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Bildformat: 16:9 Widescreen 1:1.85 Sprachen / Tonformate: Deutsch, Englisch (Mono) Ländercode: 2 Extras: Starinfos, Trailer
Bonusmaterial
SW-Film/Deutsche UT nicht ausblendbar/Pressekonferenz mit Woody Allen und Kenneth Branagh. DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Trailer von anderen Filmen - Biographien Crew - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - Interviews

Produktbeschreibung
Bildformat: 16:9 Widescreen 1:1.85 Sprachen / Tonformate: Deutsch, Englisch (Mono) Ländercode: 2 Extras: Starinfos, Trailer

Bonusmaterial

SW-Film/Deutsche UT nicht ausblendbar/Pressekonferenz mit Woody Allen und Kenneth Branagh. DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Trailer von anderen Filmen - Biographien Crew - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - Interviews
Autorenporträt
Woody Allen, geboren 1935 als Allen Stewart Konigsberg in New York, lebt in Manhattan; ist Autor, Regisseur, Schauspieler, Musiker, Intellektueller und gefeierter Film-Komiker unserer Zeit; Hollywood verlieh ihm 4 Oscars.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.09.1998

Mut zur Aussichtslosigkeit
Woody Allens "Celebrity": Hilferuf aus der Welt des Ruhms

VENEDIG, 10. September

Von Andy Warhol gibt es den oft zitierten Satz, jedermann werde in Zukunft ein paar Minuten lang weltberühmt sein. Aber das stimme nicht, sagt jemand, der es wissen muß, in Woody Allens neuem Film "Celebrity", denn die meisten Menschen würden ganz einfach nie berühmt sein. Andy Warhols großes Glücksversprechen, sein Traum von der seligmachenden Konsumdemokratie ist Vergangenheit geworden, eine unter vielen Achtundsechziger-Utopien, an die niemand mehr glaubt. Die Menschen, die Allens neuen Film bevölkern, sind alle mehr oder weniger berühmt, sei es durch Fensehen, Film oder Werbung, sei es als Schriftsteller, Priester oder Spekulanten - oder sei es nur als Ehefrau des Schriftstellers oder als eine von vielen Freundinnen eines Schauspielers. In der Welt der New Yorker Berühmtheiten sind alle nur noch Groupies, jeder klammert sich an jeden, um ja nur nicht aus der Gruppe herauszufallen.

Einer, ein Journalist, hat es gerade geschaft, durch ein Interview Zugang zu finden zur großen Clique der Berühmten. Die Frauen reichen ihn herum, und selbst eine "treue" Ehefrau ist dank rabulistischer Sexualmoral à la Clinton einem Abenteuer nicht abgeneigt: "Mein Körper gehört meinem Mann, aber was ich jetzt mit deinem Körper mache, hat damit nichts zu tun." Derlei bekommt, wie man sich denken kann, der Ehe des Journalisten nicht gut. Nach der Scheidung passiert aber schließlich das Gegenteil dessen, was beide erwartet hatten: Die Frau kommt zum Fensehen und macht Karriere, während sein Versuch, ein berühmter Schriftsteller zu werden, kläglich scheitert. Sein Romanmanuskript, über dessen Filmrechte er schon verhandelt hatte, wird von einer sitzengelassenen Geliebten aus Rache vernichtet, und eine junge Muse, auf die sich all seine Hoffnungen richteten, hat mit ihm gar nichts Ernsthaftes im Sinn. Am Schluß sitzt unser Journalist nach seiner Odyssee durch Celebrity Country wieder als Zaungast am Rande des Geschehens und kann froh sein, wenn ihm ein Interview gewährt wird.

Woody Allen hat nur wenige Filme gedreht, die eine derart geschlossene Welt vorführen. Obwohl in "Celebrity" ununterbrochenes Figurengewimmel herrscht, sieht man kaum je so normale Menschen wie Taxifahrer, Sekretärinnen oder Kellner. Jeder, der auf der Leinwand erscheint, gehört zur Welt der Berühmtheiten, die anderen Menschen, die nicht dazugehören, sind sozusagen gar nicht vorhanden. Einmal gehen ein paar Möbelpacker durch die Szene, das sind schon die einzigen Nichtberühmtheiten, an die man sich erinnern kann. Es herrscht eine eigenartige Atmosphäre, hektisch und hermetisch zugleich, wir sind mit einem überhitzten, völlig sich selbst genügenden Wahnsystem konfrontiert. Obwohl die Menschen hier als Autoren, Werbeleute oder Filmschauspieler doch auf ihr Publikum angewiesen sind, ist davon niemals die Rede. Die normale Welt da draußen existiert nicht einmal mehr als Einschaltquote.

Das Anfangsbild des Films ist überwältigend: Am Himmel über New York erscheint in riesiger Nebelschrift das Wort "HELP". Der Hilfeschrei am Himmel stellt sich freilich als Teil eines albernen Werbefilms heraus, und "Celebrity" läßt uns mit seiner karikaturistischen Hektik den Ernst des Lebens schnell vergessen. Am Schluß jedoch erscheint "HELP" noch einmal am Himmel, das Wort bedeutet, ganz altmodisch wie das geliebte Schwarweiß, in dem Woody Allen wieder einmal gedreht hat, die "Botschaft" seines Films. Wie eine Welt jenseits des Celebrity-Wahnsinns aussehen könnte, zeigt Woody Allen nicht, auch sein zur Randfigur degradierter Journalist taugt nicht zum positiven Vorbild. Woody Allen weiß selber keine Antwort, er schildert die Besatzung auf dem großen Narrenschiff New York, das ist alles. Und das ist für eine Satire auch genug. Das Gegenbild muß der Zuschauer produzieren. Daß Allen sich mit wohlfeiler Moral zurückhält, macht ihn als Künstler nur um so seriöser.

Vor fast zwanzig Jahren hat Woody Allen "Manhattan" gedreht, und "Celebrity" wirkt in mancher Hinsicht, als hätte er den Film mit geänderter Lebenserfahrung nun noch einmal drehen wollen, selbst die Musik ist ähnlich. Aber sie ist weniger schwelgerisch, und auch die Liebesbeziehungen sind nun, vergleicht man sie mit "Manhattan", kurz und knapp wie Stenogramme. Allen ist weniger romantisch als einst, dafür ist er nun sarkastischer und hat den Mut zur Aussichtslosigkeit. Woodys Welt der Celebrity funktioniert wie eine große, ratternde, rätselhafterweise funktionierende Gesellschaftsmaschine à la Niklas Luhmann. Daß ihr Mechanismus etwas Komisches hat, schildert Allen mit Sarkasmus, aber die Sache ist ihm doch auch unheimlich, und der Hilferuf am Himmel ist bitterernst gemeint.

Woody Allens Film ist auf dem Filmfestival in Venedig, wo er außer Konkurrenz gezeigt wird, mit Spannung erwartet worden und hat manchen Kritiker wohl ein wenig enttäuscht. Denn Venedig ist in diesem Jahr ein konservatives Festival, wo es Experimente, wenn überhaupt, dann nur auf erschreckend niedrigem Niveau zu sehen gibt und ansonsten die konventionellen Erzählweisen dominieren. Die künstlerischen Höhepunkte - "Tu ridi" von den Brüdern Taviani, "Conte d'automne" von Rohmer - faszinieren durch altmeisterliche Qualitäten. Und auch Woody Allen paßt in diese Reihe. "Deconstructing Harry", der im vorigen Jahr in Venedig gezeigt wurde, war ein vergleichsweise "junger" Film gewesen. "Celebrity" hingegen ist klassisch, fast ein Alterswerk - aber eben das Werk eines großen Erzählers.

Die Anlehnung an "Manhattan" ist deshalb überhaupt kein Argument gegen "Celebrity". Woody Allen kommt niemals ans Ende mit dem Erzählen seiner Welt. Er besitzt jene magische Fähigkeit, die auch die Taviani-Brüder und Rohmer besitzen: die epische Endlosigkeit, das Nicht-aufhören-Können, das ununterbrochene Beschwören einer Welt durch Erzählen. Man kann diesen Filmen stundenlang zuschauen, und man hätte nichts dagegen, wenn sie noch stundenlang so weitergingen.

Übrigens spielt Woody Allen diesmal ausnahmsweise nicht in seinem Film. Die Hauptrolle hat er dem physisch viel robusteren Briten Kenneth Branagh überlassen, der freilich so zappelig spielt und abgehackt spricht, wie wir es von Woody Allen kennen. So ist Woody Allen in "Celebrity" abwesend und anwesend zugleich - als wollte er sich selbst entfliehen und schaffte es nicht. Insofern erscheint der Hilferuf "HELP" eben doch nicht nur am Anfang und am Ende, sondern bleibt allgegenwärtig in jeder Sekunde dieses Films. WILFRIED WIEGAND

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