerwarteten Begegnung verändern lässt. Lorenzo Vigas deutet mit einigen Szenen an, wie sehr die lokale Kultur es erschwert, dieser explosiven Männerbeziehung einen Raum zu geben. Elder wird sofort als "Schwuchtel" verunglimpft, als er sich einmal mit Armando in der Öffentlichkeit zeigt. Die immer halb abgedunkelten Räume von Armandos Wohnung sind aber auf Dauer kein Ort für eine Leidenschaft, von der sich erweisen müsste, ob sie eine lebbare Form nicht nur im Verborgenen finden könnte. Doch Vigas lässt sich selbst von dem Mysterium verführen, mit dem er seine Hauptfigur umgibt. Die Reglosigkeit im Gesicht von Armando wird so zum Spiegel der ästhetischen Strategien in einem Film, der sich stärker auf die Versiegelung eines Eindrucks konzentriert als auf mögliche Öffnungen in einer Gesellschaft, in der das Gesetz väterlicher Gewalt ungebrochen herrscht.

BERT REBHANDL

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