+++Eine Sternstunde des Fernsehens+++
Ein Campus im Herzen Berlins, nahe den politischen Machtzentren: Die Charité – das einflussreichste deutsche Krankenhaus. Einst Weltzentrum der Medizin. Ein Ort der täglichen Duelle um Leben und Tod, aber auch um Einfluss und Macht. Der Glanz der
Spitzenleistungen der Mediziner spiegelt auf die jeweils Herrschenden zurück, demonstriert ihr Potenzial. Im…mehr+++Eine Sternstunde des Fernsehens+++
Ein Campus im Herzen Berlins, nahe den politischen Machtzentren: Die Charité – das einflussreichste deutsche Krankenhaus. Einst Weltzentrum der Medizin. Ein Ort der täglichen Duelle um Leben und Tod, aber auch um Einfluss und Macht. Der Glanz der Spitzenleistungen der Mediziner spiegelt auf die jeweils Herrschenden zurück, demonstriert ihr Potenzial. Im Gegenzug vergeben sie Privilegien und Ämter. Erfolgreiche Ärzte können zu Stars werden. Der Mythos der "Halbgötter in Weiß" ist untrennbar verbunden mit dem der Charité.
Auf dem Areal nahe der Spree, in dichter Nachbarschaft zum Schloss, zum Reichstag, zur Reichskanzlei und zum Führerbunker, aber auch zum Staatsrat der DDR und nun zum Kanzleramt, verlief die Entwicklung in mehr als 300 Jahren nie geradlinig, sondern auf Umwegen und mit Wendungen. Die Charité ist Schaffensort so genialer Ärzte und Wissenschaftler wie Rudolf Virchow, Robert Koch oder Emil von Behring; ist weltberühmter Ort der Sternstunden der Medizin des 19. Jahrhunderts, aber auch ein Ort tödlicher Irrtümer und sogar Schuld und Verstrickung.
Eine Menge daon erzählt die gleichnamige ARD-Serie in sechs Folgen, die inzwischen auch auf DVD vorliegt. Für uns heute unfassbar, wie primitiv beispielsweise die hygienischen aber auch sonstigen Verhältnisse um das Jahr 1888, als die Serie einsetzt, noch waren. So gibt es beispielsweise keine Elektrizität, es grassiert die Tuberkulose, die gnadenlos Menschen hinwegrafft, und in Hamburg wütet die Cholera. Gesundheit ist auch und in erster Linie eine Frage des Standes und damit des Geldbeutels. Und dass Frauen wie die Hauptfigur Ida sogar Medizin studieren wollen, geziemt sich schon gar nicht. Ihr Schicksal scheint vorgezeichnet: dem Herrn Gemahl möglichst viele Kinder schenken und ihm ansonsten den Rücken freizuhalten im Haushalt und auch sonst. Berufliche Ambitionen sind da völlig Fehl am Platze. Hilfsschwester Ida will sich jedoch nicht damit abfinden und begehrt offen dagegen auf...
Neben der Detailtreue beeindrucken vor allem die historischen Schauplätze (gedreht wurde unter anderem in Prag) und natürlich die Schauspieler, von denen wir keinen besonders hervorheben wollen, denn eigentlich alle Figuren sind überzeugend getroffen. Spannend, unterhaltsam und dabei auch lehrreich - so kann Fernsehen heute sein, wie diese Serie beweist. Großes Kompliment für das Meisterstück, das Regisseur Sönke Wortmann hier abgeliefert hat. Und gerne mehr davon.
Die gute Nachricht: Eine zweite Staffel soll bereits in Arbeit sein. Darin geht es dann vor allem um die Verstrickungen der Charité in der Zeit des Nationalsozialismus.